Marie von Ebner-Eschenbach Zitate
seite 9

Für die Anspruchsvollen plagt man sich, aber die Anspruchslosen liebt man.

Soweit die Erde Himmel sein kann, soweit ist sie es in einer glücklichen Ehe.

Die Welt gehört denen, die sie haben wollen, und wird von jenen verschmäht, denen sie gehören sollte.

Die Jugend ist außerordentlich gut gegen mich, und ich erkenne es mit größter Dankbarkeit an. Manchmal komme ich mir aber doch vor wie der uralte Papagei, den niemand mehr verstand, weil er eine tote Sprache sprach.

Ob es in dieser Welt Sich wirklich so verhält, Dafür kann ich nicht steh’n; – Ich hab es so geseh’n.

Ein stolzer Mensch verlangt von sich das Außerordentliche. Ein hochmütiger Mensch schreibt es sich zu.

Bevor aus deinem Stil etwas werden kann, muß aus dir selbst etwas geworden sein.

Es ist der Kunst zu eng geworden im Bereich des Schönen: sie hat sich ein ungeheures Gebiet erobert, in dem sie nun schwelgt – das Gebiet des Häßlichen.

Der Hans, der etwas erlernte, was Hänschen nicht gelernt, der weiß es gut.

Das Vernünftige ist durchaus nicht immer das Gute, das Vernünftigste jedoch muß auch das Beste sein.

Man hat einen zu guten oder einen zu schlechten Ruf; nur den Ruf hat man nicht, den man verdient.

In seiner schönen Studie: Renan als Dramatiker, sagt Brandes: Europas Ideale wurden in Nazareth geboren.

Welcher Autor darf sagen, daß der Gedanke an die Oberflächlichkeit der meisten Leser ihm stets ein peinlicher und nicht mitunter auch ein tröstlicher sei?

Es gibt Menschen mit leuchtendem und Menschen mit glänzendem Verstande. Die ersten erhellen ihre Umgebung, die zweiten verdunkeln sie.

Steril ist der, dem nichts einfällt; langweilig ist, wer ein paar alte Gedanken hat, die ihm alle Tage neu einfallen.

In einer Gegend, in der Waldfrevel nicht vorkommt, hat der Wald keinen Wert.

Vom Arzt und vom Lehrer wird verlangt, daß er Wunder tue, und tut er sie – wundert sich niemand.

Kein Leiden braucht so viel Anteilnahme und findet so wenige wie das selbstverschuldete.

So manches können wir anderen zuliebe tun; unsere Schuldigkeit tun wir immer nur uns selbst zuliebe.

Es gibt Gelegenheiten, bei denen man sonst ganz wahrhaftigen Menschen keinen Glauben schenken darf. Zum Beispiel dem Großmütigen, wenn er von seinen Ausgaben, und dem Sparsamen, wenn er von seinen Einnahmen spricht.

Es ist keine Sünde, ein Dummkopf zu sein, aber die größten Sünden werden von Dummköpfen begangen.

Napoleon war ein großer Erzieher. Aus einem Kellner, einem Fechtmeister, einem Schleichhändler, einem Faßbinder hat er die Marschälle Murat, Augereau, Masséna und Ney gemacht.

Die Menschen, bei denen Verstand und Gemüt sich die Waage halten, gelangen spät zur Reife.

Die Männer sind auf allen Gebieten die Führenden, nur auf dem Weg zum Himmel überlassen sie den Frauen den Vortritt.

Wer hat nicht schon das, was er sich zutraut, für das gehalten, was er vermag?

Ein böser Mensch vermag leichter einen guten, als ein guter einen bösen Vorsatz auszuführen.

Die Frau verliert in der Liebe zu einem ausgezeichneten Manne das Bewußtsein ihres eigenen Wertes; der Mann kommt erst recht zum Bewußtsein des seinen durch die Liebe einer edlen Frau.

Wir sind in Todesangst, daß die Nächstenliebe sich zu weit ausbreiten könnte, und richten Schranken gegen sie auf – die Nationalitäten.

Die Liebe überwindet den Tod, aber es kommt vor, daß eine kleine üble Gewohnheit die Liebe überwindet.

Es hat einer eine Dummheit gemacht. Nun ja, er ist noch so jung! – Welch eine liebenswürdige Entschuldigung. Es hat einer eine Dummheit gemacht. Nun ja, er ist schon alt! – Welch eine beschämende Entschuldigung.