Sigbert Latzel Zitate
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Jeder Kopf ist ein Wartesaal.
Mancher wäre klüger, wenn er sich für etwas dümmer hielte.
Die meisten Dichter dichten nach der Krankheit, die gerade in Mode ist. Man sollte daher Epochalpathologien vor Literaturanalysen schreiben.
Veranstaltungsbericht: Der Saal war gähnend voll.
Das Kind in der Frau wird nie so alt wie das Kind im Manne.
Die Sprache lieben viele, die dichten, aber nur wenige werden auch von ihr geliebt.
Auch im hellsten Kopf brennt kein ewiges Licht.
Wir sind Utilitaristen. Wir benutzen die Geschichte. Wir benutzen alles. Uns wird auch die Vergangenheit zu einem Gebrauchsgegenstand. Und was noch schlimmer ist: die Zukunft als ein politisches Hilfsmittel.
Ehernes Gesetz: Wird die Beute ungerecht verteilt, so wird die Jagd unter den Jägern fortgesetzt. So entsteht Geschichte.
Man stirbt als ein Lesefragment. Man geht aus der Welt als ein Buch, in dem viele ein paar Seiten gelesen haben, aber keiner das ganze Buch. Und: dieses ganze Buch entstünde auch nie, wenn man die gelesenen Seiten zusammensetzte.
Stern – leuchtend vor Einsamkeit.
Das Gerüst der Klugheit sind unvergessene Dummheiten.
Man kann die Menschen gut kennenlernen, wenn man darauf achtet, bei welcher Gelegenheit sie schweigen.
Schlechter Staat: Er hat zwei linke öffentliche Hände.
Bücher sind die einzigen Konserven, bei denen die Qualität des Inhalts dafür sorgt, daß dieser frisch bleibt.
Er kommt auch oft per fidem zu Perfidem.
Sprechsucht – eine ziemlich weit verbreitete Krankheit.
Menschen, Engel, Götter: Rachewesen. Tiere kennen diesen niedrigen Drang nicht.
Deutsche Autoren: Gute leben von der Sozialhilfe, erfolgreiche von der Sozialkritik.
Glücklich der Mensch, der von sich sagen kann, daß er älter als alle seine Wünsche geworden ist.
Ich glaube, daß kein bedeutender Mensch die Bedeutung hat, die man ihm zuschreibt, sobald man ihn allgemein weithin als bedeutend anerkannt hat. Dieser Akt führt in 90 von 100 Fällen zu einer Überhöhung.
Wer eine Sprache wirklich beherrscht, der wird auch von dieser Sprache beherrscht, denn er muß sich, wenn er spricht, auch von der Sprache sprechen lassen.
Mancher Alte ist heute theatralisch gesund.
Die Vernunft läßt das Gewissen sprechen. Die Klugheit oder die Dummheit entziehen ihm das Wort.
Einige spenden Lob. Die meisten bieten es zum Tausch an.
Viele Leute glauben, es ginge in die Tiefe, wenn es bloß ins Dunkle geht.
Arroganz ist oft der einzige Luxus, den sich ein Schriftsteller leisten kann.
Das Glück kommt nur. Man kann nicht zu ihm gehen, denn es hat keinen Aufenthaltsort, aber es kommt immer aus einer bestimmten Richtung, und in die kann man sich bewegen.
Es warten viele Gedankengänge auf Gedankengänger.
Wissen ist Macht, Sprechen ist mächtiger.
Das Bad in der Menge hat schon manchen beschmutzt.
Wer sich sicher fühlt, lebt im höchsten Maße unsicher.
Viele Menschen hören redend am liebsten sich selbst zu. Der Schwätzer tut nicht einmal dies.
Es gibt mindestens ebenso viele eingebildete Ärzte wie eingebildete Kranke.
Gemeinsamkeit der Verleger und Schankwirte: sie verdienen am Schaum das meiste.
„Was hohl ist, schwimmt oben.“ Gesellschaftsphysik.
Wer sich in Schweigen hüllt, friert bald.
Wo’s um die Wurst geht, braucht man keine Würstchen.
Die Stimme das Gewissens schreit sich bei keinem heiser.
Falsche Erziehung: Man verklebt so manchem Kind die Augen mit Trostpflastern.
Manche Heilanstalten sind auf das Leben gesehen auch Lehranstalten; das Umgekehrte ist kaum je der Fall.
Hier nicht ausschlafbar: die Lebensmüdigkeit.
Es gibt mehr Langweiler als Langweilerinnen. Fast jede Frau hat gegenüber dem Manne einen Munterkeitsvorsprung. Es gibt auch Männer, die langweilig aussehen, bei Frauen ist dies kaum der Fall.