Otto von Leixner Zitate
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Wer sich in sich selbst verliebt, Den faßt noch einmal bitt’re Reue: Das Ich nimmt alles, was man gibt, Doch kennt’s nicht Dank noch Treue.
In Zeiten der Begeisterung für das Vaterland zu sterben ist leichter, als in den nüchternen Tagen dafür zu leben mit Gedanken, Wort und Tat.
Den „ersten Schritt“ auf einer gefährlichen Bahn geht, schon den nächsten stürzt man.
Mancher reichbegabte Mensch geht zu Grunde, weil ihm eins fehlt: Pflichtgefühl.
Wohltaten von Menschen anzunehmen, mit denen man geistig und herzlich übereinstimmt, bedrückt nicht, aber solche annehmen zu müssen, wenn des Gebers Weltansicht der unsrigen durchaus widerspricht, das demütigt uns vor uns selber.
Wer sich gehen läßt, wird niemals frei. Flügel gewinnt, wer sich bindet.
Heute ist es eine Hauptpflicht des echten Mannes, von den Strömungen des Tages sich unbeeinflußt zu erhalten. Das kann er aber nur, wenn er sich, soweit es geht, von dem Sippenwesen fern hält.
Wenn dich hundert Menschen getäuscht haben – das heißt, du dich in ihnen getäuscht hast – so mißtraue dennoch nicht dem hundertersten. Denn seine Liebe kann dich für alles Leid reich entschädigen.
Zürne nicht den Traumbildern deiner Jugend, die sich so rasch im Nebel auflösen. Gedenk: du warst glücklich, als du träumtest. Und auch als Erwachter kannst du es werden, wenn du dein Selbst gewinnst, das deiner im Innern still und geduldig harrt.
Die großen Toten können dem Schicksal nicht entgehen, daß sich ihnen drei Menschenarten an die Fersen heften; Verklärer, Erklärer und Zerklärer.
Das schleichendste, aber tödlichste Gift für den Charakter ist die Selbstliebe, denn sie unterwühlt die sittliche Persönlichkeit und bringt sie unfehlbar zum Fall.
Es ist leicht, über alles zu schreiben, wenn man es zu vermeiden weiß, über irgend etwas zu denken.
Aus Büchern kann niemand weise werden, und hätte auch ein Weiser sie geschrieben. Solange er liest, ist das Licht des andern für ihn nur Schwingung des Äthers. Erst wenn es lebt und lebend seinem Wesen gemäß umbildet, beginnt es zu leuchten und zu erwärmen.
Zum Teil leben wir, zum andern Teil werden wir gelebt von einem Verborgenen in uns. Strebe jeder nach Kräften, daß es das Beste seines Wesens sei, von dem er sich erleben läßt. Dann erst wird er in höherem Sinne frei leben.
Wirklichkeit und Ideal Die plumpe Wirklichkeit aufs Ideal zu hetzen, Das heißt die Kunst im tiefsten Kern verletzen.
Willst du frohe Stunden haben, bereite sie andern. Aber nicht alle Kraft sollen wir im Dienst der andern verwenden; wir haben auch Pflichten gegenüber uns selbst. Diese müssen wir erhalten, nur das Ich dürfen und sollen wir opfern.
Wer lügt, spinnt sich in ein Gewebe ein, das scheinbar von einem Hauche zerrissen werden kann. Aber ehe er es merkt, können die Spinnweben zu einem Netze eiserner Stäbe werden, das ihn von allen Seiten gefangen hält.
Die Leidenschaften können sich an die geringsten Dinge knüpfen. Ich kenne zwei Männer, die sich grimmig hassen, weil der eine für die Herrschaft der lateinischen Schrift eintritt, die der andere bekämft.
Des Weibes Krone Des Frauenherzens schönste Blüte, Des Weibes Krone ist die Güte.
Ein edler Feind, der dich Im Zorne hat geschlagen, Der wird sein lebenlang In sich die Wunde tragen.
Das Ich Der Eingang zu der Herzenspforte Ist leider nur ganz schmal und klein, Bis an sie führen weise Worte, Eintreten müssen wir allein.
Es gibt eins, von dem man um so weniger besitzt, je mehr man davon andern raubt: Ehre.
Jede treu erfüllte Pflicht, mag sie uns auch noch so verhaßt sein, ist ein Mittel der sittlichen Selbsterziehung.
Die Menschenkenntnis, die man bei einem Volke errungen hat, darf man nicht ohne weiteres auf die Mitglieder eines zweiten übertragen.
Man erkennt nur mit ruhigem Verstande. Fühlen aber wird man nur mit bewegtem Herzen. Darum handelt man oft so ganz anders, als man denkt.
Du willst mit nüchternem Verstand das Göttliche beweisen? Das heißt, nach einem Fabelland auf Eisenbahnen reisen.
Es gibt Menschen, welche die unglückliche Begabung besitzen, alles, was kommen soll, mit der Phantasie schon vorher derartig aufzuessen, daß ihnen die eingetroffene Wirklichkeit als abgenagter Knochen erscheint.
