Karl Julius Weber Zitate
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Die deutsche Nation war stets in Erfindung nützlicher Künste und Gewerbe die erste, weil sie die geduldigste und arbeitsamste ist.
Der große Haufen kennt nur Religion ohne Moral, das kleine Häuflein Denker mehr Moral ohne Religion.
Das Leben ist eine Krankheit, der Schlaf ein Palliativ, der Tod die Radikalkur.
… seitdem finden wir die größten Ichlinge gerade da, wo die wenigste Bildung herrscht.
Vor drei Jahrhunderten noch war die Seltenheit der Bücher den Fortschritten der Wissenschaften nachteilig, jetzt ist es deren Überzahl, die verwirrt und eigenes Denken verhindert.
Reisen sind das beste Mittel zur Selbstbildung, weil sie anschaulicher lehren, als mündlicher oder schriftlicher Vortrag, und man zwischen seinen vier Wänden zwar den Menschen kennen lernen kann, aber nicht die Menschen.
Eitelkeit ist die Kippe, an der die meisten Großen, gar viele Gelehrten und alle Weiber scheitern.
Aufklärung ist Zucker; aber eine überzuckerte Speise ist fade, widriger und schlechter als eine, die mäßig oder gar nicht gezuckert ist. Der Unfug, den man mit dem Wort „Aufklärung“ getrieben hat, macht sie beinahe zum Ekelnamen.
Ein Narr macht zehn Narren, dieses Sprichwort ist falsch. – Ein Narr kann tausend machen – eine Modehändlerin Millionen Närrinnen.
Die gesellige Überfeinerung, die verlangt, daß Jeder sei wie der Andere, gesellig schone, Allen gefalle – dieses tyrannische, aber den Schwachen höchst willkommene Gesetz unterdrückt alle Eigenthümlichkeiten des Charakters.
Der Geist blitzt, der Fleiß sitzt, die Dummheit schwitzt.
Von oben herab muß reformiert werden, wenn nicht von unten herauf revolutioniert werden soll.
Alle Autodidakten leiden an Einseitigkeit und Überschätzung.
Hohe Ämter scheinen einmal nicht für Philosophen gemacht, und auf Thronen waren Genies meist ein Unglück.
Wer auf dem Pranger steht, befindet sich auch auf einem hohen Posten, und für gar Viele ist ein hoher Posten ein wahrer Pranger.
Allzu große Zartheit der Gefühle ist ein wahres Unglück.
Das beste, ins Große gehende Erziehungsmittel der Menschheit nächst Reisen und Weltumgang ist und bleibt die Presse.
Zeitungsschreiber sind Politiker, die in den Augen des gemeinen Mannes auch dafür gelten. Sie füllen die Lücken mit lieblichen Raisonnements, und dann und wann kommt dann auch ein Faktum.
Religion ist reine Sache des Gemüts und der Phantasie wie der Poesie, und man zerstört das Wesen beider, wenn man sie unter Vernunftsregeln bringen will.
In der Jugend sind wir in der Regel sanguinisch, in späteren Jahren cholerisch, nach der Ernte der Erfahrungen mehr oder weniger melancholisch und im hohen Alter stumpf wie das Phlegma.
Größe, zerstörend oder heilsam, zieht stets an.
Ohne Leidenschaft gäbe es nicht die Hälfte von Lächerlichkeiten, und wohl uns, wenn sie uns bloß lächerlich und nicht auch verhasst und verachtet machen.
Die Mädchen mögen immer Engel heißen – es gibt sich.
Schweigen können zeugt von Kraft, schweigen wollen von Nachsicht, schweigen müssen vom Geist der Zeit.
Welcher Despot hätte sie [Wissenschaft und Gelehrte] je geliebt? Liebt der Dieb die Nachtlaternen?
Ruhe des Gemüts ist die Tochter der Weisheit; aber wo diese finden, wenn die Mutter noch nicht gefunden ist?
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, geht mit dem Lesen etymologisch um – „legere“ bedeutet auswählen!
Nichts ist orthodox als die Wahrheit, und nichts heterodox als der Irrtum.
Die meisten Selbstmörder stammen aus der traurigen Familie der Melancholiker, und Melancholiker sind es wahrscheinlich, die Hölle, Teufel und Gespenster erfunden haben.
Man umarmt sich nach dem Duell: Narren! Warum nicht lieber zuvor?
Unter allen Ständen ist der Soldat dem Paradies am nächsten. Im Leben und im Sterben.
Die Mode ist weiblichen Geschlechts, hat folglich ihre Launen.
Unter dem Monde ist jede Vollkommenheit ein negativer Begriff und die vollkommenste Verfassung doch nur die, welche die wenigsten Fehler hat.
Eine ausgewählte Büchersammlung ist und bleibt der Brautschatz des Geistes und des Gemüthes.
Verstellungskunst macht noch allein diese Welt erträglich und paßt ganz in die Zeit, wo das Repräsentativsystem an der Tagesordnung ist.
Mit dem Lachen geht es wie mit der Liebe, beide müssen uns überrumpeln oder beschleichen, wenn sie rechter Art sein sollen.
Mit der Bedeckung entstand einmal die Mode schon, und mit ihr flog die nackte Keuschheit und Unschuld gen Himmel.
Unglück vereint, Glück trennt die Menschen.
Witz ist noch lange nicht Genie; das Genie erfindet, der Witz – findet bloß.
… folglich kuriert Arbeit viele Narren, und in der arbeitenden, dürftigen Klasse finden sich auch die wenigsten Narren, wohl aber unter Reichen, Mächtigen und Verwöhnten.
Die Erziehung der Perser ging von vier Punkten aus: Gut schießen, gut reiten, nicht borgen und nicht lügen.
Wo man Offenheit und Jovialität so wenig zu würdigen weiß, daß man sogleich beleidigende Anspielungen darin findet, darf ein Verständiger nie die eiserne Maske kalter Höflichkeit ablegen.
Der Thron der Phantasie ist ein Luftballon, und das meiste in der Welt – Einbildung.
Es gibt Unmenschen, aber keine Untiere.
Große, starke Seelen sind selten ärgerlich, desto mehr aber schwache Männer und fast alle Weiber.
Melancholie ist leider nur zu oft die Begleiterin des Genies, das sich gern überall zum Mittelpunkt macht, und daher am ehesten Täuschungen und Kränkungen ausgesetzt ist.
Wer den Lebensbecher bis auf den Grund ausleeren will, muß sich vernünftigerweise auf die gewöhnliche Hefe gefaßt machen oder auf Kaffeesatz.
Der Protestant Martini antwortete dem Jesuiten Gretschers in der Versammlung zu Regensburg auf die Frage: Quid Saul inter prophetas? – Quaerit asinos patris sui : was tut Saul unter den Propheten? – Er sucht die Esel seines Vaters.
Der Stolze meidet gern diejenigen, welche höher stehen. Der Eitle drängt sich zu ihnen.
Gott braucht weder Weihrauch noch Myrrhen, weder Kerzen noch Gebet, Gesang und Musik, weder Messen noch Predigten noch Tempel, und daher bleibt das Wort Gottesdienst ein dummes Wort.