Leopold von Ranke Zitate
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In parlamentarischen Versammlungen werden nicht das die wirksamsten Reden sein, die sich dem Ideal klassischer Bildung nähern, sondern solche, die der eben vorwaltenden Bildung und Geistesrichtung am meisten entsprechen.
Keine Nation ist für sich allein. Es gibt ein Gemeinsames, das sie untereinander verbindet, welches doch wieder einer jeden angehört.
Die Wahrheit ist nie trostlos.
Die obersten Prinzipien, die in den Konflikten der geistigen und materiellen Kräfte die Oberhand behalten, bestimmen das Leben in jeder seiner Gestalten.
Regieren besteht nicht im Befehlen, in der Genugtuung, die eine kleinliche Eitelkeit darin finden könnte: es ist eine schwere Kunst, die allgemeinen Angelegenheiten gut zu besorgen; ohne angeborenes Talent, Vorbildung und lange Praxis wird es niemand dahin bringen.
Nicht durch parlamentarischen Verhandlungen können die großen konstitutionellen Streitfragen, bei denen jeder Teil in seinem Rechte zu sein glaubt, entschieden werden; es kann nur im Gefolge von Ereignissen geschehen, durch welche der eine oder andere das Übergewicht bekommt.
Die Revolution opponiert sich nicht allein, sie hat selbst eine Orthodoxie.
Die Dinge der Welt gehen langsam. Ginge die Entwicklung zu rasch, so würde das Individuum gar keinen Raum haben, zu leben.
Alles, was echtes Leben hat, geht aus von moralischer Energie, die, ihrer selbst gewiß, entweder die Welt in freier Tätigkeit zu durchdringen trachtet oder den feindlichen Kräften wenigstens einen unüberwindlichen Widerstand entgegenstellt.
Ein beschränkter Anspruch ist zuweilen noch schwerer durchzuführen, als ein unbeschränkter.
Die Wissenschaft wird von den Gegensätzen der Politik zwar berührt, aber geht nicht in derselben auf.
Man hat oft die historische und die philosophische Schule unterschieden; doch werden wahre Historie und wahre Philosophie miteinander nie in Widerstreit sein.
Es sind die deutschen Hochschulen dazu angelegt, daß sie nicht allein die vollendete, sondern auch die werdende Wissenschaft jungen Männern aller Stände mitteilen. Sie erwerben dadurch eine unbegrenzte Wirksamkeit in der Nation, eine nicht zu ermessende Nachwirkung auf die Nachwelt.
Es ist das vornehmste Mißverständnis in der Welt, entgegengesetzte Prinzipien vereinen zu wollen.
Alles menschliche Tun und Lassen hängt von dem religiösen Begriff ab, in welchem man lebt.
Die Parteien, die man ein lebendiges System nennen kann, veranlassen leicht, das Verwerfliche sowohl als das Lebenswürdige zu verkennen, weil es ihnen widerspricht.
Das ist nun einmal das Schicksal der Menschen: im Streit miteinander bilden sie sich aus.
Auf den leeren Seiten der Geschichte sind die glücklichen Tage der Menschheit verzeichnet.
Das Größte, was dem Menschen begegnen kann, ist es wohl, in der eigenen Sache die allgemeine zu verteidigen.
Wollt ihr die Unterschiede vernichten, hütet euch, daß ihr nicht das Leben tötet.
Politik ist der Versuch, inmitten des Konftiktes der Weltmächte, der idealen sowohl wie der realen, die man nicht beherrschen kann, das eigene Interesse zu wahren und zu fördern.
Etwas zu machen, dazu gehört dreierlei: gesunder Menschenverstand, Mut und Redlichkeit. Der erste, um eine Sache einzusehen; der zweite, um vor den Resultaten nicht zu erschrecken; die dritte, um sich nicht selber etwas vorzumachen.
An das Nichtbedeutende hängt sich die Eigenliebe am stärksten; man ist damit entschuldigt, daß man seinen Angehörigen oder den Gleichgestellten nicht vergeben dürfe.
