Ludwig Börne Zitate
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Christentum, Religion überhaupt ist ihm nicht bloß ein Greuel, es ist ihm ein Ekel.
Die öffentliche Meinung ist ein See, wenn man ihn dämmt und aufhält, solange steigt, bis er schäumend über seine Schranken stürzt, das Land überschwemmt und alles mit sich fortreißt.
Jeder Tadel ohne Witz ist Glut ohne Licht.
Das Herz kommt jeden Morgen warm und mürbe aus dem Backofen des Bettes, und abends ist es kalt, hart und trocken, wie eine alte Semmel. Der Morgen, der Frühling des Tages, schmilz die Bosheit des vorigen Abends weg. Ach, wenn der Schlaf nicht wäre!
Die unwandelbare Freundschaft und der ewige Friede zwischen allen Völkern – sind das denn Träume? Nein, der Haß und der Krieg sind Träume, aus denen man einst erwachen wird.
Der Glaube ist der rechte, der, daß er der rechte bleibe, nicht gezwungen ist, einen andern irrgläubig zu finden.
Wenn wir beglücken wollen, müssen wir die Politik aus den Wolken erdwärts ziehen.
Die Deutschen haben unter allen Nationen am meisten philosophiert; das kömmt daher, sie haben am wenigsten gelebt.
Wie man sagt: der Gedanke schafft den Ausdruck, kann man auch sagen: der Ausdruck schafft den Gedanken.
Zu gewissen Handlungen reicht nicht hin, kein Herz, man muß auch keinen Kopf haben. Es ist nicht jeder dumm, der will.
Zwei Empfindungen ziehen den Menschen zu den Engeln hinauf: Liebe und Verzeih’n; zwei ziehen ihn zum Tier hinunter: Hass und Rache.
Für Erfahrungen muß man teuer bezahlen, und trotzdem will niemand sie haben, wenn man sie verschenken möchte.
Verstimmen ist leicht, aber stimmen kann nicht jeder.
Tyrannen sind in unseren Tagen die gefährlichsten Freiheitsprediger.
Ein verrostet Schild flehte zur Sonne: Sonne, erleuchte mich! Da sprach die Sonne zum Schilde: Schild, reinige dich!
Luther hatte es verstanden, als er dem Teufel das Tintenfaß an den Kopf geworfen! Nur vor Tinte fürchtet sich der Teufel; damit allein verjagt man ihn.
Oft wird die Tat durch den Willen beschränkt; aber so gewiß der Schatten dem Lichte folgt, so gewiß folgt die Tat dem Willen, wenn er nur rein ist.
Es kann auch das Volk sein eigener Tyrann sein, und ist es oft gewesen.
Die Menschen sind Gedanken der Erde.
Die wahre feine Lebensart, welche mehr tut, als mit Blitzesschnelle eine gefallene Stricknadel aufheben, entspringt entweder aus der Tiefe des Geistes oder aus der Fülle des Herzens, und weder der Tanzmeister lehrt sie noch Chesterfield.
Unter Mäßigung wird verstanden: die einen wollen den Tag, die andern wollen Nacht, der Minister aber will Mondschein, um beide Parteien zu befriedigen. Er betrachtet sich als die Zunge der Waage, die nur so lange aufrecht steht, als gleiches Gewicht in beiden Schalen liegt.
Die deutschen politischen Schriftsteller…, nicht an Geist fehlt es ihnen, aber an Mut.
Philidor konnte sechs Schachpartien zugleich spielen, und er gewann sie alle. Doch das waren hölzerne Figuren, die stille stehen, bis man sie bewegt. Wer aber mit Menschen spielt, verliert gewiß, wenn er mehrere Spiele gleichzeitig verfolgt.
Die meisten Menschen sind unzufrieden, weil die wenigsten wissen, daß der Abstand zwischen Eins und Nichts größer ist als der zwischen Eins und Tausend.
