Søren Kierkegaard Zitate
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Man sagt so gerne und oft, der Mensch sei ein geselliges Tier: im Grund ist er ein Raubtier wie nicht nur sein Gebiß beweist; und das Geschwätz von Geselligkeit und Gemeinschaft ist teils vererbte Heuchelei, teils wohlberechnete Hinterlist.
Der Gedanke an Gott ist der anstrengendste von allen Gedanken.
Es ist ganz wahr, was die Philosophie sagt, daß das Leben rückwärts verstanden werden muß. Aber darüber vergißt man den andern Satz, daß vorwärts gelebt werden muß.
Bewunderung ist glückliche Selbstverlorenheit, Neid unglückliche Selbstbehauptung.
Unfreiheit ist ein Phänomen der Freiheit.
Gehe, Verschmähe Die Treue, Die Reue Kommt nach. (zit. nach Goethe)
Durch Arbeit macht sich der Mensch frei; durch Arbeit wird er der Herr der Natur; durch Arbeit zeigt er, daß er mehr ist als die Natur.
In einem Theater brach hinter den Kulissen Feuer aus. Der Pierrot trat an die Rampe, um das Publikum davon zu unterrichten. Man glaubte, es sei ein Witz und applaudierte. Er wiederholte seine Mitteilung; man jubelte noch mehr. So, denke ich mir, wird die Welt eines Tages untergehen.
Das Christentum ist bei den meisten keine Inbrunst mehr, sondern eine bequeme Gewohnheit.
Christus ist der einzige Ort, wo man sich demütigen kann, ohne sich zu erniedrigen.
Erst die Liebe der Erinnerung ist es, welche beglückt.
Die Zeit und die Geschichte haben diejenigen gerechtfertigt, die gegen den Strom schwammen und mit den Überzeugungen ihrer Zeit aufeineinderprallten.
Mut habe ich zum Zweifeln, wie ich glaube, an allem; ich habe Mut, zu kämpfen, wie ich glaube, gegen alles und jedes; aber ich habe nicht den Mut, etwas zu erkennen, nicht den Mut, es zu besitzen, als mein eigen.
Die Christenheit hat Schluß gemacht mit dem Christentum, ohne das recht zu wissen.
Wenn ich Vater wäre und eine Tochter hätte, die verführt würde, über sie wollte ich nicht verzweifeln; ich würde auf ihre Rettung hoffen. Aber wenn ich einen Sohn hätte, der Journalist würde und während fünf Jahren es bliebe, ihn würde ich aufgeben.
Ein Mann kann niemals so grausam sein wie ein Weib.
Müßiggang ist nichts Übles, ja man muß sagen: Ein Mensch, der für diesen keinen Sinn hat, zeigt damit, daß er sich nicht zur Humanität erhoben hat.
Ich pflücke keine geknickten Blumen, ich überlasse es den Ehemännern, mit ihnen Fastnachtsruten aufzuputzen.
Nein, Müßiggang ist nicht die Wurzel alles Bösen; Müßiggang ist das wahre Gute. Die Langweile ist die Wurzel des Bösen; sie muß man bekämpfen. Wer keinen Sinn für Müßiggang hat, der hat sich noch nicht zu echter Humanität erhoben.
Man muß einem jungen Mädchen seine Freiheit lassen; nur soll man ihm keine Gelegenheit geben, sie zu benutzen.
Es gibt doch nichts, auf dem soviel Verführung und soviel Fluch liegt wie auf einem Geheimnis.
Die Dichterexistenz ist darum als solche eine unglückliche Existenz; sie steht über der Endlichkeit und erhebt sich doch nicht zur Unendlichkeit.
Das Selbst zu sein, das man in Wahrheit ist.
Ein sonderbares Wesen, der Mensch! Die Freiheit, die er hat, gebraucht er nie, sondern wünscht sich immer eine, die er nicht hat: Er hat Denkfreiheit, und er verlangt Redefreiheit.
Ein Mensch ruht dann in der Vergebung der Sünde, wenn der Gedanke an Gott ihn nicht an die Sünde erinnert, sondern daran, dass sie vergeben ist.
