Michel de Montaigne Zitate
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Dein Tod gliedert sich in die Weltordnung ein, er ist ein Stück Leben dieser Welt.
Wer kann den Rezensenten von Neid und Ehrgeiz freisprechen?
Schwierigkeiten geben den Dingen einen größeren Wert.
Wir Bewußten, wir haben es eigentlich noch einmal so schwer. Wir dürfen niemandem wehe tun, weil wir wissen.
Es ist bezeichnend, dass die politische Beredsamkeit im alten Rom am meisten florierte, als es dem Staat am schlechtesten ging.
Mit den Landschaften ist es wie mit den Blumen: Jede fremde dünkt uns als die schönste.
Auch wenn der Mensch versucht, jemand anderen darzustellen, immer wird er sich selbst spielen.
Die Ehe ist wie ein Käfig: man sieht die Vögel draußen verzweifelt flattern, um reinzukommen, und die drinnen wollen mit der gleichen Verzweiflung raus.
Einfach tätig sein, wird unserem Geist so leicht, daß er sogar beim Schlafen weiterarbeitet; aber man muß ihn vorsichtig anstoßen.
Auf den Tod sinnen heißt auf Freiheit sinnen. Wer sterben gelernt hat, versteht das Dienen nicht mehr.
Reden ist nicht dasselbe wie Handeln, man muß bei der Beurteilung die Predigt vom Prediger trennen.
Ich war stets erstaunt, wie Könige so leicht glauben können, es liege alles an ihnen: und wie das Volk leicht bereit ist zu glauben, an ihnen liege nichts.
Gewohnheiten sind der Sieg der Zeit über den Willen.
Nichts in der Welt ist so ungesellig und zugleich so gesellig wie der Mensch, das eine durch seine Laster, das andere durch seine Natur.
Die Natur hat uns frei und ungebunden in die Welt gesetzt; wir kerkern uns ein in ein kleines Stück Land.
Der kluge Mann verliert niemals etwas, solange er sich selbst hat.
Alles wimmelt von Kommentaren; an Autoren aber ist großer Mangel.
Ich habe nichts dagegen, daß der Tod mich bei der Gartenarbeit überrascht, aber er soll mich nicht schrecken; und noch weniger soll es mich traurig machen, daß ich mit dem Garten nicht fertig geworden bin.
Unser großes und ruhmreiches Meisterstück ist es, angemessen zu leben. Alles andere – zu herrschen, Schätze zu bewahren, aufzubauen – sind bestenfalls Anhängsel und Requisite.
Tragt Sorge, daß das Alter euch nicht mehr Runzeln auf die Seele legt, als auf euer Angesicht.
Zu Anfang haben wir unser Tun in der Hand, es ist in unserer Gewalt; aber dann, wenn die Sache läuft, führt sie die Zügel und nimmt uns mit, und wir haben zu folgen.
Ich schildere nicht das Sein, ich schildere das Unterwegs sein; weniger von einem Lebensalter zum anderen als von Tag zu Tag, von Minute zu Minute.
Keine Lage ist so elend, über die man nicht durch tausend Beispiele trösten könnte. Aber es ist einmal unser Fehler, daß wir lieber auf das sehen, was über uns ist, als auf das, was unter uns ist.
Die Menschen geben sich in Miete. Ihre Fähigkeiten gehören nicht ihnen, sondern denen, zu deren Dienst sie sich geben. Diese übliche Art mißfällt mir.
Der allgemeine Irrtum zeugt den Irrtum des Einzelnen, und, seinerseits, schafft den allgemeinen Irrtum.
Die Natur sollte sich damit begnügen, das Alter elend zu machen, ohne es auch noch lächerlich zu machen.
Nicht jeder schön gewichste, sondern jeder wohlgemachte Schuh zeigt die hübsche Bildung des Fußes.
Das Staunen ist die Grundlage aller Philosophie, das Forschen ist ihr Fortschritt, die Unwissenheit ihr Ende. Man kann mit gutem Grund sagen, daß es ABC-schülerhafte Unwissenheit gibt, die dem Wissen vorhergeht, die auf das Wissen folgt, ja die vom Wissen erzeugt und geboren wird.
In der Freundschaft gibt es kein Geschäft und keinen Handel, sie beschäftigt sich ausschließlich mit sich selbst.
Treibt uns der Ehrgeiz zur Einsamkeit? Die Antwort muß lauten: Ja! Denn was ist ihm mehr zuwider als Gemeinsamkeit? Was ist ihm wichtiger als Bewegungsfreiheit?
Es bedarf keiner Veranlassung, um unsern Geist zu beunruhigen, ein Traum ohne Beweggrund und ohne Stoff regiert und erschüttert ihn.
Mein Gewerbe und meine Kunst sind zu leben.
Jeder Mann weiß aus Erfahrung, daß ununterbrochene Gegenwart bei weitem nicht das Vergnügen bereitet, das man bei wechselseitigem Scheiden und wieder Zusammenkommen empfindet.
Die Ehe ist ein Vertrag; nur der erste Anfang ist frei, der Fortbestand wird durch Zwang und Gewalt durchgesetzt.
Ich weiß, daß meine Abneigung gegen Ärzte krankhaft ist. Wenn sie mich aber am Leben erhält?
Mit den wirklich Gebildeten ist es wie mit den Kornähren. Solange sie leer sind, schießen sie hoch auf. Füllen sie sich in der Reife mit Körnern, so neigen sie sich demütig herab.
Das Gute, das zur Schau gestellt wird, ist halb entwertet.
Die Kompliziertheit eines Charakters wächst mit dem feinen Verständnis desselben.
Anmaßung ist unsere eigentliche angeborene Krankheit.
Was das Befehlen betrift, so muß man bedenken, wie unzulänglich menschliches Urteil und wie schwierig die Wahl in neuen und zweifelhaften Angelegenheiten ist. Ich bin daher der Meinung, daß es leichter und erfreulicher ist, zu folgen, als zu leiten.
Wir verlassen uns so vollständig auf die Hilfe von außen, daß unsere eigenen Geisteskräfte verkümmern.
Mancher will sprechen lernen zu einem Zeitpunkt, wo er lernen sollte, endgültig zu schweigen.
Ich kann diese knechtische und argwöhnische Vorsicht nicht aufbringen, die bei den üblichen unvollkommenen Freundschaften im Umgang von uns verlangt wird.
Nichts wird so fest geglaubt, wie das, was am wenigsten bekannt ist.
Es gibt Länder, wo jeder irgendein beliebiges Wesen zu seinem Gott erheben kann: der Jäger einen Löwen oder einen Fuchs, der Fischer einen bestimmten Fisch.
Sterben hat nichts mit Gesellschaft zu tun, sondern ist die Handlung eines Individuums. Unter Freunden laßt uns lachen und leben, unter Fremden laßt uns trauern und sterben.
Ich kümmere mich nicht so sehr darum, wie ich bei andern aussehe, als wie ich in mir selber aussehe.
Die Liebe ist ein Handel, der auf Gegenseitigkeit beruht.
Wer mit dem Anfang nicht zurechtkommt, kommt mit dem Ende erst recht nicht zurecht.
Wir heiraten nicht für uns, wie es zunächst scheint; wir heiraten ebensosehr für unsere Nachkommenschaft wie für unsere Familie.