Wilhelm von Humboldt Zitate
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Das Studium der Sprachen des Erdbodens ist also die Weltgeschichte der Gedanken und Empfindungen der Menschheit. Sie schildert den Menschen unter allen Zonen, und in allen Stufen seiner Kultur; in ihr darf nichts fehlen, weil alles, was den Menschen betrifft, den Menschen gleich nahe angeht.
Ein Volk, das keine Vergangenheit haben will, verdient auch keine Zukunft.
Ich halte die Selbsterkenntnis für schwierig und selten, die Selbsttäuschung dagegen für sehr leicht und gewöhnlich.
Zu den kraftvollsten, reinsten und schönsten Stimmen, die aus grauem Altertum zu uns herübergekommen sind, gehören die Bücher des Alten Testaments, und man kann es nie genug unserer Sprache verdanken, daß sie, auch in der Übersetzung, so wenig an Wahrheit und Stärke eingebüßt haben.
In schweren Zeiten muß man seine Kräfte doppelt anstrengen, um seine Pflicht zu erfüllen und das Rechte zu tun; aber für sein Glück und seine innere Ruhe muß man andere Dinge suchen, die unentreißbar sind.
So sehr auch der Mensch für den Menschen das Erste und Wichtigste ist, so gibt es gerade nichts gegenseitig mehr Beschränkendes, als die Menschen, wenn sie, enge zusammengedrängt, nur sich vor Augen haben.
Ein Mann, der sich durch Schwächen verführen, hinreißen läßt, kann gut, in anderen Punkten recht liebenswürdig sein; es ist aber kein Mann, sondern eine Art Mittelding zwischen beiden Geschlechtern.
Trost wüßte ich bei einem andern, als mir selbst, nie zu finden.
Ideen sind ja nur das einzig wahrhaft Bleibende im Leben. Sie sind im eigentlichsten Verstande das, was den denkenden Menschen ernsthaft und dauernd zu beschäftigen verdient.
Alles, was in der Weltgeschichte wirksam ist, bewegt sich auch in dem Inneren des Menschen.
Alles, was sich so zu lange hinschleppt, ehe es zu etwas nur irgend Sichtbarem wird, verliert an Interesse.
Es ist gewiß, daß der Kranke viel zur Aufrechterhaltung seiner Kräfte und zu seiner Heilung beitragen kann.
Wenn sich nur eine Pforte erst öffnet, durch die das eindringt, was mehr als irdisch ist, so fängt der Mensch schon an, geborgen zu sein und bereitet sich eine innere Heimat.
Alle Laster entspringen beinah aus dem Mißverhältnis der Armut gegen den Reichtum.
Was ein wirklich feines sittliches Gefühl nicht mißbilligt, das halte ich auch nicht für Gott mißfällig.
Die Sonne für das Gemüt ist der Wille.
Fest und unerschütterlich ward nun in mir die oft dunkel empfundene, aber selten klar ausgedachte Wahrheit, daß der Mensch immer insoviel Gutes schafft, als er in sich gut wird.
Der Mensch ist mehr und noch etwas anders, als alle seine Reden und Handlungen, und selbst als alle seine Empfindungen und Gedanken.
Wer geliebt wird, ist nie ganz unglücklich.
Ohne Kampf und Entbehrung ist kein Menschenleben, auch das glücklichste nicht, denn gerade das wahre Glück baut sich Jeder nur dadurch, daß er sich durch seine Gefühle unabhängig vom Schicksal macht.
Man kann viel, wenn man sich nur recht viel zutraut.
Die Vorbereitung zum Tode muß das ganze Leben sein, so wie das Leben selbst, und wirklich von seinem ersten Schritte an, eine Annäherung zum Tode ist.
Die Seele aller gelingenden Tätigkeit ist doch das tiefe Selbstvertrauen.
Auch fordert jede Wirkung eine gleich starke Gegenwirkung, jedes Zeugen ein gleich tätiges Empfangen. Die Gegenwart muss daher schon auf die Zukunft vorbereitet sein.
Das Arbeiten ist, meinem Gefühl nach, dem Menschen so gut ein Bedürfnis als Essen und Schlafen.
Die Natur hat es wunderbar im Weibe gemacht – so beschränkte Kräfte und so unbeschränkte Wünsche.