In des Geistes Leben ist kein Stillstand, eigentlich auch kein Zustand, alles ist Aktualität, Tathaftigkeit.
Die Menschen sind doch unverständig. Von den Freiheiten, die sie besitzen, machen sie nie Gebrauch, fordern aber die, welche sie nicht besitzen. Denkfreiheit haben sie: sie fordern Redefreiheit.
Dem Unbedingten gegenüber ist nur das „Entweder-Oder“ die wirkliche Umarmung; jedes „bis zu einem gewissen Grade“ ist theatralisch, ist ein Griff ins Leere, eine Einbildung.
Zum Zweifeln gehört Talent, nicht aber zum Verzweifeln.
Den Sprung in den Glauben kann mir niemand abnehmen.
Je mehr Leute es sind, die eine Sache glauben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Ansicht falsch ist. Menschen, die recht haben, stehen meistens allein.
Einem anderen Menschen behilflich sein, daß er Gott liebe, heißt ihn lieben; von einem anderen Menschen darin unterstützt werden, daß man Gott liebe, heißt geliebt werden.
Unsere Epoche gestattet nicht, still zu stehen und sich zu vertiefen; schon bedächtiges Gehen ruft Verdacht hervor.
Ich ziehe deshalb den Herbst dem Frühjahr vor, weil das Auge im Herbst den Himmel, im Frühjahr aber die Erde sucht.
Der Einfältige, der demütig bekennt, ein Sünder zu sein, persönlich, (der Einzelne) braucht gar nichts von all den Schwierigkeiten zu wissen, die sich ergeben, wenn man weder einfältig noch demütig ist.
Furcht und Zittern ist nicht die ursprünglichste Antriebskraft im christlichen Leben, sondern die Liebe; aber es ist das, was die Unruhe in der Uhr ist – es ist die Unruhe des christlichen Lebens.
Leben kann man nur vorwärts, das Leben verstehen nur rückwärts.
Sich trauen heißt, einen Moment lang den Halt zu verlieren. Sich nicht trauen heißt, sich selbst zu verlieren.
Mein Kummer ist meine Ritterburg; sie liegt wie ein Adlerhorst auf der Spitze eines Berges und ragt hoch in die Wolken. Niemand kann sie stürmen.
Die Persönlichkeit ist unmittelbar bestimmt, nicht geistig, sondern physisch.
Es gilt, eine Wahrheit zu finden, die Wahrheit für mich sein kann, die Idee zu finden, für die ich leben und sterben will.
Wahrlich, etwas ist dem Christentum mehr zuwider als jede Ketzerei; das ist, daß man Christentum spielt.
Weil man aber nicht heiraten will, braucht das Leben noch nicht ohne Erotik zu sein. Auch das Erotische muß eine Unendlichkeit haben, aber eine poetische Unendlichkeit, die sich ebensosehr in einer Stunde wie in einem Monat denken läßt.
Wie oft liest man im Volksmärchen von einer Jungfrau, die kaltblütig mit ansieht, wie ihre Freier das Leben daransetzen sie zu gewinnen.
Wir sind verlorener, als wir zugeben wollen; wir sind tiefer erlöst, als wir zu hoffen wagen.
Die Größe eines Menschen hängt einzig und allein von der Energie des Gottesverhältnisses in ihm selbst ab.
Was eilt man wohl so sehr unter die Leute zu bringen, und was hat anderseits mehr Verbreitung, als: Geschwätz! O, schaffe Schweigen.
Mein Leben ist wie eine ewige Nacht. Sterbe ich einmal, so kann ich mit Achilles sagen: „Du bist vollbracht, Nachtwache meines Daseins.“
Ein einzelner Mensch kann einer Zeit nicht helfen oder sie retten, er kann nur ausdrücken, daß sie untergeht.
Daß die Welt nicht vorwärtskommt, sondern zurückgeht, hat offenbar seinen Grund darin, daß die Menschen einander um Rat fragen, statt sich jeder mit Gott zu beraten.