Mark Aurel Zitate
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Solltest du auch dreitausend Jahre und ebenso viele Myriaden noch dazu leben, so bleibe doch dessen eingedenk, daß niemand ein andres Leben verliert als dasjenige, welches er wirklich lebt und kein andres lebt als dasjenige, welches er verliert.
Erwäge ohne Unterlaß: die Welt ist Verwandlung, das Leben Einbildung.
Die Menschen werden nach wie vor dasselbe tun, und wenn du vor Wut platzest!
Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird, zu leben.
Schau jedem Ding auf den Grund. Seine eigentümliche Beschaffenheit so wenig wie sein Wert entgehe deinem Blicke!
Keine deiner Handlungen geschehe ohne Überlegung, keine anders als nach den vollendetsten Grundsätzen der Lebenskunst.
Beachte dies also wohl, wie du begonnen hast, und was du nur tust, das tue mit dem Bestreben, gut zu sein, gut in der eigentlichen Bedeutung des Wortes. Das sei die feststehende Regel bei allem, was du tust.
Ruhig und doch schnelltätig, fröhlich und doch gesetzt – so ist der Mensch, welcher der Vernunft folgt.
Unser Leben ist das, wozu unsere Gedanken es machen.
Eintagsfliegen sind beide, der Gedenkende und der, dessen gedacht wird.
Mache dich von deinen Vorurteilen los, und du bist gerettet.
Es besteht die Möglichkeit, daß du mit einem Gott gleichgestellt und unbemerkt bleiben wirst.
Es ist noch nie jemand unglücklich geworden, weil er sich nicht um das, was in der Seele eines andern vorgeht, gekümmert hat.
Die ganze Welt ist einem Gesetz untergeordnet und in allen vernünftigen Wesen steckt eine Vernunft. Deshalb ist die Wahrheit alleinig und der Begriff der Vollkommenheit ist für vernünftige Menschen ebenfalls alleinig.
Denke nicht an den notwendigen Besitz der dir fehlenden Güter, vielmehr an das, was jetzt noch für dich da ist, und wähle dir unter den vorhandenen Gütern die schätzbarsten aus und erinnere dich, welche Anstrengungen du ihrethalben machen würdest, um sie zu erlangen, wenn sie dir fehlten.
Werde also nicht müde, deinen Nutzen zu suchen, indem du anderen Nutzen gewährst.
Von Alexander, dem Platoniker, habe ich gelernt, niemals ohne Not zu sagen oder zu schreiben: Ich habe keine Zeit, und nie ein solches Mittel zu gebrauchen, um unter dem Vorwand dringender Geschäfte die Pflichten, die uns die Freundschaft auferlegt, zurückzuweisen.
Führe jede Tat deines Lebens so aus, als ob sie deine letzte sei.
Man bereut nie, was man getan, sondern immer, was man nicht getan hat.
Du hast schwerlich jemanden zu Gesicht bekommen, der unglücklich geworden wäre, weil er sich mit dem, was in der Seele eines anderen vorgeht, nicht befaßt hat; der aber muß unweigerlich unglücklich sein, der den Regungen der eigenen Seele nicht nachgeht.
Wir wollen unsere Zeit der Natur gemäß durchleben und heiter beendigen, so wie die reif gewordene Olive fällt, indem sie die Erde segnet, die sie hervorgebracht, und dem Baum dankt, der sie genährt hat.
Es kommen doch zu dir nicht die Dinge, denen nachzujagen oder vor denen zu fliehen dich in Aufregung versetzt, sondern in gewissem Sinne gehst du selber zu ihnen.
Der Hochmut, der sich mit scheinbarer Demut brüstet, ist der allerunerträglichste.
Den Dingen, mit denen du durch das Schicksal verkettet bist, denen passe dich an. Und die Menschen, mit denen dich das Schicksal zusammengestellt hat, die habe lieb, aber von Herzen.
Diejenigen, die nicht mit Aufmerksamkeit den Bewegungen ihrer eigenen Seele folgen, geraten notwendig ins Unglück.
