Luc de Clapiers Zitate
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Man muß Kopf und Herz auf dem rechten Fleck haben, um Aufrichtigkeit sogar dann zu lieben, wenn sie kränkt, oder sich ihrer zu bedienen, ohne zu beleidigen. Wenige Menschen haben Kraft genug, die Wahrheit zu ertragen und zu sagen.
Niemand ist härter als die Sanftmütigen aus Berechnung.
Spiel, Bigotterie, Schöngeistigkeit – drei Auswege für Frauen, die nicht mehr jung sind.
Der Krieg ist keine so drückende Last wie die Knechtschaft.
Die Weiber können nicht verstehen, daß es Männer gibt, denen sie gleichgültig sind.
Unsere Kenntnis des Unnützen ist größer als unsere Unkenntnis des Notwendigen.
Zuviel und zuwenig Verschwiegenheit in den eigenen Angelegenheiten – beides verrät gleicherweise eine schwache Seele.
Die Vernunft hat die Tugend nicht zu lenken, sondern die Aufgabe, sie zu ergänzen.
Achtung nutzt sich ab wie die Liebe.
Die Gelassenheit bedeutender Menschen ist nur die Schranke für ihre Laster.
Man hüte sich, etwas zu verurteilen, was man von Natur aus liebt. Es gibt kaum ein Jahrhundert und kein Volk, das nicht seine eigene Vostellung von Tugend und Laster gebildet hätte.
Um festzustellen, daß ein Schriftsteller sich widersprochen habe, muß jeder Versuch gescheitert sein, ihn mit sich in Übereinstimmung zu bringen.
Was einer auch schreibt: für das breite Publikum sagt er nie genug und für die klugen Leser immer zuviel.
Über große Demütigungen trösten wir uns selten – wir vergessen sie.
Die Philosophie ist eine veraltete Mode, die noch manche Liebhaber findet, so wie andere rote Strümpfe tragen der Welt zum Trotz.
Wer den Menschen verachtet, ist kein großer Mensch.
Die vom Schmerz erschöpfte Natur schwächt im Kranken die Gefühle, hemmt die Beweglichkeit des Geistes. Es kommt vor, daß jene, die als Gesunde dem Tod voll Angst entgegensahen, furchtlos sterben.
Ohne Notwendigkeit strafen, heißt, sich in die Milde Gottes einmischen.
Der treffendste Witz überzeugt nicht mehr, so sehr hat man sich daran gewöhnt, daß dieses Metier auf falsche Voraussetzungen baut.
Verstößt es etwa gegen Vernunft oder Gerechtigkeit, sich selbst zu lieben? Aber warum wollen wir dann durchaus, daß Eigenliebe ein Laster sei?
Es gibt keinen Widerspruch in der Natur.
Je weniger man sein Glück verdienen will, um so mehr Mühe muß man sich geben, um es zu machen.
Was die soziale Ordnung nicht stört, sollte das Gericht nicht kümmern.
Es gibt mehr Strenge als Gerechtigkeit.
Wir können uns unsere Unvollkommenheit ruhig zu Bewußtsein bringen, ohne uns durch diese Einsicht bedrücken zu lassen.
Zwei Dinge können im Alter Talent und Lebensgenuß zur Not ersetzen: Ruf oder Reichtum.
Die Hoffnung befeuert den Weisen, aber sie narrt den Vermessenen und den Trägen, die gedankenlos auf ihren Versprechungen ausruhen.
Wer betrügen muß, ist ungeschickt.
Sei es Übereifer, Hochmut, Habsucht, sei es, was immer – in jedes Menschen Charakter gibt es zu jeder Zeit Umstände, die ihn zu Fehlern verleiten, und wenn sie ohne Folgen bleiben, hat er es nur seinem Schicksal zu danken.
Ein Aphorismus, der erst erläutert oder gar bewiesen werden muß, ist schlecht geformt.
Glück macht wenig Freunde.
Die nach uns kommen werden vielleicht mehr gelten als wir und sich für klüger halten, aber werden sie auch glücklicher und weiser sein? Wir selbst, die wir uns so viel Wissen angeeignet haben, sind wir etwa besser als unsere Väter, die, nach unserem Maß gemessen, so wenig wußten?
Menschen, die sich über ernste Neigungen anderer lustig machen, lieben nicht selten aufs ernsteste die eigenen Nichtigkeiten.
Die Ratschläge der Alten spenden Licht ohne zu wärmen, wie die Wintersonne.
Groß sind die Ansprüche der Menschen, klein ihre Pläne.
Wenn Schönheit über die Augen herrscht, herrscht sie wahrscheinlich auch noch anderswo.
Man kann schlecht von einem Menschen denken und doch wahrhaft sein Freund sein. Wir sind nicht so zartbesaitet, daß wir nur die Vollkommenheit lieben könnten; es gibt sogar Laster, die uns gefallen, sogar an andern.
Notwendigkeit lindert mehr Leiden als die Vernunft.
Ein wenig Bildung und gutes Gedächtnis, einige Selbstständigkeit in den Ansichten und gegenüber Vorurteilen – wie billig glaubt sich doch der Geist den Ruhm der Bedeutung erkaufen zu können!
Ohne Urteilsschärfe ist man um so unvernünftiger, je mehr Geist man hat.
Es gibt keine auch noch so offenbaren Widersprüche, deren sich der Neid nicht bediente, wenn es gilt, jemandem zu schaden.
Die Gesetze, die erlassen werden, sollen scharf, und die Menschen, die sie handhaben, nachsichtig sein.
Wir nehmen oft großes Lob hin, ehe wir vernünftiges verdienen.
Wie oft höre ich die Menschen doch behaupten, dieser oder jener Gedanke eines Werkes sei gar nicht neu. Fragt man sie aber, ob er der Wahrheit entspräche, schweigen sie betroffen.
Neu und originell wäre das Buch, das uns alte Weisheiten lieben lehrte.
Dem menschlichen Geist gelingt es eher, Einzelheiten genau zu erfassen, als sie folgerichtig aneinander zu reihen, und er umspannt meist mehr, als er vereinigen kann.
Die Unabwendbarkeit des Todes ist unser schwerster Kummer.
Klarheit ist die Ehrlichkeit der Philosophen. Deutlichkeit ist der Schmuck der Meister.
Den Zauber der Leidenschaft ahnen wir nicht. Jene, die wir wegen ihrer Unbeständigkeit beklagen, verachten unsere Ruhe.
Damit man sagen könne, daß ein Schriftsteller sich widersprochen habe, muß es unmöglich sein, ihn mit sich in Einklang zu bringen.