Richard Dehmel Zitate
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Wenn es von der Sonnenwärme aus den Tälern und den Wäldern dampft, wie warm schwillt da auch das Menschenherz! Diese phantasieschwangeren Nebel, was gebären sie alles!
Man muß erst dahintergekommen sein, daß die menschliche Lebensgemeinschaft durchaus keine Selbstbefriedigungsanstalt ist, sondern ein fortwährendes Opferfest. Sehe jeder zu, daß er ein möglichst göttliches Opferlamm werde!
Ich habe keine andre Pflicht als die der Lebenslust: so glücklich als möglich zu leben.
Nichts, was wir lieben, nimmt uns der Tod; es lebt weiter in unserm innersten Wesen, wie es vorher in uns gelebt hat, nur daß wir’s nicht mit leiblichen Augen sehen.
Wenn wir nur erst wieder so weit wären, ein bewußtes Lebensprinzip aus der Freude am Genuß zu machen, Herrgottsakra!
Ich weiß ein Wort, Das setzt mich über alles fort, Über Raum und Zeit Und Traurigkeit: Ich und die Zukunft!
O mein Geliebter – in die Kissen Bet‘ ich nach dir, ins Firmament!
Schütt‘ aus den Segen, der dir zugeflossen.
… denn Inbrunst ist die Freiheit der Gestalt vom Zwang der Welt, vom Bann der eignen Seele.
Alles Leid ist Einsamkeit, alles Glück Gemeinsamkeit.
Was der Mensch auch tun mag aus Mitleid, es ist nie genug und immer zu viel.
Wir haben auch Arbeit, und gar zu zweit Und haben die Sonne und Regen und Wind. Und uns fehlt nur eine Kleinigkeit, Um so frei zu sein, wie die Vögel sind; Nur Zeit.
Noch hat keiner Gott erflogen, der vor Gottes Teufeln flüchtet.
Der Preis jedes Glückes ist viel Schmerz.
Lebe mit Zweck, wirf dich nicht weg, gibt dich den andern hin mit eignem Sinn!
Es ist ein Brunnen, der heißt Leid; daraus fließt die lautre Seligkeit. Doch wer nur in den Brunnen schaut, dem graut. Er sieht im tiefen Wasserschacht sein lichtes Bild umrahmt von Nacht. O trinke! da zerrinnt dein Bild: Licht quillt.
Einige Wochen selbstbeschaulicher Muße lassen dich begreifen, wie leicht man sich die Augen für sein Eigenstes monate- und jahrelang durch fremde Brillen verdirbt.
Selbst wenn wir im schönsten Chor sängen, Menschen und Vögel und Sterne zusammen, so sänge doch jedes für sich allein, es wäre alles nur Stimme der Sehnsucht, nur Wettgesang ums Verschwiegenste.
Uns fehlt nur eine Kleinigkeit, um so frei zu sein wie die Vögel sind: Nur Zeit.
Rings um unsere Himmelsleiter Toben Liebe, Lob, Haß, Spott, Unter uns Millionen Streiter, Über uns der stille Gott.
Aus der Enge in die Weite drängt die Seele, lockt das Leben. O entfalte, Herz, dein Streben, eh’s der Tod ins All befreite.
Immer wieder, wenn wir sinnen, stürzt die Welt in wilde Stücke; immer wieder, still von innen, fügen wir die schöne Brücke.
Der Bräutigam Mein tolles Herz, ich leg auf dich die Hände. Nun träum dich an ein sonnig fern Gelände, da deckt man dich mit stillen Blumen zu. Da lauscht eine Mutter dem Ruf der Maiglocken und glättet einer Braut die wirren Locken und bittet dich: gib Ruh, gib Ruh.
Das wahrhaft Große ist immer unvergleichlich.
Zum Donner: Wenn man immer bloß sehen wollte, was einem fehlt, dann käme ja kein Mensch in keinem Augenblick zum Lebensgenuß.
Wir alle lassen uns durch die Gewöhnung viel lieber, weit bequemer, überzeugen als durch das ursprüngliche Gefühl.
Lernen Sie den Augenblick begreifen! Das Bewußtsein ist die höchste Lust des Lebens.
Wir haben ja noch gar nicht unser Letztes ausgekostet; alles, was Instinkt und Phantasie an Lust bescheren kann – und das, das allein ist Leben!
Ruf Immer stiller stehn die Bäume, Nicht ein Blatt mehr scheint zu leben, Und ich fühle Wüstenträume Durch den bangen Mittag beben, Bis ins bange Blut mir zittern, Bis ins Herz, wie Feuerpfeile. O, ich lechze nach Gewittern! Komm, Geliebte! Eile! Eile!
Dass du über der Zukunft nur nicht ihr stetes Dasein vergisst! Es gibt eine Gegenwart, die ewig ist.
Es gibt doch Morde, die sogar das Gericht verzeiht.
Es ist zum Lachen wie zum Weinen, wir mögen lieben oder hassen, es wurzelt alles in dem Einen: das Herz will sich erschüttern lassen.
Du sollst deine herzwarmen Augen heller aufmachen, dann wirst du zum goldensten Traum erwachen.
Sich mit Würde ins Unvermeidliche schicken ist nur dann eine heilige Handlung, wenn man alles getan hat, es zu vermeiden; sonst wird die Ehrfurcht vorm Schicksal leicht zur Pose, mit der wir unsre Bequemlichkeit, unsre Herzensträgheit maskieren.
Je sinnlicher wir leben, desto leichter geht der ganze Stoffwechsel vor sich, desto heiterer wird der Geist, desto gesünder der Körper.
Was wir an Schönheit und Kühnheit durchs Leben verlieren, gewinnen wir an Weisheit und Freiheit.
Nimm dein Schicksal ganz als deines! Hinter Sorge, Gram und Grauen wirst du dann ein ungemeines Glück entdecken: Selbstvertrauen.
Wenn alle müde werden – die Kraft einer Mutter erlahmt nie.
Nichts ist schwer, sind wir nur leicht.
Liebe Tief und tiefer: seliges Geben, bang Empfangen – welch Verschulden! Schwellend wühlt sich Leben in Leben: wildes Wachsen, stilles Dulden.
Siege oder Niederlagen, immer gilt es neu zu wagen.
Gib mir nur die Hand, Nur den Finger, dann Seh‘ ich diesen ganzen Erdkreis Als mein Eigen an!
Das Eine Was sind Worte, was sind Töne, all dein Jubeln, all dein Klagen, all dies meereswogenschöne unstillbare laute Fragen – rauscht es nicht im Grunde leise, Seele, immer nur die Weise: still, o still, wer kann es sagen!
Wir sind alle Werkzeuge Gottes, der eine so, der andere so.
Mensch, du sollst dich selbst erziehen, und das wird dir mancher deuten: Mensch, du mußt dir selbst entfliehen. Hüte dich vor diesen Leuten!
Ein bißchen Güte von Mensch zu Mensch ist mehr wert als alle Liebe zur Menschheit.
Leben heißt lachen mit blutenden Wunden.
Vom Kritiker Der Kritiker hat immer recht, unfehlbar wie der Kletterspecht. Die Eiche trotzt dem stärksten Sturm, der Specht entdeckt in ihr den Wurm.
Wenn du auch irrst auf den Bergen des Strebens: Nichts ist vergebens, denn du wirst. Nur bleib Herr deines Strebens!
Es ist ja immer nur der Verstand, der verzweifelt, wenn uns das Unbegreifliche anpackt; und doch beruhigt er sich immer wieder, weil jenes Gefühl doch stärker ist, das uns Lust und Liebe zum Leben gibt.