Peter Rudl Zitate
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Kaum etwas wird vom Menschen so nachdrücklich entsorgt wie der Geist. Ganze sogenannte Zivilisationen sind auf seinem Verschwinden errichtet.
Die Xenophobie des Biedermanns und die damit einhergehende Berührungsangst wird nur noch von der mit seinen zahlreichen Tabus übertroffen.
Das Problem mit der Zuverlässigkeit ist ja vor allem, daß man sich zu schnell an sie gewöhnt.
Politiker sprechen zuviel und fühlen zu wenig.
Bildung: die heruntergekommene und hochartifizielle Form dessen, was man früher Wissen nannte.
Kaum etwas wird einem heutzutage als so entbehrlich verkauft wie die Wahrheit.
Enttäuschungen sind genau genommen das einzig sich überall durchziehende und letztlich verbleibende Leitmotiv geistigen Lebens.
Es ist keine Liebe so gut, als daß nicht noch was Böses darin steckte.
Der Mensch molestiert schon allein durch die laute Art seines Leidens. Ein schlagender Beleg seines unzweifelhaften Grobschnitts und Grobsinns.
Glück: Prodrom (Vorläufer) des Abschieds.
Wer sich in Frauen vertieft, blättert im Buch des Lebens.
Kaum jemand möchte etwas von Schuld wissen. Die meisten Menschen verdrängen sie oder lehnen sie in Bausch und Bogen ab, schließen sie aus. Dabei ist sie doch vor allem auch eine wunderbare Möglichkeit etwas zu verändern.
Allerdings gilt: was lange währt, wird langsam schlecht. Und immer erst wenn alles längst zu spät ist, wird man dessen vollauf gewahr. Indem Gestank aufzieht.
Sterben: Akt der Wirklichkeit, sich in ihr Recht zu bringen.
Absonderlich zu sein: Grundbedingung des Geistes.
Die vielleicht größte Gefahr für das Leben ist, es aus übertriebener Vorsicht und Risikoscheu zu verpassen.
Eine Frau zäumt man wie Vorurteile am besten von hinten auf.
Liebe: viel Fisch, wenig Fleisch.
Wo der Wahnsinn nicht enden will, scheint der Mensch langsam zu sich zu kommen. Nur, er nennt’s nicht mehr Mensch. Zerschlägt schon wieder den Spiegel. Unbelehrbare Ausgeburt wessen? Und laßt endlich Gott aus dem entgleisten Spiel.
Am Ende der Wahrheit wartet der Traum.
Seele? Ein Arbeitsbegriff.
Schuld? Gilt nur für Verlierer.
Das Häßlichste am Atheismus ist seine zunehmende Kleinbürgerlich- wie schon Prolligkeit.
Nichts ist und tut so ungut wie der Vergleich. Egal wie er ausfällt.
Fühllerei: die Völlerei des Herzens.
Die Liebe zum Detail sollte oft genug durch eine Liebe zum Delta ersetzt werden.
Die Notwendigkeit kennt keine Sünde.
Wer noch nie betrogen hat, ist ein Betrüger ex katexochen, weil er sich selbst betrügt.
Die Zeit aast, rast, fast und gast. Ein Leichnam ist’s, aufgetrieben im Raum und an seiner Oberfläche verfaulend.
Der Mensch schielt nach dem Leben und erblindet.
Geist heißt immer auch das Undenkbare zu (be)denken.
Nichts, das man tötet, ist jemals tot.
Wo kein Geist ist, ist auch kein Unterschied.
Geistigkeit meint immer auch Verschellen.
Erst hat es geheißen Männer dächten zweihundert Mal am Tag an Sex. Nun war zu lesen Männer lögen zweihundert Mal am Tag. Unterm Strich heißt das dann womöglich Männer lügen nie?
Tod: ein Spannungsabfall, der von den Akkumulatoren des Geistes, mag man sie Gottvater, Gottsohn, Teufel oder Seele nennen, zeitlos „überbrückt“ oder besser ausgepuffert wird. Der Widerstand spielt daher freilich keine kleine Rolle.
Der Teufel ist kindisch wie schon der Glaube an ihn und auf seine Weise kreativ wie es Kinder nun schlimmerenfalls nur einmal sind.
Ein guter Aphorismus muß wie ein weißes Loch sein.
Nichts treibt mehr ab als mangelnder Antrieb.
Das Chaos hat keine Angeln.
Das Original erkennt man an seinen Brüchen, die Fälschung an deren Fehlen.
Sanftheit ist ein Luxus, der sich nur bei einem sehr großen Geist oder einer sehr großen Seele findet.
Ausnahme: schönste Form des Nehmens.
Die Zeit tingiert unsere Wahrnehmung, verändert sie. Der bloß „ewige“ Blick ruht zur Unzeit auf dem Menschen. Seine Sprache heißt Tod.
Die Liebe hat kein Gesicht. Manet res.
Das Schöne am Weichzeichner ist, daß er Platz für Illusionen läßt.
Manchmal muß man das Leben aufs Spiel setzen, um es noch zu fühlen.
Wo der Geist verschlammt, bleibt nur Angst und Liebe.
Selbst Selbstmorde haben ihre Fallhöhe. Am armseligsten sind sie, wenn sie sich als Rache an den Lebenden entpuppen.
Gutmütigkeit: solange ausgenutzt werden bis man seinen guten Mut verloren hat. Geht meist nahtlos in Kleinmütigkeit über.