Karl Julius Weber Zitate
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Nur Kinder und Narren reden die Wahrheit, und Gott hätte schon längst wieder eine zweite Sündflut über uns verhängt, hätte die erste etwas geholfen.
Unser Ich gleicht den Flüssen, die ihren Namen beibehalten und stets anderes Wasser rollen.
Petrus soll sogar Franklin, der ihm offen beichtete, daß er keine andere Religion habe, als das Naturgesetz und die Menschenliebe, zugeflüstert haben: „Komm herein und nehme Platz, wo du willst!“
Die Ehrgeizigen erklimmen ihre Höhe wie die Schornsteinfeger, auf Händen und Füßen, kriechen durch dunkle, garstige Kanäle und machen sich nichts daraus, wenn sie schwarz aussehen.
Erholung besteht weder in Untätigkeit noch in bloßem Sinnengenuss, sondern im Wechselgebrauch unserer Körper- und Geisteskräfte, den die Vernunft veredelt.
Wir lesen Bücher, die Alten lasen Menschen.
Seelenstärke ohne Seelengröße bildet die bösartigen Charaktere, wie wir sie in den höhern Sphären der Macht und der Ehre nicht selten finden.
Offenbar sitzen wir zuviel, selbst das Militär, wir bezeichnen sogar unsere wichtigsten Ämter durch Stühle – Fürstenstuhl, Richterstuhl, Predigtstuhl, Lehrstuhl.
Auf Grabschriften stehen auch die größten Lügen.
Die zwei Weisesten der Menschen, Sokrates und Christus, schrieben keine Bücher.
Man hat beobachtet, dass bei der Pest und anderen Ansteckungskrankheiten diejenigen am ersten angesteckt wurden, die sich am meisten fürchteten.
Die Juristen zählen die Mädchen gar unter die res, quae servando servari non possunt (Dinge, die sich durch Aufbewahren nicht erhalten lassen).
Die Bücher entzünden uns, wenn das Glück uns lacht, sie trösten uns, wenn das Ungemach uns zu quälen scheint.
Eheleute sagen in einer Woche einander mehr Wahrheiten, als der Ehelose in Jahren erfährt, und das ist gut.
Die Erbsünde Eitelkeit spricht sich am schönsten… in dem größten aller Aussprüche aus, daß wir Ebenbilder Gottes sein wollen.
Man versteht unter Gott die verständige Ursache der Welt; also ist nur der ein Gottesleugner, der behauptet, daß die Welt keine Ursache, oder diese Ursache keinen Verstand habe.
Ich halte Weiberlachen sogar für eine Naturanstalt, die Kinder zum Frohsinn zu erziehen, und was geht über einen lächelnden Mutterblick?
Der Stolze meidet gerne Diejenigen, welche höher stehen; der Eitle drängt sich lieber zu ihnen; der wahre Mann von Ehre ist aber um beides, sowie um Ehrenbezeigungen selbst, am wenigsten bekümmert.
Das Hus stod in Gottes Hand. Ach, behüt’s vor Feuer und Brand, vor Sturm und Wassersnoth! Mit äna Wort: Laß stoh wie’s stod!
Viele halten die Unparteilichkeit ihres Herzens für die ihres Kopfes, und leider noch weit mehrere affektieren bloß Herzensgefühle.
Lieber Gott! Bitte vermehre entweder meinen Kredit oder vermindere meinen Appetit! Ich bitte dich um nichts als um das Notwendigste, ein bißchen reichlich freilich! Ich bitte dich auch nicht um Gut und Geld, sondern zeige mir nur, wo es ist!
Religion ist ein Prisma, von dessen sieben Farben sich jeder seine Lieblingsfarbe wählen mag, alle aber rühren nur von einem Sonnenstrahl.
Gevatter Buchhändler jammert, wenn die Ware nicht dutzendweise abgeht, und der Lachshändler verkauft vier Wochen lang an einem Lachs, der Heringshändler in einem Tage hundert dürre Heringe!
