Sully Prudhomme Zitate
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Zwei getrennte Gedanken sehen oft aus, als widersprächen sie sich; ein Vermittlungsstück würde sie in Einklang bringen.
Die Strafe der Koketten ist, nur noch an Liebe denken zu können; sowie sie Liebe empfinden würden, hörten sie auf, kokett zu sein.
Die Wollust sucht nicht immer das Schöne, das Fremde in der Form reizt sie.
Die Dichter haben eine derart dürftige Palette, daß sie sich an die Ungenauigkeit und an die konventionellen Vergleiche gewöhnen.
Das Schicksal der Bücher ist geheimnisvoll.
Sobald man sich seiner Bescheidenheit bewusst ist, verliert man sie.
Wenn der Mensch einmal weiß, daß seine moralische Verantwortlichkeit von der Kenntnis der Naturgesetze abhängt, wird er im Rahmen seiner Fähigkeit, selbst Abhilfe zu schaffen, sogar für seine Unwissenheit verantwortlich.
Lieben ist nichts Besonderes, sich gegenseitig lieben sehr selten. Die Liebe ist ein Gesetz, die Gegenseitigkeit der Liebe ein Zufall.
Das Kompliment eines Eitlen ist nur ein Darlehen.
Wir müssen die Kinder mit Mitteln zurechtweisen, die wir anwenden würden, wenn sie ebenso stark wären wie wir.
Man ist nur glücklich durch das, was man fühlt, und nicht durch das, was man ist.
In einer echten Liebe ist das Vertrauen die einzige Zuflucht der Eifersucht.
Unentschlossenheit ist ein Lösungsmittel für den Willen – sie zersetzt.
Ein Ratgeber, der sucht, uns zu dem zu verhelfen, was er ist, statt in uns zu entwickeln, was wir sind, kann unser Verderben sein.
Die Vergangenheit einer Frau ist wie die Wurzel einer Blume: die Wurzel steckt im Schmutz, dennoch führt man die Blume an die Lippen.
Hoffnung ist die Vorwegnahme erwünschten Glücks.
Nur der Ehrgeiz, durch den keine Eitelkeit schimmert, hat Zukunft.
Das Begriffsvermögen des Menschen ist begrenzt, dennoch weiß er, daß das Unendliche existiert.
Im Grunde gibt es nur eine Einsamkeit, Ursprung all der anderen, nämlich die Entfernung vom Weltsinn, in der wir uns befinden, von Gott, wie er auch beschaffen sein mag.
Verdächtigen heißt zu eigenen Gunsten urteilen.
Nichts mißfällt uns so sehr, wie betrogen zu werden. Deshalb ziehen wir auch eine bittere Wahrheit einer barmherzigen Illusion vor.
Die Worte Herz, Seele und Gott sind für die Sprache der Poesie wesentliche Bestandteile geworden.
Es gibt ein untrügliches Maß für die Zuneigung: die Zeit, die man ihr widmet.
Das Alter, das den Menschen der Lächerlichkeit aussetzt, nimmt ihm zugleich auch das Gefühl für diese Lächerlichkeit.
Die Natur knüpft ihre Verbindung nicht notwendig auf Lebensdauer; diesen grausamen Mißgriff hat sie nicht begangen, ein Mädchen von fünfzehn Jahren einem Manne auszuliefern, der es nicht immer lieben kann. Es bedurfte der Gesetze, um dergleichen Unfug zu legalisieren.
Man sollte mit seinem Leben sparsam umgehen und es nur für Studien verwenden, die etwas nützen.
Man muß auf seinen eigenen Wert stolz sein und den der anderen achten können.
Wenn jemand die höchste Stufe eines schmeichelhaften Glücks erreicht hat, ist er einem gefährlichen Abgrund am nächsten.
Frischer Kummer hat das eine für sich, daß man ihn ausweinen und hinausschreien kann; die vergangenen Leiden sind irgendwie unauflösbar, sie können sich weder verteilen, noch assimiliert werden.
Man sagt sich: „Wenn ich erkranke, was würde da aus meinen ganzen Vorhaben werden?“ Aber die Krankheit befreit von allem; man ist auch den Ehrgeiz los und genießt das wie eine Erlösung.
Man muß schon sehr eingebildet sein, zu glauben, man werde geliebt, aber man muß auch sehr unglücklich gewesen sein, um es nicht mehr zu glauben.
Ein Geschäftsmann ist eine Gerade, ein Künstler eine Kurve.
Das Warten ist die grausamste Vermengung von Hoffnung und Verzweiflung, durch die eine Seele gefoltert werden kann.
Wenn man erst wüsste, auf welche Weise man sterben muss, dächte man nur noch an den Tod.
Die Kunst der Koketten besteht darin, nichts zu erlauben, und doch dabei alles als möglich erscheinen zu lassen.
Die höchste Stufe des menschlichen Elends ist die Angst vor dem, was den Menschen von seinem Elend befreien könnte: die Angst vor dem Tod.
Warum zahlt man einen hohen Preis für einen Diamanten? Vielleicht wegen seines Glanzes? Ein Wassertropfen kann genauso glänzen.
Das Lächeln wird nicht gelehrt, es trägt in sich einen gemeinverständlichen Sinn.
Der eine hört zu lieben auf, indem er auf eine Herrschaft verzichtet, die ihn nicht mehr interessiert, der andere, indem er ein Joch abwirft, das ihm kein süßes Joch mehr ist.
Nach dem Zusammenbruch aller Illusionen genügt die Suche nach der Wahrheit, um uns fest ans Leben zu ketten.
Selbst die Lust legt Wert auf die Schamhaftigkeit.
Wenn ein Mann Erfolg hat, sind es die Neider, die ihm am eifrigsten gratulieren.
Die Liebe geht in größere Breite als die Freundschaft, weil sie fähig ist, sich zu ergänzen, aber die Freundschaft steht höher als die Liebe, da sie zu trösten versteht, wenn die Liebe zerbricht.
Seltsame Illusion der Frauen zu glauben, die Kleidung lasse Gesicht und Figur vergessen!
Die Aufrichtigkeit ist – mindestens nach meiner Ansicht – die erste Bedingung jedes geistigen Schaffens.
Das Gewissen ist die Anwesenheit einer anderen Person in uns. Wer ist das also, der Einspruch gegen den persönlichen Eigennutz erhebt? Wenn man keinen Dualismus im Ich anerkennt, dann gibt es auch kein Gewissen mehr.
Die Langeweile nimmt allem, was sie berührt, die Farbe.
Ich verstehe unter Mittelmäßigkeit das, was man Talent nennt. Was könnte man denen Ehrlicheres sagen, die kein Genie haben.
Eleganz ist ungezwungen, Geste einer gehobenen Seele.
Man nennt Sich-Vergessen, wenn jemand zu seinem Naturell zurückkehrt.