Seneca Zitate
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Wilde Tiere fliehen vor Gefahren, die sie sehen. Wenn sie geflohen sind, sind sie sorglos. Wir quälen uns mit dem Künftigen und dem Vergangenem ab.
Niemand liebt sein Vaterland, weil es groß ist, sondern weil es das Seinige ist.
Hier habt ihr vor der Gottheit etwas voraus: für sie gibt es überhaupt kein Dulden von Unglück, ihr seid darüber erhaben.
Heilmittel wider Ungerechtigkeiten ist das Vergessen.
Das Schicksal sucht die Stärksten, ihm Gewachsenen auf; an manchen geht es mit Ekel vorüber.
Keiner der anderen hilft, nützt nicht zugleich sich selbst.
Es kommt nicht darauf an, daß du viele, sondern nur, daß du gute Bücher hast.
Wir können […] den Festtag auf festliche Weise begehen, aber ohne Schlemmerei.
Glücklich leben und naturgemäß leben ist eins.
Die Gewohnheit verfestigt alles.
Bei einem Weisen ist der Reichtum Diener, bei einem Narren Meister.
Alle Menschen sind an das Schicksal angekettet, nur haben die einen eine goldene und weite Kette, die andern eine enge und rostige. Aber was ist das für ein Unterschied? Die gleiche Gefangenschaft umgibt alle; diejenigen, die andere gefesselt haben, sind selber auch gefesselt.
Ein Bogenschütze soll nicht hin und wieder treffen, sondern hin und wieder danebenschießen.
Zum König oder zum Narren muß man geboren sein. Aut regem aut fatuum nasci oportere.
Was kann Reisen allein schon nützen? Das bloße Hin und Her der Eindrücke macht uns labiler und oberflächlicher. So kommt es dass Menschen die Orte, zu denen sie mit aller Gewalt wollten, nach wenigen Wochen wieder verlassen.
Das schlimmste Übel ist, ausscheiden aus der Schar der Lebendigen, ehe man stirbt.
Der Lohn einer guten Handlung liegt darin, daß man sie vollbracht hat.
Es ist eine Art Unbeherrschtheit, wenn einer mehr wissen will, als genug ist.
Manches muß man heilen, ohne daß der Kranke davon weiß; vielen war es wohl schon eine Ursache des Todes, daß sie ihre Krankheit kannten.
Immer glücklich zu sein und ohne jede Gemütstrübung das Leben zu durchwandern, heißt nur die eine Seite der Natur kennen.
Du wirst kaum jemand finden, der bei offener Türe leben könnte.
Peinlich ist es zu kämpfen mit einem Menschen, der zur Niederlage bereit ist.
Niemand kann die Mächtigen ungefährdet angreifen.
So groß die Schar der Bewunderer, so groß die Schar der Neider.
Der Tod löscht alle Schmerzen aus. Er ist ihr Ende, und über ihn geht unser Leiden nicht hinaus. Er führt uns wieder in den gleichen Ruhezustand zurück, in dem wir uns vor der Geburt befunden haben.
Die Wahrheit haßt die Verzögerung.
Nicht auf die Größe des Vermögens, sondern auf die des Geistes kommt es an.
Alle Verbrechen sind auch vor dem Erfolg der Tat, soweit genug Schuld besteht, ausgeführt.
Wer Großes versucht, ist bewundernswert, auch wenn er fällt.
Sagt man dir, daß sich jemand ungünstig über dich geäußert habe, so besinne dich, ob du nicht selbst früher einmal dir so etwas gegen ihn erlaubt hast, besinne dich, über wie viele du so redest.
Nichts von dem, was wir mit so tiefer Ergriffenheit betreiben, ist wirklich ernst und groß. Eben darin liegt, behaupte ich, der Grund für eueren Zorn und euere Sinnesverwirrung: ihr achtet das Kleine für groß.
Wenn wir zulassen, dass uns etwas in Angst und Schrecken versetzt, ist das Leben nicht mehr lebenswert.
Echter Wert mag versteckt sein, nie bleibt er ganz verborgen.
Der Tod ist die Erlösung von allen Schmerzen, ist die Grenze, über welche unsere Leiden nicht hinausgehen; er versetzt uns wieder in jenen Ruhezustand, dessen wir vor unserer Geburt teilhaftig waren.
Willst du dir über die wahre Beschaffenheit eines Dinges klar werden, so lass nur die Zeit walten: im flüchtigen Vorüberströmen lässt sich nichts genau erkennen.
Jener Todestag, den du fürchtest, als sei er das absolute Ende, ist dein Geburtstag zum ewigen Leben.
Alle Kunst ist Nachahmung der Natur.
Das größte Gegenmittel gegen den Zorn ist der Aufschub.
Niemand kann lange eine Maske tragen; Verstellung kehrt schnell zur eigenen Natur zurück.
Es ist schön, unter angesehenen Männern hervorzustechen.
Auf nichts also müssen wir mehr achten als darauf, nicht nach Art des Herdenviehs der vorauslaufenden Schar zu folgen: wir würden dann nur den meist betretenen, nicht aber den richtigen Weg wählen.
Jeder Tag ist wie eine Stufe des Lebens.
Fang jetzt an zu leben, und zähle jeden Tag als ein Leben für sich.
Nichts beeinträchtigt die Gesundheit so sehr, wie der häufige Wechsel der Medizin.
Es ist nichts nützlicher, als Erinnerungen, wenn sie auch nur in kurzen Sprüchen bestehen. – Erinnerung lehrt nicht sowohl, sie ist auch eine Art Ermahnung.
Der Mensch ist nicht gut, aber er wird zum Guten geformt, damit er, seines Ursprungs eingedenk, Gott gleich zu werden trachtet.
Genuß – das ist es, was in allem gesucht wird!
Es wäre wider die Natur, dass je dem Guten das Gute schade.
Um der grauen Haar und Runzeln willen darfst du nicht denken, es habe einer lange gelebt. Nicht lange gelebt hat er, nur lange dagewesen ist er.
Sollte es nicht besser sein, anhaltendes Unglück erträglich zu machen durch den Beistand der Tugend, als durch unaufhörliche und maßlose Glücksgaben sein Dasein zu untergraben?