Nicolas Chamfort Zitate
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Die Frauen scheinen eine Hirnwindung weniger, eine Herzensfaser mehr zu haben als die Männer.
Ob Geben seliger sei denn Nehmen, lasse ich dahingestellt. Zweifellos aber ist es dauerhafter denn Nehmen: Man erinnert sich allzeit daran.
Starrköpfigkeit repräsentiert den Charakter ungefähr so wie das Temperament die Liebe.
Ein Schriftsteller, sagte Diderot, kann eine Geliebte haben, die Bücher schreibt, aber seine Frau muß Hemden nähen können.
Genießen und genießen lassen, ohne sich noch sonst jemandem zu schaden – das ist die ganze Moral.
Das altmodische Wort Zufriedenheit mit sich und der Welt ist, trotz allem Fortschrittsglauben, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, der Schlüssel zum Geheimnis des Glücks.
Das Leben ist eine Krankheit, von der wir uns alle 16 Stunden durch den Schlaf erholen. Der Schlaf ist das Linderungsmittel, der Tod das Heilmittel.
Wir haben alles getan, was wir schuldig sind, aber alles, was wir getan haben, sind wir schuldig.
Ein anständiger Mann muß die öffentliche Achtung besitzen, ohne daran zu denken und, sozusagen, ohne sein Zutun. Wer sie gesucht hat, hat ihren Umfang selbst bestimmt.
Ich scheide endlich aus dieser Welt, wo das Herz entweder zerbrechen oder zu Erz werden muss.
Das Ohr und der Geist kennen Wiederholungen, das Herz nicht.
Wenn du deinen Nächsten lieben sollst wie dich selbst, dann ist es nur angemessen, daß du dich selbst liebst wie deinen Nächsten.
Gespräche gleichen den Reisen die man zu Wasser macht: man entfernt sich vom festen Land fast ohne es gewahr zu werden und man merkt erst dann, dass man sich vom Ufer entfernt hat, wenn man schon weit weg ist.
Die Vernünftigen halten bloß durch, die Leidenschaftlichen leben.
Manche Dirne findet Gelegenheit, sich zu verkaufen, und fände keine, sich zu verschenken.
Man sagt gewöhnlich: „Die schönste Frau der Welt kann nichts anderes geben als sie hat.“ Das ist sehr falsch: sie gibt genau das, was man zu erhalten glaubt, denn in diesen Dingen ist’s die Einbildung, welche den Preis für das, was man erhält, bestimmt.
Man kann unmöglich in der Welt leben, ohne von Zeit zu Zeit Komödie zu spielen: es nur im Notfall zu tun, unterscheidet den anständigen vom unanständigen Menschen.
Die Mehrzahl der Adeligen erinnert an ihre Vorfahren, wie ein italienischer Cicerone an Cicero erinnert.
Edelmut ist nur das Mitleid vornehmer Seelen.
Was den Verkehr zwischen Mann und Frau so anregend macht, das sind die zahlreichen Nebengedanken, die zwischen Männern als störend und geschmacklos, zwischen Mann und Weib als angenehm empfunden werden.
Es gibt manche kleine Fehler, die uns vor wesentlich größeren Lastern bewahren.
Es gibt Menschen, die so traurig sind, als ob sie alles wüßten.
Revolutionen mit Rosenwasser sind nicht möglich.
Es gibt eine Melancholie, die mit der Größe des Geistes zusammenhängt.
Die absurdesten Gewohnheiten gehen unter dem Wort: Es ist so der Brauch. Das ist genau dasselbe Wort, womit die Hottentotten antworteten, wenn die Europäer sie fragten, warum sie Heuschrecken essen und das Ungeziefer, womit sie bedeckt sind, verschlingen. Sie sagten auch: So ist der Brauch.
Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen.
Takt ist der auf das Benehmen angewandte gute Geschmack.
Menschen, die man nur halb kennt, kennt man überhaupt nicht.
Der Anspruchsvolle ist in der Einsamkeit glücklicher als in Gesellschaft. Dort kann man an die Dinge und Probleme denken, hier muß man sich mit Menschen beschäftigen.
Man sollte mehr handeln, weniger überlegen und sich nicht selbst beim Leben zuschauen.
Ehrgeiz fängt die kleinen Seelen leichter als die großen, wie Stroh und Hütten leichter Feuer fangen als Paläste.
In der Liebe genügt es, einander durch seine liebenswürdigen Eigenschaften und durch seine Annehmlichkeiten zu gefallen; in der Ehe aber muß man, um glücklich zu sein, an einander seine Fehler lieben, oder wenigstens sich ihnen anpassen.
Nichts ist schwerer als eine triviale Ansicht oder eine eingebürgerte Redensart zu Fall zu bringen.
Es gibt gut eingekleidete Dummheiten, wie es sehr gut angezogene Dummköpfe gibt.
Man liebt umso weniger, je mehr man urteilt.
Die anspruchsvolle Überlegenheit eines Menschen wird zu nichts, wenn man sie nicht anerkennt. Oft genügt schon, daß man sie nicht bemerkt.
Die Einbildungskraft, die Illusionen hervorbringt, ist wie ein Rosenstrauch, der in jeder Jahreszeit Rosen erblühen läßt.
Die Welt ist so verächtlich, daß die wenigen anständigen Leute einen achten, wenn man ihr mit Verachtung gegenübersteht.
Mit dem Werte des Menschen ist es wie mit den Diamanten, die bei einer gewissen Größe, Reinheit und Vollkommenheit ihren festen und bestimmten Preis haben, darüber hinaus aber unschätzbar sind und keine Käufer finden.
War man viel geplagt, ermüdet durch seine eigenen Empfindungen, so merkt man, daß man in den Tag hinein leben muß, viel vergessen, das Leben auspressen in dem Maß, als es verfließt.
Man stellte M. eine Frage, worauf er erwiderte: „Das gehört zu den Sachen, die ich sehr gut weiß, wenn mich niemand danach frägt, und die ich vergesse, wenn man mir davon spricht.“
Die Ehe kommt nach der Liebe, wie der Rauch nach der Flamme.
Der Mensch kann nach Tugend streben, aber nicht ernstlich glauben, die Wahrheit zu finden.
M. sagte: Christ zu sein, daraus mache ich mir nichts; aber ich würde mich nicht ärgern, an Gott zu glauben.
Die Ehescheidung ist so natürlich, daß sie in nicht wenigen Familien jede Nacht zwischen den Ehegatten schläft.
Charakterschwäche und geistige Leere, mit einem Wort alles, was uns hindert, mit uns selbst allein zu sein, bewahrt viele Menschen vor dem Menschenhaß.
Wenige Wohltäter, die nicht wie Satan sagten: ‚Si cadens adoraveris me.‘ (So du niederfällst und mich anbetest).
Was ist eine Geliebte? Eine Frau, bei der man alles vergißt, was man sonst auswendig weiß, das heißt alle Fehler ihres Geschlechts.
Es ist ein großes Unglück, wenn wir durch unsern Charakter die Rechte verlieren, die uns unsere Talente über die Gesellschaft geben.
Einer der besten Gründe, sich niemals zu verheiraten: man ist nicht ganz der Narr der Frau, solange sie nicht die unsere ist.