Ohne Sicherheit vermag der Mensch weder seine Kräfte auszubilden noch die Frucht derselben zu genießen; denn ohne Sicherheit ist keine Freiheit.
Nur der Wechsel ist wohltätig. Unaufhörliches Tageslicht ermüdet.
Die Beschäftigung mit der Vergangenheit, das Zurückgehen in dieselbe, hat einen überaus großen Reiz. Was ehemals auf die Seele gewirkt hat, gedacht und empfunden worden ist, hat den jetzigen Zustand des Denkens, Empfindens und Wollens mit gebildet.
Der tröstende Gedanke aber bleibt fort und fort, daß Gott auch widrige und schmerzliche Schicksale nur aus Liebe sendet, um unsere Gesinnungen zu läutern.
Der innere Friede hängt immer vom Menschen selbst ab: Der Mensch braucht zu seinem Glück im wahren Verstande nichts als ihn, und braucht, um ihn zu besitzen, nichts als sich.
Das Setzen ins Gleichgewicht wird oft nur dadurch erreicht, daß man viel Schmerz, physischen und moralischen, in sein Dasein mit aufnimmt.
Es kann ein unglückliches und ein freudenloses [Alter] geben, wie eine solche Jugend. Aber die Schicksale gleichgestellt, finde ich das Alter, selbst mit allen Schwächen, die es mit sich bringt, nicht arm an Freuden, die Farben und die Quellen dieser Freuden sind nur andere.
Wie ich mir Ihren körperlichen Zustand denke, liebe Charlotte, so hängt er auch sehr von der Seele ab. Suchen Sie daher vor allem sich zu erheitern und von allen Seiten zu beruhigen.
So gewöhnt man sich an alles, und viele Schrecknisse sind es größtenteils nur in der Einbildung.
So liegt in jeder Sprache eine eigenthümliche Weltansicht.
Die Abgeschiedenheit spannt alle Vermögen eines weiblichen, in sich zarten und tiefen Gemüts höher, läutert die Seele und zieht sie ab von den kleinlichen, zerstreuenden Rücksichten, worein Frauen leichter verfallen als Männer.
Der Hang und die Sehnsucht nach wahrer Freundschaft und Liebe [ist] doch nur ein Vorrecht zarter und innerlich gebildeter Seelen.
Man muß auch am Rande des Abgrundes das Gute nicht aufgeben.
Es ist ebenso nutzlos als töricht, sich nicht in das Unabänderliche ruhig und still zu fügen.
Alles Männliche zeigt mehr Selbsttätigkeit, alles Weibliche mehr leidende Empfänglichkeit.
In natürlich gut gearteten Menschen sind dem Alter Ruhe, Aufhören vom Zufall abhängiger Bestrebungen, Geduld, Freiheit von zu ängstlichen Sorgen eigen, und diese Vorzüge erhöhen und verschönern alles.
Das Leben leicht tragen und tief genießen ist ja doch die Summe aller Weisheit.
Um das Ausland wissenschaftlich zu kennen, ist es nur selten nötig, es selbst zu besuchen; Bücher und Briefwechsel sind dazu weit sicherere Hilfsmittel als eigenes Einholen immer unvollständiger und selten zuverlässiger Nachrichten.
Es ist unglaublich, wie viel Kraft die Seele dem Körper zu verleihen vermag. Es erfordert auch gar nicht eine große oder heldenmütige Energie des Geistes. Die innere Sammlung reicht hin, nichts zu fürchten und nichts zu begehren, als was man selbst in sich abwehren und erstreben kann.
Jedes Schicksal ist mir ein Stoff, an dem ich meine Seele übe.
Das Alter ist ein natürlicher menschlicher Zustand, dem Gott seine eigenen Gefühle geschenkt hat, die ihre eigenen Freuden in sich tragen.
Wenn ein Mann dem Schmerze Herrschaft über sich einräumt, wenn er ihn ängstlich meidet, über den unvermeidlichen klagt, flößt er eher Nichtachtung als Mitleid ein.
Es ist unbegreiflich, wie anziehend für mich solch ein Anblick und jeder Anblick angestrengter Körperkraft bei Weibern – vorzüglich niedrigeren Standes – ist.
Auch in Frauen bewahrt das Alter vieles, was man in ihrer Jugend vergebens suchen würde, und was jeder Mann von Sinn und Gefühl vorzugsweise schätzen wird.