Es ist vergeblich, die menschlichen Leidenschaften durch Vorstellungen ihrer Folgen im Zaum halten zu wollen.
So unbedeutend das einzelne Leben auch ist, so erfährt es doch in jedem Augenblick die Rückwirkung der allgemeinen Angelegenheiten.
Die Idee der Menschheit, Gott gab ihr Ausdruck in den verschiedenen Völkern.
Die Ketzerei ist nicht allein eine Verneinung, sie ist selbst ein Dogma.
Alles Leben trägt sein Ideal in sich: der innerste Trieb des geistigen Lebens ist die Bewegung nach der Idee, nach einer größeren Vortrefflichkeit. Dieser Trieb ist ihm angeboren, bei seinem Ursprung eingepflanzt.
In der Behauptung einer großen Sache unter Widerwärtigkeiten und Gefahren bildet sich der Held.
Es ist in der Regel das Schicksal der zum Siege gelangten Parteien, über den Sieg zu zerfallen.
Siege werden bald erfochten, aber ihre Erfolge zu festigen, das ist schwer.
Nicht in voller Wahrheit pflegen die großen politischen Fragen an die Menschheit heranzutreten, sondern unter maßgebenden Umständen des Momentes.
Was auch der Glaube der Menschen sein mag, in großen Kämpfen und Gefahren wenden sie ihre Blicke unwillkürlich auf die ewige Gewalt, welche das Schicksal lenkt, und von der sich alle gleich abhängig fühlen.
Welch eine Täuschung ist es, von abgedrungenen Zugeständnissen eine Herstellung der Ruhe zu erwarten.
Die Wahrheit kann nur eine sein.
Nichts ist überzeugender als der Erfolg.
Große Männer schaffen ihre Zeiten nicht, aber sie werden auch nicht von ihnen geschaffen.
Denn nicht in völliger Unbedingtheit erscheinen die Ideen in der Welt. Der Moment ihres Hervortretens beherrscht ihr Dasein auf immer: so leben sie fort, wie sie zum Leben gelangten.
Der Welt der Wahrheit steht eine Welt des Scheins gegenüber, die auch in die Tiefe geht und immer tieferen Schein entwickelt, bis sie in die Wesenlosigkeit ausgeht; jene endet in dem Wesen.
Jedermann weiß, daß mit der Kultur auch die Macht verbunden ist.
Die Grammatik kann nie eine Sprache, die Ästhetik nicht einmal ein Gedicht, die Politik aber nimmermehr einen Staat hervorbringen. Euer Vaterland werdet ihr euch nicht erklügeln.
Wir nehmen die Unmittelbarkeit der Geschichte unter göttlicher Leitung in Anspruch. Darin liegt der Stolz des menschlichen Geschlechtes und die Freudigkeit der historischen Studien.
Jede Epoche ist unmittelbar zu Gott, und ihr Wert beruht gar nicht auf dem, was aus ihr hervorgeht, sondern in ihrer Existenz selbst, in ihrem Eigenen selbst
Der Fortschritt ist wie ein Strom, der sich auf seine eigene Weise den Weg bahnt.
Nachnahmen ist schon eine Art von Knechtschaft; eigene Ausbildung und Entwicklung, das ist Leben und Freiheit.
Von dem, was vorgeht, ist nicht immer das Wichtigste, was dabei zustande kommt.
Zwischen Gelingen und Mißlingen, in Streit, Anstrengung und Sieg bildet sich ein Charakter.
Den Charakter eines Volkes erkennt man daran, wie es seine Soldaten nach einem verlorenen Krieg behandelt.
Nachahmung ist bei jeder menschlichen Tätigkeit bedenklich und hemmend; in Staatseinrichtungen aber ist sie – es kann nicht anders sein – höchst gefährlich.
Nicht von umsichtigen Erwägungen werden die Völker geleitet. Sie werden von den großen Gefühlen bestimmt.