Novalis Zitate
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Wenn der Geist heiligt, so ist jedes echte Buch Bibel.
Wenn ein Geist stirbt, wird er Mensch. Wenn der Mensch stirbt, wird er Geist. Freier Tod des Geistes, freier Tod des Menschen.
Jeder Mensch sollte Künstler sein. Alles kann zur schönen Kunst werden.
Buchstaben sind geistige Münzen – Chiffren.
Die ganze Mathematik ist eigentlich eine Gleichung im großen für die andern Wissenschaften.
Praktische Vernunft ist reine Einbildungskraft.
Ein Kind ist eine sichtbar gewordene Liebe.
Hier ist Amerika oder Nirgends.
Von der öffentlichen Gesinnung hängt das Betragen des Staates ab. Veredlung dieser Gesinnung ist die einzige Basis der echten Staatsreform.
Sollte es nicht auch drüben einen Tod geben, dessen Resultat irdische Geburt wäre? Wenn ein Geist stirbt, wird er Mensch. Wenn der Mensch stirbt, wird er Geist.
Ein liebendes Herz sättigt den strebenden Geist.
Die Phantasie setzt die künftige Welt entweder in die Höhe, oder in die Tiefe, oder in der Metempsychose (Seelenwanderung) zu uns.
Wir träumen von Reisen durch das Weltall: ist denn das Weltall nicht in uns? Die Tiefen unsers Geistes kennen wir nicht.
Daß jede Sache zwei Seiten hat, ist ein abgedroschener Gemeinplatz, der aber gleich Leben und Neuheit gewinnt, wenn man mit ihm jeden Schritt im alltäglichen Leben mißt und seine Anschaulichkeit bis zu einer Art von Instinkt der Urteilskraft erhöht.
Die Sünde ist der große Reiz für die Liebe der Gottheit. Je sündiger man sich fühlt, desto christlicher ist man.
Lehrjahre im vorzüglichen Sinn sind die Lehrjahre der Kunst zu leben. Durch planmäßig geordnete Versuche lernt man ihre Grundsätze kennen und erhält die Fertigkeit, nach ihnen beliebig zu verfahren.
Alle wahren Verbesserungen sind moralische Verbesserungen, alle wahren Erfindungen moralische Erfindungen.
Frühe Hochzeiten, lange Liebe.
Was bildet den Menschen, als seine Lebensgeschichte. Und so bildet den großartigen Menschen nichts als die Weltgeschichte.
Das Epigramm ist die Zentralmonade der altfranzösischen Literatur und Bildung.
Jeder Mensch hat seine eigene Sprache. Sprache ist Ausdruck des Geistes.
Die gewöhnliche Gegenwart verknüpft Vergangenheit und Zukunft durch Beschränkung. Es entsteht Kontiguität, durch Erstarrung Kristallisation. Es gibt aber eine geistige Gegenwart, die beide durch Auflösung identifiziert, und diese Mischung ist das Element, die Atmosphäre des Dichters.
Durch allzu häufiges Reflektieren auf sich selbst wird der Mensch für sich selbst abgestumpft und verliert den gesunden Sinn für sich selbst.
Doch wichtiger, als wie man spricht, ist, was man tut!
Alle Erinnerung ist Gegenwart.
Jede Krankheit kann man Seelenkrankheit nennen.
Das Leben ist ein moralisches Prinzip.
Glück ist Talent für die Historie, oder das Schicksal.
Die Liebe wirkt magisch.
Alles Mystische ist personell – und mithin eine Elementarvariation des Weltalls.
Jedes Willkürliche, Zufällige, Individuelle kann unser Weltorgan werden. Ein Gesicht, ein Stern, eine Gegend, ein alter Baum usw. kann Epoche in unserm Innern machen. Dies ist der große Realism(us) des Fetischdienstes.
Vielen wahren Büchern geht es wie den Goldklumpen in Irland: sie dienen lange Jahre nur als Gewichte.
Eheleute müssen eine Art von Mischung der Selbständigkeit und Unselbständigkeit haben. Sie müssen festen Charakter, als Sachen, haben, um ein Besitztum sein zu können, und doch geschmeidig, elastisch und durchaus bestimmt sein, ohne eigensinnig und ängstlich zu sein.
Auf alles, was der Mensch sich vornimmt, muß er seine ungeteilte Aufmerksamkeit oder sein Ich richten.
Man betrachte nur die Liebe. Nirgends wird wohl die Notwendigkeit der Poesie zum Bestandteil der Menschheit so klar als in ihr. Die Liebe ist stumm, nur die Poesie kann für sie sprechen.
Grober Eigennutz ist das notwendige Resultat armseliger Beschränktheit.
Denken ist eine Muskelbewegung.
Wenn der Mensch nicht weiter kommen kann, so hilft er sich mit einem Machtspruch oder einer Machthandlung – einem raschen Entschluß.
Wir werden die Welt verstehn, wenn wir uns selbst verstehn, weil wir und sie integrante Hälften sind.
Soll nicht kindliche unbefangene Einfalt sicherer den richtigen Weg durch das Labyrinth der hiesigen Begebenheiten treffen als die durch Rücksicht auf eigenen Vorteil irregeleitete und gehemmte, von der unerschöpflichen Zahl neuer Zufälle und Verwickelungen geblendete Klugheit?
Tadle nichts Menschliches. Alles ist gut, nur nicht überall, nur nicht immer, nur nicht für alle.
Ein einstürzender Thron ist wie ein fallender Berg, der die Ebene zerschmettert, und da Ruinen und ein totes Meer hinterläßt, wo sonst fruchtbares Land und lustige Wohnstätte war.
Die Zeit ist nicht mehr, wo der Geist Gottes verständlich war. Der Sinn der Welt ist verloren gegangen. Wir sind beim Buchstaben stehngeblieben. Wir haben das Erscheinende über der Erscheinung verloren.
Das gemeinschaftliche Essen ist eine sinnbildliche Handlung der Vereinigung.
Die Menschen gehen viel zu nachlässig mit ihren Erinnerungen um.
Trägt nicht alles, was uns begeistert, die Farben der Nacht?
Ein Charakter ist ein vollständig gebildeter Wille.
Kinder sind Hoffnungen, Mädchen sind Bitten und Wünsche.
Angst schadet – Mut stärkt.
Der echte Ausdruck macht die klare Idee. Sobald man nur die rechten Namen hat, so hat man die Ideen mit.