Peter Rudl Zitate
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Wo der Zweck heilt, stirbt der Geist.
Denken: die Galeere des Geistes. Die Kontemplation und Offenherzigkeit sitzen freilich im Bauch des Schiffes unter Deck, so wie die Phantasie im Ausguck träumt und keine Kommandos duldet.
Leben: eine der dynamischsten, aber auch kritischsten Unwuchten des Geistes.
Liebe läßt sich beherrschen. Selbst läßt sich beherrschen. Menschen lassen sich beherrschen. Nicht so der Geist.
Leben: die Kunst des Ablegens.
Dekadenz: die Schönheit der Kultur über die der Natur zu stellen.
Als Inbild seiner selbst bildet sich das Schöne ausschließlich allein.
Am Eingang der Hölle steht immer ein Mensch.
Leben und Tod: zwei durchwegs grenzwertige Arbeitshypothesen, möglicherweise aber auch nur zwei „Zustände“ im Differential des Geistes.
Das Schöne an einer Großstadt ist ja nicht zuletzt, daß man zwar bedauerlicherweise nie allein, aber überall einsam sein kann.
Die Familie ist eine Grenze der Gerechtigkeit und stellt sich über sie.
Gehorchen heißt, dem Geist abschwören.
Hinterm sogenannten Neuanfang verbirgt sich für gewöhnlich nur ein totgesagtes Finale.
Rachedurst: ein Laster des Kleingeists.
An einer Weggabelung kann es auch schon mal das Beste sein keinen Weg zu nehmen.
Leichenwanderung befremdet, aber Prozession kennt jeder.
Vertrauen ist meist auch nicht mehr als ein Zeichen von Bequemlichkeit und mitunter sogar verbrämter Ausdruck der Angst vor der Konfrontation mit den oftmals horrenden Tatsachen.
Geist ist der Schlagwind der Existenz.
Es ist ein historisches Faktum, daß sich Juden und Muslime in der Geschichte weitaus christlicher verhalten haben als die sogenannten Christen.
Den Menschen kann es heutzutage ja gar nicht prollig genug zugehen. Der Geist bleibt da nicht einmal mehr Zaungast. Und das ist gut so. Für ihn.
Wo der Geist irre geht, geht er ins Schwarze.
Ein Realist hält alles für möglich.
Gott: der Pawlowsche Grund.
Liebe ist entweder Lästerung oder Belästigung.
Wenn eins dagegen spricht, daß der Mensch ein Affe ist, so allein die Tatsache, daß es sich hier zweifellos um ein Raubtier handelt, was man der Unterordnung der Simiae nun wirklich nicht nachsagen kann.
Sozial, sprich trägheitsnavigationskonform.
Psychologie: selten mehr als die Lehre von den Bauernregeln menschlichen Verhaltens.
Der Geist ist verführbar, aber nicht führbar.
Der Stimmbruch ist ein beredtes Zeichen für die Pubertät oder schlimmrenfalls den Kehlkopfkrebs einer Demokratie.
Alle tiefere Philosophie beginnt mit einem Verharren am Abgrund, dem Aushalten des Blicks. Viele gehen in der Folge verloren. Höhere Philosophie dagegen lernt über ihm zu kreisen und wo es lohnt hinabzustoßen für eine kleine Zeit. Die Lehre des Falken.
Das sogenannte Zeitalter der Aufklärung basiert auf einer heillosen Unzahl unaufgeklärter Verbrechen. Man denke etwa nur an die zum überwältigenden Teil unverfolgte Massenschwerstkriminalität der Französischen Revolution.
Fragment: ist der Fluch eines jeden Gedanken. Sein zersplitternder Charakter. Schrapnellartig. Eine die Patina des Unmöglichen ansetzende Grabinschrift.
Eine Entschuldigung, die den Namen verdient, muß uneingeschränkt erfolgen. Sofern sie nur mit Falls, Wenn und Aber von Herzen kommt, sollte man sie besser gar nicht aussprechen.
Gott hat die Philosophie der Religion immer vorgezogen, um wenigstens einmal und dann auch gern öfter über sich lachen zu können . Schiere Selbstironie ist sein Spiegel.
Wo Tücken sind, sind auch Chancen.
Die Liebe ist nicht das, was die Menschen aus ihr machen.
Es ist nicht nur Sympathie für den Pluralismus, sondern Lebenserfahrung, die lehrt, daß es à la longue meist besser ist, seiner Wege als seinen Weg zu gehen.
Geist: Gnosis ohne Mensch.
Der Weise trägt sein Glück nicht zu Markte.
Entweder wird man sich desto ähnlicher, je mehr man durchmacht oder man verliert sich ganz.
Die Gerechtigkeit ist ein Spiegel, den der Mensch ständig mit Füßen tritt. Vielleicht hat ihn die Schöpfung auch gerade daher blind gemacht.
Loslassen. Nichts macht reifer.
Was sich spiegelt, durchschaut nicht.
Liebe ist diese annehmliche, recht eigentlich kierkegaardeske Krankheit. Gepflegtheit und Hege zum Tode. Geist steht dem entgegen – als die Freiheit zum Tode.
Es sind die Bilder, die den Menschen die Manipulation gelehrt haben.
Recht: sein größter Gegner ist das Schweigen. Seine höchste, geradezu selbsterhaltende Pflicht ist es freilich dieses Schweigen niemals auf dem Altar des Utilitarismus, egal welchen Zielen zu opfern.
Wahnsinn kann auch ein Kompliment sein.
Wer das Geld verachtet ist deshalb nicht weniger käuflich, es erfordert nur einen höheren Preis. Gleiches gilt naturgemäß für Hoffnung, Leben, Liebe, Wahrheit und Moral, den Glauben usw. usw.
Der Geist räumt mit dem ihm inadäquaten spiegelneuronalen Elmsfeuern gründlich auf. Der streng riechende Pfühl retardierter Makrobiotik und Thanatophobie, der seit neuestem gern noch mit dem Deckmäntelchen „sozialer Intelligenz“ kaschiert wird, wird sich in keiner Kammer des Geistes finden lassen.
Im Anfang war das Wort, der Logos, fast interessanter scheint mir aber, daß solches auch am Ende stehen wird.