Oscar Blumenthal Zitate
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Wir alle tun in Acht und Bann als Grobian den dreisten Mann, der sich vermisst, von unsern Schwächen das Nämliche schon heut‘ zu sprechen, was wir nach einer Flucht von Tagen uns heimlich selbst darüber sagen.
Es gibt Genies, die mit ganz geringen Veruntreuungen aus der Portokasse begonnen haben; aber schon nach wenigen Jahren konnte man ihnen die Verschleierung der größten Jahresbilanz anvertrauen.
All deine poetischen Siebensachen, ich schätze sie nicht ein Pfifferlein. Nicht sollen die Frauen Gedichte machen, sie sollen versuchen, Gedichte zu sein.
Unter all meinen Freunden und Weggenossen fand ich noch jeden froh entschlossen, des andern Weisheit zu verlachen und seine Torheit nachzumachen.
Wenn Unglück durch die Welt gewittert und in den Tiefen uns erschüttert – dem Pessimisten bleibt die Freude: Es fügt sich in sein Lehrgebäude.
Die verdrossenen Grübler rechten: Jeder Tag liegt zwischen zwei Nächten. Doch die heiteren Weltkinder sagen: Jede Nacht liegt zwischen zwei Tagen.
Sein Tod hat eine fühlbare Lücke in der Kasse aller seiner Freunde zurückgelassen.
Es bildet sich der Glaubenssatz allmählich: Der liebe Gott ist todt – Gott hab‘ ihn selig!
Die Grabsteine der Tugend werden gewöhnlich beim Juwelier gekauft.
Ein Räthsel ist das Menschensein, Kein Grübler denkt es aus: Jung lebt in Freuden man hinein, Aus Schmerzen alt hinaus!
Du willst bei Fachgenossen gelten? Das ist verlorene Liebesmüh. Was dir missglückt, verzeihn sie selten, was dir gelingt, verzeihn sie nie!
Die Zuhörer im Theater sind einem Autor niemals dankbarer, als wenn er ihnen Grobheiten sagt – denn er kann nur ihre Nachbarn gemeint haben.
Die Fähigkeit, auf welche die Menschen den meisten Wert legen, ist die Zahlungsfähigkeit.
Nur der wird einst von allen Wunden der lieben Eitelkeit geheilt, der manchmal, in verschämten Stunden, die Ansicht seiner Gegner teilt.
Es gibt Gesellschaftskreise, in denen man nicht fragt, wieviel einer gestohlen hat, sondern wieviel er von dem Gestohlenen noch hat.
Ein kluger Entschluss reift unverhofft, blitzschnell und ohne Erwägung, doch Dummheiten machen wir allzu oft nach reiflichster Überlegung.
Bei Dramen, in mystischen Nebel getaucht, erkennt man mit Staunen und Lachen: wie viele Wörter manch einer so braucht, um sich unverständlich zu machen.
Nur Arbeit hebt dich sanft hinweg Aus dumpfem Weltverneinen; Sie gibt der Stunde einen Zweck, Hat auch das Leben keinen.
Redt einer schlecht von dir – sei’s ihm erlaubt, doch du, du lebe so, daß keiner es ihm glaubt.
Willst du gewinnen der Menschen Gunst, so mußt du lernen die saure Kunst, zu sprechen stets mit feiner List, wie andern der Schnabel gewachsen ist.
Seitdem bei Schiller ist zu lesen, Verstand ist stets bei wen’gen nur gewesen, Glaubt die Menge wahnbethört, Daß sie zur Minderheit gehört.
Das Gestern tiefgründig überdenken, aufs Morgen behutsame Pläne lenken – das ist das Mittel der sinnreichen Leute, um zu verschwenden den Reichtum des Heute.
Ach, selbst das weiseste Sprichwort irrt: Nicht alles ist Gold, was geschwiegen wird!
Wer nie in der Jugend Gewitterdrang über jedes trennende Gitter sprang, wer nie in sünd’gem Verlangen gebebt hat und immer nur nach Erlaubtem gestrebt hat, dem schmücke das Wams mit Orden und Tressen, doch sag ihm, er habe zu leben vergessen.
