Michel de Montaigne Zitate
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Unsere freie Entscheidung kann sich kein Ziel setzen, das ihr so wohl ansteht als Zuneigung und Freundschaft.
Wir beklagen uns gern über den gegenwärtigen Zustand; aber ich halte doch dafür, daß es ein Fehler und eine Narrheit ist, in einer Demokratie nach einer Oligarchie oder in einer Monarchie nach einer anderen Regierungsform sich zu sehnen.
Kein potenter Geist ruht in sich; er strebt immer nach etwas und will über seine Grenzen hinaus; bei seinem Aufschwung begnügt er sich nie mit dem Erreichbaren: Er ist nur halb lebendig, wenn er nicht vorstürmt, hastet, sich bäumt, sich stößt und dreht.
Dumme verstehen auch ihre gescheitesten Gedanken nicht.
Ich kann mir Sokrates an der Stelle Alexanders des Großen vorstellen, aber nicht Alexander den Großen an der Stelle Sokrates.
Alle gerechten und berechtigten Vorhaben sind ihrer Natur nach gemäßigt und nicht übertrieben; sonst bleiben sie nicht so, sondern werden meuterisch und gesetzwidrig.
Ich verbessere nur die Fehler, die ich aus Unachtsamkeit begehe, nicht die, welche meiner Art entsprechen.
Wenn ein Mann einer Frau verspricht, sie ewig zu lieben, dann setzt er voraus, daß sie immer liebenswert bleiben wird.
Um seine Kinder braucht sich heutzutage niemand zu sorgen. Wenn sie zu nichts taugen, können sie noch immer in die Politik gehen.
Que sais-je? Was weiß ich denn?
Man mag uns predigen, was man will, mögen wir lernen, was wir wollen, so muß man sich immer erinnern, daß es ein Mensch ist, der gibt, und ein Mensch, der nimmt; es ist eine sterbliche Hand, die gibt, und eine sterbliche, die nimmt.
Ein junger Mann muß seine Gewohnheiten manchmal durchbrechen, um seine Kräfte wach zu halten und um zu vermeiden, daß sie faul und feige werden.
Den eigenen Gedanken nachgehen, das kann, je nach Persönlichkeit, die bequemste oder die anstrengendste Beschäftigung sein, die es gibt. Die größten Seelen machen daraus ihren Lebensinhalt.
Wovor ich mich am meisten fürchte, ist die Furcht.
Die Gesellschaft hat kein Recht auf unsere Gedanken.
Gewiß, ich widerspreche mir zuweilen. Aber der Wahrheit widerspreche ich nie.
Wer gegen sein besseres Wissen für das Gedächtnis eines Fürsten, der kein Lob verdient, eintritt, weil er persönlich ihm zu Dank verpflichtet war, der urteilt parteiisch und nicht wirklich gerecht.
Es gibt zwischen uns und uns selbst soviel Differenz wie zwischen uns und anderen.
Es gibt nur wenige Menschen, die es wagen dürften, ihre geheimen Bitten und Gebete zu Gott öffentlich hören zu lassen.
Das Gespräch ist, meiner Ansicht nach, die lohnendste und natürlichste Übung unseres Geistes: Keine andere Lebensbetätigung macht mir so viel Freude.
Das Leben damit zubringen, Worte zu machen, überlasse man Journalisten.
Der Ort, an dem die Kinder ihren Nutzen ziehen, die Schule, möge auch ihre Vergnügungsstätte sein, man soll ihnen die heilsamen Nährmittel überzuckern und die schädlichen bitter machen.
Möchte mir doch nie ein ander‘ Wort oder andere Redensarten entfahren, als die man in der Residenz auf dem Fischmarkte versteht! Die meisten Personen, mit denen ich umgehe, sprechen wie ein Buch.
Nicht alles ist schmackhaft, was wohl schmeckt.