Schäme dich nicht, dir helfen zu lassen! Denn du mußt deine Pflicht erfüllen wie ein Soldat beim Sturm auf die Festung. Wie nun, wenn du infolge deiner Lähmung die Zinne nicht allein erklimmen kannst, wohl aber im Bunde mit einem andern?
Meine Mutter war mir durch ihre Frömmigkeit und Wohltätigkeit ein Vorbild; ich bestrebte mich, ihr gleich zukommen und das Böse weder zu tun noch auch nur zu denken und wie sie einfach und mäßig zu leben.
Wie lächerlich und weltfremd ist der, der sich über irgend etwas wundert, das im Leben vorkommt.
Schweife nicht unstet umher, vielmehr bei allem, was du tust, denke ans Rechte, und bei allem, was du denkst, halte dich ans Begreifliche.
Siehst du an jemandem einen Fehler, so verbessere ihn sanft und zeig ihm, worin er irrt. Bleibt dein Bemühen erfolglos, klage dich selbst an, oder, was noch besser ist, klage niemanden an, sondern bleibe weiterhin sanft.
Das macht den vollendeten Charakter aus: Jeden Tag so leben, als wäre er der letzte, und weder erregt noch verkrampft noch unecht zu sein.
Ein hervorragendes Mittel der Verteidigung: Sei deinem Angreifer nie ebenbürtig.
Leib, Seele, Vernunft – dem Leibe gehören die Empfindungen an, der Seele die Triebe, der Vernunft die Grundsätze.
Durch Fronto wurde ich belehrt, dass mit der Willkürherrschaft Neid, Ränkesucht und Verstellungskunst verknüpft sind und wie wenig Menschenliebe diejenigen im Herzen tragen, die wir Patrizier nennen.
Aber sei doch des Grundgesetzes eingedenk, daß die vernünftigen Wesen füreinander geboren sind, daß Verträglichkeit ein Teil der Gerechtigkeit ist, daß die Menschen unvorsätzlich sündigen, und dann, daß es so vielen Leuten nichts genützt hat, in Feindschaft, Argwohn, Zank und Haß gelebt zu haben.
Wir sind zur Gemeinschaft geschaffen wie Füße, wie Hände, wie die untere und die obere Reihe unserer Zähne.
Ändere deine Ansichten und du hörst auf, dich zu beklagen.
Bei allem, was du tust, gehe besonnen zu Werke und verwirre dich nicht durch Gedankenmenge; aber siehe, daß du stets die größten Grundsätze im Auge behältst.
Blicke oft zu den Sternen empor – als wandelst du mit ihnen. Solche Gedanken reinigen die Seele von dem Schmutz des Erdenlebens.
Sei wie ein Fels, an dem sich beständig die Wellen brechen! Er bleibt stehen, während sich rings um ihn die angeschwollenen Gewässer legen.
So oft du an der Unverschämtheit jemandes Anstoß nimmst, frage dich sogleich: Ist es auch möglich, daß es in der Welt keine unverschämten Leute gibt? Das ist nicht möglich. Verlange also nicht das Unmögliche.
Welche Gewalt hat doch der Mensch! Er hat es in seiner Macht, nichts zu tun, als was den Beifall der Gottheit zur Folge hat, und alles hinzunehmen, was ihm die Gottheit zuteilt.
Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an.
Die Lebenskunst ist der des Ringers ähnlicher als der des Tänzers, denn es gilt, bei unvorhergesehenen Schlägen des Schicksals kampfbereit und unerschütterlich fest dazustehen.
Beim Schreiben und Lesen wirst du nicht eher Vorschriften machen können, als bis du gelernt hast, Vorschriften zu befolgen.
Möchtest du den unsterblichen Göttern und uns Freude schenken!
Blick in dein Inneres. Da ist die Quelle des Guten, die niemals aufhört zu sprudeln, wenn du nicht aufhörst zu graben.
Was dem ganzen Bienenschwarme nicht zuträglich ist, das ist auch der Biene nicht zuträglich.
Was dem Schwarm nicht nützt, das nützt auch der einzelnen Biene nicht.
Das ist ein echtes Zeichen sittlicher Vollkommenheit, wenn man jeden Tag, als wäre er der letzte, hinbringt, fern von Aufwallung, Erschlaffung und Verstellung.