Ein wichtiger Zusammenhang Form ohne Gehalt bezwingt nicht: Es klingelt, aber es klingt nicht.
Ich kenne eurer Weisheit bittern Kern, und doch-ich kann den Wahn nicht meiden. Ich lebe einmal für mein Leben gern und kann das Sterben auf den Tod nicht leiden.
Nur unbewußte Freude ist von trüben Wolken frei; denn wer die Schatten nur vermißt, der ruft sie schon herbei.
Der Wunsch, eine zweite Million zu gewinnen, kostet sehr häufig den Besitz der ersten.
Das ist ein häßliches Gebrechen, wenn Menschen wie die Bücher sprechen. Doch reich und fruchtbar sind für jeden die Bücher, die wie Menschen reden.
Wer sprechen will und wagt es nicht, wer heimlich seufzt und sagt es nicht, ein Mädchen liebt und küßt es nicht, der heißt ein Mann und ist es nicht.
Bei der Moral gibt’s kein Verhältnis, und bei einem Verhältnis keine Moral.
Psychologen: die Spione unserer Empfindungen.
Ihr scheltet auf der Frauen Mängel, Und dennoch herrscht das schöne Weib. Was ist die Frau? Sie ist ein Engel, Der nur den Teufel hat im Leib.
Zur Wiege, – nicht zum Grabe, wo alles schon erreicht – gehört des Wunsches Gabe: Die Erde sei dir leicht!
Das praktische Jahrhundert Wo lodert noch im Herzen wilder Brand?! Nur lind und lauwarm rieseln unsre Triebe; Verlor man sonst aus Liebe den Verstand, Verliert man heute aus Verstand die Liebe.
Das ist ein Jagen auf dieser Erden nach Rang und Würden und gleißendem Schein… im hitzigen Fieber, etwas zu werden, versäumen die Toren etwas zu sein.
Von allen Fähigkeiten steht in aller Welt die Zahlungsfähigkeit ganz obenan.
Unendlich innig war ihr Kuß Und glutvoll ihr Umfassen; Sie hat unendlich mich geliebt… Und endlich – mich verlassen.
Wenn ganz ohne Sorgen die Tage verschweben, das ist ein hohles, ein halbes Leben, doch glücklich ist der begnadete Mann, der seine Sorgen sich wählen kann.
Der Misserfolg hat einen Segen, der mir verklärt den trübsten Tag: Er macht uns beliebter bei den Kollegen, als ein Erfolg es je vermag.
Wer immer nach dem Nutzen strebt, der glaubt wohl, daß er ewig lebt. Sonst würd‘ er vor der Frage stutzen: Am letzten Tag, wo bleibt der Nutzen?
Von unserem Zorn gehen Röntgenstrahlen aus, die unser ganzes Wesen plötzlich durchsichtig machen.
Soll ich dein tiefstes Wesen klar erkennen, so mußt du redlich mir zwei Dinge nennen: Nicht bloß den Zeitpunkt deines Tatendrangs – nein, auch den Inhalt deines Müßiggangs.
Wagner gleicht Beethoven? – Mit Verlaub, Ein Unterschied bleibt, ein schwerer: Bei Beethoven war der Musiker taub, Bei Wagner werden’s die Hörer.
Ein gelehrter Kopf redet auch nach dem Tode.
Es gibt Menschen, denen der dauernde Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte eine liebgewordene Gewohnheit ist.
Kein Tagedieb wird überdrüssig, sich abzuhasten um ein Nichts: Sie gehn ein ganzes Leben müßig im Schweiße ihres Angesichts.
Geselligkeit ist die Kunst, den Umgang mit sich selbst zu verlernen.
Wer eine glückliche Ehe führen will, muß vom ersten Tage an den mannhaften Entschluß fassen, bei allen Streitfragen mit unerbittlicher Energie auf dem Willen seiner Frau zu bestehen.
Bei Opern macht oft gleichen Kummer Das Tonwerk wie das Textgedicht: Die Dichtung reizt die Lust zum Schlummer, Doch die Musik erlaubt ihn nicht.