Tugenden werden nicht nach ihrem innern Wert geschätzt und geordnet, sondern nach der Standesbrille.
Um Recht zu tun, braucht’s wenig, und insofern hätte Cicero recht, wenn er binnen drei Tagen ein Rechtsgelehrter zu werden sich getraute, aber um ungestraft Unrecht zu tun, dazu gehört ein Studium.
Es gibt Männer, welche die Beredsamkeit weiblicher Zungen übertreffen, aber kein Mann übertrifft die Beredsamkeit weiblicher Augen.
Genuß verhält sich zur Freude wie Tier zu Mensch.
Auf einem Berge stehend umfassen wir die Natur wie das Kind, das auf einen Stuhl gestiegen ist, um den Vater desto besser umarmen zu können.
Komplimente sind wie Münzen, deren innerer Wert nie dem Stammwerte gleich ist.
Der Schlaf ist das einzige Geschenk, das uns die Götter ohne Arbeit gaben, aber mit der Arbeit dreifach versüßen.
In England und Holland wägt man den Mann nach seinem Gelde, bei uns nach Ahnen und Titel, in Frankreich nach Witz und Manieren; unsere Alten aber wogen nach Stärke und Tapferkeit.
Geschichte ist eigentlich nichts anderes als eine Satire auf die Menschheit.
Allerwärts klagt der Mensch Natur und Schicksal an, und sein Schicksal ist doch in der Regel nur Nachklang seines Charakters, seiner Leidenschaften, Fehler und Schwächen.
Keine Religion macht an und für sich selig, sondern allein die Tugend, die durch Religion erwärmt und gebildet werden soll.
Ackerbau und Viehzucht sind die zwei Brüste, die den Staat sicherer säugen, als die Gold- und Silberminen Perus.
Unser Wort – unsterblich -… hat ungemein viel Komisches, nirgendwo aber mehr als über Gräbern.
Ein abgewiesener, gekränkter Liebhaber erregt selten Anteilnahme, und doch gehört ganz gewiß diese Art von Kränkung zu den allerherzergreifendsten.
In das Kabinett der Großen geht der beste und nächste Weg durch die Garderobe, neben dem Nachtstuhl vorbei.
Der Hauptbeweis für den Nutzen der Satire ist: alte Satiren werden nicht mehr gelesen; sie haben die belachten Torheiten verschwinden machen.
In der Regel sind Schwätzer leere Flaschen, volle klingen nicht.
Der herrschende Ton ist immer der gute Ton, wenn er auch nicht der rechte ist.
Liebe hat die Natur, Ehe die Vernunft gestiftet.
Zeitungsschreiber leben auf den Flügeln der Zeit und von der Zeit und sind Politiker, die in den Augen des gemeinen Mannes auch dafür gelten.
Ich habe mich schon oft gewundert, daß nicht durch ganz Europa das Sprichwort läuft: Grob, flegelhaft wie ein deutscher Student.
Fröhliche Menschen sind nicht bloß glückliche, sondern auch in der Regel gute, wohlwollende Menschen ohne Neid und Grämelei, ohne Klatscherei und Verleumdung, die recht gerne so weit möglich den Bösen aus dem Wege gehen.
Das Muss ist ein grober Brettnagel; aber ein bisschen Philosophie söhnt das „Muss“ mit dem „Ich will“ vollkommen aus.
Man sagte zwar: „Niemand lebt von der Luft“, aber leben nicht Windmüller und Zeitungsschreiber?
Preßzwang ist eine moralische Stallfütterung, wo allenfalls etwas mehr Mist gewonnen, das Vieh aber ungesünder wird.
Bücher regieren die Welt, die Tinte ist das fünfte Element und die Presse ist die Artillerie der Gedanken.
Jedes Jahrhundert hat seinen eigenen Geist der Zeit, folglich auch seine eigenen Lächerlichkeiten, die noch dem nachfolgenden erst klar und zum Lachstoff werden.