Sigbert Latzel Zitate
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Jeder ist der Zerrspiegel eines andern.
Die Couch des Psychoanalytikers ist das Klo für die Seele.
Was man denkt, wird oft durch das entwertet, was man ist; selten umgekehrt.
Eindruck: Die Intelligenzforscher sind bei ihrer Intelligenzforschung ungefähr so weit gekommen, wie ihre Intelligenz reicht.
Von den meisten Tierfreunden höre ich, daß sie ganz vernarrt in die von ihnen eingesperrten Tiere seien, und da denke ich auch gleich an die Menschenfreunde.
Von der Achtung zur Ächtung braucht es im Leben oft noch weniger als zwei Umlautstriche.
Sich selbst Geschenke machen. Was hat man seinen Augen gegeben? Was seinem Gehör? Was seinen Händen? Auch hier Reichtum und Armut.
Die neue Sozietät: Die Lach- und Schißgesellschaft.
Es gibt viel mehr Heiratslustige als Ehelustige.
Ein Geduldsfaden führt aus fast jedem Labyrinth.
Was an der großen Glocke hängt, bebt.
Nichts ist so haltbar wie Phantasieprodukte.
Wie philosophiert er? – Wie eine Schwelle philosophieren müßte, die sich selbst überschreiten will.
Jeder Redestrom im Politikrevier ist stark verschmutzt.
Ehrliche Arbeitsteilung: Sie klopft Schnitzel, er Sprüche.
Viele Philosophen schreiben geniale Rohrschach-Kleckse. Von deren intelligenter Deutung leben dann die Interpreten.
Mancher Leichtfuß sinkt tief.
Wo alle Wege an derselben Stelle enden, kann auch der Weg das Ziel sein.
Aphorismenschreiber: Denkasthmatiker.
Gedankenbotanik, Gedankenzoologie erforderlich. Es gibt unter den Gedanken Pflanzen und Tiere.
Beim Anblick der Katakomben: Das Überirdische lebt am stärksten unterirdisch.
Universitätsprofessoren: Manche reden wie ein Buch, die Mehrzahl wie eine Schwarte.
Fortschritt in der Luftfahrt: Die Schleudersitze sind bequemer geworden.
Ideal: Immer ein Houdini des Lebens sein.
Wer mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.
Mancher stellt das Licht eines anderen unter den Scheffel. Er vergißt dabei, daß es ewige Lichter, aber keine ewigen Scheffel gibt.
Die Schlüssel zu den Geheimnissen der Natur haben alle die Eigenschaften, daß sie nur öffnen, aber nicht mehr zuschließen. Darauf aber käme es heute gerade an.
Auch mancher Theologe schreibt verteufelt gut.
Gesellschaftsgrammatik: Substantive, die keine Verbindung mit dem Personalpronomen „ich“ eingehen, sind: „Gauner“, „Schuft“, „Lügner“, „Versager“.
Eine gotische Kirche verkleinert den Menschen. Räume, in denen ein Mensch groß sein kann, sind Gefängniszellen.
Erziehen heißt (auch): Gedankenstraßen bauen.
Konsequenter Diktator: Er will den Untertanen auch das Wasser rationieren, das ihnen im Munde zusammenläuft.
Im Schlaf sind wir alle Inseln.
Die Sprache ist ein Gewebe, das sich ständig selbst weiterwebt.
Moralisch gesehen kann ich keine Höherentwicklung von der Pflanze zum Tier erkennen (und eigentlich auch keine vom Tier zum Menschen).
Wem ein Licht aufgeht, der wird oft schnell ausgeschaltet.
Leidgeprüft. Vom Leben ausgestellte TÜV-Plakette.
Man hat in unserer Zeit mit der besten Seife auch den besten Schmutz entwickelt. Der Circulus profitiosus.
In der Schule des Lebens ist das Unglück ein besserer Lehrer als das Glück, aber auch hier gilt: Der beste Lehrer ist bei den Schülern nicht immer der beliebteste.
Die meisten wunden Punkte heilen nie.
In puncto selbstvollzogener Gewissensanästhesie gibt es wenig Scharlatane.
„Jeder ist seines Glückes Schmied“, sagen die Reichen gern, aber sie vergessen zu fragen, ob auch jeder einen Hammer hat.
Vor der Erfindung des Blitzableiters hat der Blitz am häufigsten in Kirchtürme eingeschlagen, und dabei dachte man sich damals Gott als den, der die Blitze verschickte.
Die Uhren zeigen die Zeit an. – Bei wem?
Schon mancher Despot ist mit Hängen und Würgen ans Ziel gekommen.
Der Kampf ums Klo. Auch das gibt es im übertragenen Sinne. Ich denke da an Diskussionsmeldungen.
Kirchen: Gottes Wochenendhäuser.
Um festzustellen, was der Mensch ist, muß man auch feststellen, was er sein will.
Man spricht nur von Nutztieren. Dabei gibt es heute viel mehr Nutzmenschen.
Wir alle sind heute eine geistige und leibliche Müllschlucker-AG.