Marcel Reich-Ranicki Zitate
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Das Fernsehen macht die Klugen klüger und die Dummen dümmer.
Ich bin, mit Verlaub, wie ein Gynäkologe, der den ganzen Tag über mit Frauen zu tun hat und dessen privates Interesse für Frauen gleichwohl nicht nachläßt.
Die Deutlichkeit ist, davon bin ich überzeugt, die Höflichkeit der Kritiker.
Die Literaturkritik ist eine Hilfsdisziplin.
Jeder Autobiograf schont sich selbst, auch wenn er sich das Gegenteil vorgenommen hat.
Der eitelste deutsche Autor dieses Jahrhunderts heißt Thomas Mann. Er war ichbezogen wie ein Kind, empfindlich wie eine Primadonna und eitel wie ein Tenor.
Fabelhaft formuliert! Aber falsch!
Ich habe eine Ehe mit der Literatur und eine Liebesgeschichte mit der Musik.
Hölderlin hat Gedichte geschrieben, die zu den Wundern in deutscher Sprache gehören und die nicht einmal von Goethe übertroffen wurden.
Ich spreche von dem witzigsten und neben Goethe intelligentesten deutschen Dichter, dem Weltpoeten Heinrich Heine.
Ich bewundere Hölderlin, und manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich ihn verehre.
Gott ist eine Erfindung von Literaten.
Die meisten Schriftsteller verstehen von der Literatur nicht mehr als die Vögel von der Ornithologie.
Wenn Sexualität im Fernsehen mit Geist, Geschmack und Takt geboten wird, kann es gar nicht zuviel davon geben.
Der Kerl, der Grass wird uns alle noch überraschen mit irgendetwas sehr Schönem.
Ich gehe sehr ungern zur Buchmesse nach Frankfurt. Der Anblick der Hallen allein, mit hunderttausend Büchern – ein abstoßender Anblick.
Deutsche Schriftsteller verzeihen ihren Kollegen alles, nur nicht den Erfolg.
Die Satire kann klug sein, der Humor weise.
Wenn in einem Roman ein Traum vorkommt, dann wird es in den meisten Fällen schlechte Literatur. Die meisten Träume verleiten die Autoren zu unkontrollierten Darbietungen.
Reife ist Voraussetzung für ein tiefes Gefühl, wie es das Leiden ist.
In einem Deutschland, in dem es keinen SPIEGEL gäbe, möchte ich nicht leben.
Geld allein macht nicht glücklich, aber wenn man unglücklich ist, ist es besser, in einem Taxi zu weinen als in der Straßenbahn.
Die Ehe ist eine Notwendigkeit, um durch das Leben durchzukommen.
Man soll die Kritiker nicht für Mörder halten. Sie stellen nur den Totenschein aus.
Es strebt der Mensch, solang er liebt.
Ohne Eitelkeit gibt es kein Schreiben. Egal, ob Autor oder Kritiker – Eitelkeit muss dabei sein. Sonst entsteht nichts.
Bei der Erwartung einer neuen deutschen Literatur ist man wie am Anfang eines Walzers: man hört das Hm-ta-ta, Hm-ta-ta, und man fragt sich: wann kommt denn nun endlich die Melodie?
Mit Statistik kann man alles beweisen, sogar die Wahrheit. Also bin ich für Statistik.
Man kann mit der Literatur die politische Wirklichkeit nicht verändern.
Ich habe in meinem Leben keinen einzigen Augenblick an Gott geglaubt.
Man kann einen Garten nicht düngen, indem man durch den Zaun furzt.
Je näher man bedeutende Menschen kennen lernt, desto unsympathischer werden sie.
Wer viel weiß, will noch mehr wissen.
Manchmal ist eine Schreibblockade für die Leser ein Segen, das wollen wir nicht vergessen.
Man spricht oft von der Literatur der Gruppe 47, aber eine solche Literatur gibt es nicht und hat es nie gegeben.
Na also, endlich! Es ist gut so, dass er den Preis bekommen hat.
Wer Angst vor Vereinfachungen hat, darf nicht Kritiker werden.
Einmal in 100 Jahren sollte man sich von dem stets zu erwartenden Widerstand der älteren Generationen nicht beirren lassen und die Rechtschreibung reformieren.
Ähnlich wie die Schriftsteller wollen auch die Kritiker geliebt werden.
Mich interessiert die Literatur, nicht das Buch.
Ein guter, ein hervorragender Roman lebt dreißig, vierzig Jahre, nicht länger.
Klarheit ist die Höflichkeit des Kritikers.
Die anständigen Menschen arbeiten um des Ruhmes und des Geldes willen, die unanständigen wollen die Welt verändern und die Menschen erlösen.
Die Kritik muss der Literatur dienen, nicht umgekehrt.
Was ist Kritik? Ich glaube, eine Kreuzung von Journalistik und Wissenschaft.
Wenn sich Kritiker für unfehlbar halten, dann taugen sie nichts.
Jede Literatur von Rang braucht den Kritiker; der mir zeigen kann, was im Buch enthalten ist, was ich vorher nicht wahrgenommen habe.
Trotz allerlei Bedenken habe ich nie gezweifelt, dass Günter Grass Deutschlands größter Sprachkünstler ist.
Nichts wäre törichter, als jene zu verurteilen, die zu machen versuchen, was sie noch nie gemacht haben.
Je lauter eine Tonart, dester weher tut’s dem Stil.