Alle Narrheit erschöpfen – so gelangt man zum Boden der Weisheit.
Die Liebe wird wie eine Katze blind geboren, aber die Ehe ist eine Starnadel in der geübtesten Hand.
Es ist mit den Gesetzen der Mode wie mit denen des Staates: jene werden für die Häßlichen wie diese für die Ruchlosen gemacht, und die schönen Weiber wie die guten Bürger müssen sich ihnen, um der Ordnung willen, mit unterwerfen.
Als Pythagoras seinen bekannten Lehrsatz entdeckte, brachte er den Göttern hundert Ochsen dar. Seitdem zittern die Ochsen, so oft eine neue Wahrheit ans Licht kommt.
Die Deutschen sind in einem unseligen Wahne befangen. Sie meinen immer noch, es käme darauf an, Recht zu haben.
Es gibt Menschen, die geizen mit ihrem Verstande wie andere mit ihrem Gelde.
Die Deutschen haben zwar vielen körperlichen Mut, aber auch gar keine Geistestapferkeit. Sie haben den Mut, nicht witzig zu sein; sie haben den Mut, nicht mit ihrer Sprache vertraut umzugehen, und auch aus Feigheit verstecken sie sich hinter die Moral.
Welche Sprache darf sich mit der deutschen messen, welche andere ist so reich und mächtig, so mutig und anmutig, so schön und mild als unsere?
Das deutsche Volk besteht aus dreißig Millionen Menschen. Nur einer davon hat das Pulver erfunden… die übrigen, 29.999.999 Deutsche, haben das Pulver nicht erfunden.
Man kann immerhin ehrlich sein, es ist nur dumm, sich’s merken zu lassen.
Sich die französische Umgangssprache anzueignen, fällt manchem Deutschen schwer: sie wird, wie das Tanzen, am besten in der Jugend erlernt.
Was nützen uns oft die wärmsten Freunde? Sie lieben uns höchstens wie sich selbst – aber wie lieben sie sich selbst!
Herrschsucht ist die Freiheitsliebe einzelner, Freiheitsliebe ist die Herrschsucht aller.
Freiheit und Gleichheit lehrt der Humor und das Christentum, – beide vergebens.
Der Verstand wird verbraucht durch den Gebrauch, der Witz aber erhält seine Kraft für alle Zeiten.
Die Natur führt uns auf dem Wege der Zuckerbäckerjungen zur Weisheit: sie übersättigt uns mit den Genüssen, die wir meiden sollen.
Der Unterschied zwischen Freiheit und Freiheiten ist so groß wie zwischen Gott und Göttern.
Nur die Glücklichen kommen ins Paradies. Die Unglücklichen sind verdammt, in jenem wie in diesem Leben.
In der langen Nacht des Mittelalters war Glaube der Nordschein.
Es ist in jedem Menschen eine Kraft gleich der des Dampfes, und wer diese zu finden und zu gebrauchen versteht, kann mehr vollbringen, als tausend andere vereinte Menschen.
Das Philosophieren ist eine angeerbte Krankheit des menschlichen Geistes, der Fluch des mit Schmerzen Gebärens.
Es hat immer, solange die Welt besteht, Reiche und Arme gegeben, predigen uns die Moralphilister. Gut, so wollen wir einmal einige Abwechslung in die Weltgeschichte bringen.
Die Fürsten hätten sich und ihren Völkern viel Unglück ersparen können, wenn sie die Hofnarren nicht abgeschafft hätten. Seit die Wahrheit nicht mehr sprechen darf, handelt sie.
Die Weiber verlangen das Größte und das Kleinste zugleich, sie fordern Liebe und auch, daß man artig gegen sie sei – eine Million in Scheidemünze.
Noch kein Dichter hat die schönen Augen seiner eigenen Frau schön besungen.
Der Frühling, die Nachtigall, das Morgenroth, des Mädchens holder Blick – es ist Nichts. Alles ist die Jugend.