Venus und Bacchus sind gerne beisammen, wie das Sprichwort sagt. Bei mir ist Venus munterer, wenn sie von der Nüchternheit begleitet ist.
Weisheit ist, die Dinge zu nehmen, wie sie sind… und sich mit dem Unabänderlichen abzufinden.
Das Wichtigste ist, Lust und Liebe zur Sache zu wecken, sonst erzieht man nur gelehrte Esel.
Die Wissenschaft zündet kein Licht im Menschen an, wenn seine Seele keinen Brennstoff hat.
Unser Suchen kann kein Ende finden. Unser Ziel ist in der anderen Welt.
Die Dummheit ist eine böse Eigenschaft. Aber sie nicht ertragen können, sich darüber aufregen und ärgern, ist eine Krankheit anderer Art, die der Dummheit nichts nachsteht und die gerade so unleidlich ist.
Die innere Größe besteht nicht darin, sich möglichst weit nach oben oder nach vorwärts zu recken, sondern darin, sich zu bescheiden und zu beschränken.
In manchen Städten habe ich gefunden: die gute Gesellschaft ist mittelmäßig, aber die schlechte ist vorzüglich.
Man kann häufig genug wahrnehmen, daß gute Absichten die Menschen zu den schlimmsten Taten fortreißen, wenn die Ausführung ohne Mäßigung erfolgt.
Was soll ich mit einem Gut, mit dem ich nichts anfangen kann?
Das bißchen, was äußere Umstände hinzufügen können, das kommt dem wahren Glück gegenüber gar nicht in Betracht. Das trägt jeder still in sich und wärmt sich daran, wenn er sich in der Welt kalte Füße geholt hat.
Das sicherste Anzeichen von Weisheit ist ständige geistige Regsamkeit.
Niemand verteilt sein Geld unter andere, jedermann seine Zeit und sein Leben. Mit nichts in der Welt sind sie so verschwenderisch, als mit diesen Dingen, womit allein zu geizen nützlich und löblich wäre.
Vom Gelde ist zu sagen, was von Caligula gesagt wurde: Es hätte nie einen so guten Sklaven und nie einen so bösen Herrn gegeben wie ihn.
Wenn einer einen wirklich klaren Gedanken hat, kann er ihn auch darstellen.
Raserei und Schlaf sind die beiden Tore, durch die man Eintritt zum Rat der Götter erhält, wo man die Zukunft voraussehen kann.
Ich habe niemals ein schlimmeres Monster oder rätselhafteres Geschöpf als mich selbst erlebt.
Schwachköpfe kehren auch aus Niederlagen ruhmvoll heim.
Das gleiche Ziel wird auf verschiedenen Wegen erreicht.
Von einem Arzt kann man nicht erwarten, daß er Gesunde sympathisch findet.
Überhaupt halten sich ja Gesetze nicht deshalb, weil sie gerecht sind, sondern weil es Gesetze sind. Dies ist die geheimnisvolle Begründung ihrer Gültigkeit; sie haben keine andere.
Die meinigen widersprechende Urteile regen mich nicht auf und beleidigen mich nicht; sie regen mich nur an und setzen mich in Tätigkeit.
Geschäftigkeit ist für eine gewisse Art Leute ein Zeichen von Bedeutung und Würde; ihr Geist sucht seine Ruhe in der Bewegung, wie die Kinder in der Wiege: Sie sind ihren Freunden ebenso zu Diensten wie sich selber zur Last.
Niemand ist so rechtschaffen, daß er, wenn er alle seine Handlungen und Gedanken dem Gesetz unterwürfe, nicht zehnmal hängen müßte.
Das Gemeinschaftsgefühl erkaltet leicht, wenn man zu regelmäßig beisammen ist.
Die meisten Menschen verkennen die natürliche Krankheit ihres Geistes; er sucht nur spürend und bettelnd herum; er dreht sich immer im Kreise und verwickelt sich, wie die Seidenraupen, in das Gespinst, das er sich bildet.