Marie von Ebner-Eschenbach Zitate
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Während ein Feuerwerk abgebrannt wird, sieht niemand nach dem gestirnten Himmel.
Die einzigen von der Welt unbestrittenen Ehren, die einer Frau zuteil werden können, sind die, die sie im Reflex der Ehre ihres Mannes genießt.
Der Witz ist ein brillanter Emporkömmling von zweifelhafter Abstammung.
Begreifen – geistiges Berühren. Erfassen – geistiges Sichaneignen.
Wenn ich nicht schlafen kann, rufe ich meine Gedanken und sage: Kommt, unterhaltet mich, meine Gedanken!
Nicht jeder große Mann ist ein großer Mensch.
Verständniß für jedwedes Leid, Erbarmen mild mit jedem Fehle; Daran in dieser Zeitlichkeit, Erkennst Du die erwählte Seele.
Wohl finden wir unsere Worte auf den Lippen der Freunde wieder, aber nicht mehr als unser, sondern als ihr Eigentum.
Der Gläubige, der nie gezweifelt hat, wird schwerlich einen Zweifler bekehren.
Alte Diener sind kleine Tyrannen, an welche die große Tyrannin Gewohnheit uns knüpft.
Ein vortreffliches Buch: erstens verschlingt man’s, zweitens liest man’s, drittens schafft man sich’s an.
Wenn du einen vielbetretenen Weg lange gehst, so gehst du ihn endlich allein.
Wir erheben uns nie höher, als wenn wir in Gedanken versinken.
Die Eitelkeit weist jede gesunde Nahrung von sich, lebt ausschließlich von dem Gifte der Schmeichelei und gedeiht dabei in üppigster Fülle.
Die Menschen der alten Zeit sind auch die der neuen, aber die Menschen von gestern sind nicht die von heute.
Es gibt wenig aufrichtige Freunde. Die Nachfrage ist auch gering.
Den Feind unserer Marotte unseren Freund nennen, heißt gescheit sein.
Es schreibt keiner wie ein Gott, der nicht gelitten hat wie ein Hund.
Wir sträuben uns gegen das Leiden. Wer aber möchte nicht gelitten haben?
In jedem tüchtigen Menschen steckt ein Poet und kommt beim Schreiben zum Vorschein, beim Lesen, beim Sprechen oder beim Zuhören.
Der Glaube an das Gute ist es, der das Gute lebendig macht.
Begeisterung spricht nicht immer für Den, der sie erweckt, und immer für Den, der sie empfindet.
Wer die materiellen Genüsse des Lebens seinen idealen Gütern vorzieht, gleicht dem Besitzer eines Palastes, der sich in den Gesindestuben einrichtet und die Prachtsäle leer stehen läßt.
Ob zwei Leute gut getan haben, einander zu heiraten, kann man bei ihrer Silbernen Hochzeit noch nicht wissen.
Wie weise muß man sein, um immer gut zu sein!
Sich des Unrechts wehren Allezeit bringt Ehren.
Das eine ist: bewundert zu werden, ein anderes: ein Leitstern zu werden, der den Geängstigten rettet.
Die meisten Nachahmer lockt das Unnachahmliche.
Respekt vor dem Gemeinplatz! Er ist seit Jahrhunderten aufgespeicherte Weisheit.
Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.
Die Aufgabe vieler Dichter-Generationen ist keine andere, als das Werkzeug blank zu erhalten.
Andere neidlos Erfolge erringen sehen, nach denen man selbst strebt, ist Größe.
Du kannst so rasch sinken, dass du zu fliegen meinst.
Liebe alle Menschen, der Leidende aber sei dein Kind.
Aus dem Verlangen nach dem Überflüssigen ist die Kunst entstanden.
Die Rücksichten, die uns in der Welt erwiesen werden, stehen meistens in näherer Beziehung zu unseren Ansprüchen als zu unseren Verdiensten.
Stark im Tun, schwach im Dulden: ist Männerart. Schwach im Tun, stark im Dulden: ist Frauenart.
Der Egoismus glücklicher Menschen ist leichtsinnig, seiner selbst unbewusst. Der Egoismus unglücklicher Menschen ist verbissen, bitter und von seinem Recht zu bestehen überzeugt.
Der gesunde Menschenverstand ist der größte Feind der Phantasie und doch ihr bester Berater.
Wenn ich nicht predigen müßte, würde ich mich kasteien, sagte ein wahrheitsliebender Priester.
Der euch Vertrau’n will schenken, den sollt ihr nicht mit Lügen kränken.
Es muß sein! – grausamster Zwang. Es hat sein müssen! – bester Trost.
Es findet nicht nur jeder Odysseus seinen Homer, sondern auch jeder Mahomet seine Chadidscha.
Das Erfundene kann vervollkommnet, das Geschaffene nur nachgeahmt werden.
Je weiter unsere Erkenntnis Gottes dringt, desto weiter weicht Gott vor uns zurück.
Ein Blitz vom Himmel – dem steh ich! Eine Schaufel voll Kehricht – der weich ich aus!
Solange es mehr faule als fleißige Menschen gibt, bleibt der sozialistische Staat eine Utopie.
Eingebildete Übel gehören zu den unheilbaren.
Wenn wir auch der Schmeichelei keinen Glauben schenken, der Schmeichler gewinnt uns doch.
Wenn ein Mensch uns zugleich Mitleid und Ehrfurcht einflößt, dann ist seine Macht über uns unbegrenzt.