Otto Weiß Zitate
seite 4
Friedhofsbetrachtung: Kein Mensch verfehlt seine Bestimmung.
Zwei Definitionen: „Interessant“ ist das, was viele langweilt – und „langweilig“ das, was viele interessiert.
Das Leben beseitigt manchen Fehler der Erziehung – und manchen Vorzug der Erziehung.
Etwas Lächerliches tun ist bisweilen das einzige Mittel, um nicht ausgelacht zu werden.
Der männliche Händedruck, der einer jüngeren Dame gilt, darf höchstens eine Viertelstunde währen.
Seufzend sagt ein Logiker: „’s ist leichter zu widerlegen als zu überzeugen!“
So gern polemisiert manch friedliebender Schriftsteller! Ursache: Nicht sein Charakter, sein Talent ist streitsüchtig.
Durch besondere Protektion erhielt schon mancher eine überaus günstige Gelegenheit, sich öffentlich zu blamieren.
So viele glauben, an Gott zu glauben!
Die Frau als Ergänzung des Mannes? – ja! – als seine Konkurrentin? – nein!
Mancher Verlust wird nicht eher verschmerzt, bis er nicht größer geworden.
Oft schmerzt uns, wenn wir betrogen wurden, noch mehr die Demütigung als der Verlust.
Die Menschen hätten noch nie ein Wort über Moral gehört, wenn nur jene darüber sprechen dürften, die moralisch vollkommen sind.
Eine unerschöpfliche Quelle menschlichen Vergnügens ist – das menschliche Mißvergnügen.
Mancher „gesteht alles“ – indem er leugnet, noch ehe man ihn beschuldigt.
Einem Journalisten applaudieren oft Tausende, ohne daß er es hört.
Zornig rief der Moralist aus; Mit der Faust möchte man auf den Tisch schlagen, wenn man bedenkt, wie viele Menschen in dieser Welt unverdiente Selbstachtung genießen!
Eine Frau, die liebt, ist nicht emanzipationsbedürftig.
Satirikern wird es sehr verübelt, daß die Welt so beschaffen ist, wie sie sie schildern.
Ein Kaufmann: Solang man jung ist, schenkt man dem Leben großen Kredit; später jedoch, da kommt der Bankrott; dann sind wir froh, wenn das Schicksal sich mit uns auf 30 Prozent ausgleicht.
Sie finden’s doch natürlicher, daß jemand Ihnen antipathisch ist, als daß Sie ihm antipathisch sind – nicht wahr? Sehen Sie, so geht mir’s auch!
Die vielen Bäume und die wenigen Menschen – die machen denn Wald so schön.
Ein Wohlbekannter sagte: Die Not eines Menschen ist nicht da, um gemildert, sondern um ausgenutzt zu werden.
Mehr Schriftsteller, als man glaubt, müssen das schreiben, was Frau und Kinder ihnen in die Feder diktieren.
So nahe ist man gelegentlich daran, etwas Vernünftiges zu tun! Aber… man überlegt reiflich… und unterläßt es.
Lieben heißt, einander bedürfen – einander bedürfen, heißt noch nicht lieben.
Die Wissenschaft ist frei von Unfehlbarkeitsdünkel; darin unterscheidet sie sich von vielen Gelehrten.
Es gibt Denker, denen ein System fehlt – und Systeme, denen ein Denker fehlt.
Mancher verkauft seine Gesinnungen so billig – daß die Welt ihn verachtet.
Dank fordern für längst erwiesene Dienste?… Erpressung!…
So geht es vielen: Sie flüchten immer wieder in jene ideale Welt, aus der sie immer wieder hinausgeworfen werden.
Im öffentlichen Leben treten viele auf mit einem Gemisch von Bescheidenheit und Keckheit: keck in ihrer Haltung, bescheiden in ihren Leistungen.
Eine Bonne (Kindermädchen): Im Kindesalter sind die Menschen oft so unausstehlich – als wäre sie bereits erwachsen.
Gar viele sind stolz darauf, sich zu einer Religion zu bekennen, deren Gebote sie nicht befolgen.
Eine Frage direkt beantworten?… Gewisse Leute bringt man nie dazu!…
Aehnlichkeiten zwischen Bureaukraten und vielen Schriftstellern: Statt zu denken, schreiben sie.
Ein Seifenfabrikant: Oft wäscht eine Hand die andre so lange, bis beide schmutzig sind.
Wenn man sie nicht für das hält, was sie sind – das schmeichelt so vielen!
Die Natur verlieh allen Menschen die Gabe, sich in wichtigen Dingen zu verrechnen.
Ausspruch eines Ministers: Man darf Reformen nicht überstürzen; viel mehr muß man der Regierung Zeit lassen, das, was sie versprach, auch zu vergessen.
Unglücklich will manche Frau um jeden Preis scheinen – und bedauert man sie dann – so ist sie ganz glücklich!
Was den Laien oft vom Fachmann unterscheidet: er hat nicht gleich diesem die nötigen Theoretischen Kenntnisse, um seine schiefen Urteile zu begründen.
Täglich kann man es beobachten: Die Wahrheit tritt nirgends schüchterner auf als vor Leuten, die Geld und Einfuß haben.
Ich gehöre zu jenen, die mehr Respekt haben vor den ältesten Wahrheiten als vor den neuesten Irrtümern.
Dringendst bittet einer um Bedenkzeit – warum? – weil sein Entschluß schon gefaßt ist.
Es gibt öffentliche Krankheitsberichte, die so lange günstig lauten, bis der Patient stirbt.
„Alte Erfahrungen“ nennt man jene, die immer neu gemacht werden müssen.
Ort, Zeit und Umstände entscheiden darüber, ob ein Vorzug ein Fehler oder ein Fehler ein Vorzug ist.
Unbedingt traut nur der seiner Menschenkenntnis, der keine hat.
Ein gewandter Redner, der muß auch, wenn die Situation es erfordert – stottern können.