Es mag Propheten gegeben haben, an die, außer ihnen selbst, niemand glaubte. Heute aber gibt es kleine flaumbärtige „Erlöser“, die im geheimen nicht einmal an sich selbst glauben und dann empört sind, daß andere nicht offen für sie eintreten.
Es ist unzweifelhaft, daß höchstgesteigerter Kunstgeschmack mit tiefster sittlicher Verderbtnis sich verträgt. Diese Tatsache sollte allen zu denken geben, die da glauben, daß ein Volk in seiner Gesamtheit durch Kunst auf eine höhere Stufe sittlicher Bildung gehoben werden kann.
Zwiefaches Recht Wer unvergolten das Unrecht läßt, Das er von andern hat erlitten, Hat oft sich zwiefach Recht erstritten.
Die nächsten Menschen sind uns oft die fernsten. Wir müssen dann die Tatsache vergessen, um dennoch ohne Nähe der Herzen Pflichten der Liebe erfüllen zu können. Aber auch das Vergessen muß man wollen – von selber gelingt es nicht.
Ein Herz ist kein Gasthaus, in dem man nach Belieben ein- und ausziehen kann. Wer ein Herz verläßt, in dem er Wohnung hatte, der darf sich nicht wundern, es verschlossen zu finden, wenn er wieder einziehen möchte, weil er obdachlos ist.
Menschen von innerlich rohem Wesen haben oft ein merkwürdig feines Gefühl für die geistige Überlegenheit edler Naturen. Sie werden dadurch selbst gedemütigt und vergelten diese Kränkung meist mit unversöhnlichem Haß.
Menschen von lebhaftem Geist darf man nie nur nach ihren Worten beurteilen. Oft reizt es sie nur, ihre Kraft zu üben, und sie führen einen Gedanken aus, oder verteidigen eine Meinung, denen ihr Gemüt die Zustimmung versagt.
Die Jugend jeder Zeit verspottet gar vieles, was sie, zur Mannheit gelangt, achten und verehren wird; und sie bewundert, worüber sie einst lächeln wird.
Trau niemals einem Menschen, der sich die Haare färbt. Er färbt auch seine Gefühle.
Die komischste Gattung von Demokraten ist jene, die Wagen und Bediente hält, immer über den „Druck von oben“ schreit, und sich jetzt unbehaglich fühlt und empört zeigt, weil der „Druck von unten“ sich bemerkbar macht. Die Geschichte unsrer Zeit ist reich an solchen Zügen dämonischen Humors.
Das Verständige von heute ist oft das Törichte von morgen – und umgekehrt. Das lehrt uns: kriech weder vor den Tageswahrheiten noch verachte die Torheiten des Tages, sondern betrachte beides mit Ruhe.
Dem Erregten erscheint der Ruhige stets herzlos. Und doch kann dieser tiefer fühlen und besser denken.
Morgen ist auch noch ein Tag! Gewiß, aber vielleicht ist der heutige dein letzter.
Wer mit reinem Herzen einen Irrtum verficht, ist achtungswert. Aber er wird dadurch nicht minder gefährlich. Sein Wort kann Hunderte verführen, den Irrtum mit unreinem Wollen in die Wirklichkeit zu übertragen.
Der verneinende scheulose Witz ist der Vorläufer der rohen Gewalt.
Auch gutherzige Menschen haben bisweilen die Neigung zu boshaftem Witz. Um nicht wehe zu tun, verschlucken sie ihn. Ein Glück, wenn sie Schriftsteller sind, da können sie doch die Teufelchen aus sich herausschaffen.
Willst du wahrhaft Menschenkenner werden, so mußt du dich zur Ichlosigkeit erziehen. Wer noch für sich begehrt, erkennt nicht in Wahrheit. Die Menschenkenntnis des Selbstlings, der Schwächen anderer auffindet und benutzt, erstreckt sich niemals oder doch nur sehr selten auf das innerste Wesen.
Geldmenschen verzeihen dir alles, nur eines nicht: Mangel an Demut vor dem Geldsack.
Hüte dich vor Männern, die stets in der bedingten Form mit „könnte sein“, „dürfte“ und „vielleicht“ sprechen. Es kann ja aus Bescheidenheit stammen, oder auch aus Feigheit. Diese aber ist stets der Gegensatz zu allem, was als männlich gilt.
Selbstbeherrschung bezeichnet nicht, daß beherrscht werde das Selbst, sondern daß es selber herrscht und das Ich dient.
Der Durchschnittsmensch wird durch alle Erfahrungen nicht weise, sondern bestenfalls vorsichtig.
Wie mitleidlos sind oft die mitleidigen Seelen! Sie können über einen toten Kanarienvogel oder kranken Hund weinen und im nächsten Augenblick kalt und überlegend einen Mitmenschen ins tiefste Herz verwunden.
Gutes erfährst du im Gespräche mit lieben guten Menschen; das Beste in offener Zwiesprache mit deinem Selbst. Vergiß über dem Guten nicht das Beste, über dem Besten nicht das Gute.