Jules Renard Zitate
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Kein Leben ist so kurz, daß es keinen Raum für Langeweile hätte.
Die Ratten töten, die meine Kirschen fressen, wozu? Ich kaufe mir lieber ein halbes Pfund Kirschen als ein halbes Pfund Rattengift.
Die Menschen werden alle gleich geboren, aber schon am Tag darauf sind sie es nicht mehr.
Das Leben ernst nehmen wie eine Posse.
Die Leute sind wirklich erstaunlich: Sie erwarten einfach, daß man sich für sie interessiert.
Träumereien sind der Mondschein der Gedanken.
Der Tourist. In einem Gespräch von nur einer Viertelstunde verleidet er mir die halbe Welt.
Viele Menschen haben sich umbringen wollen und sich zuletzt damit begnügt, ihre Photographie zu zerreißen.
Ich sitze an meinem Schreibtisch wie der Esel in einer Box. Ich lese und bin faul. Mein Geist ißt und käut wieder.
Es genügt nicht, glücklich zu sein; es gehört auch dazu, daß andere unglücklich sind.
Die Angst vor der Langeweile ist die einzige Entschuldigung für die Arbeit.
Wenn eine Frau sagt: ein Mann wie Sie – ist es, als würde sie sagen: Wann immer Sie wollen, mein Herr.
Horizont. Was für ein Horizont? Etwas mehr, etwas weniger, Sie können ihn ja doch nie mitnehmen!
Faulheit ist die Angewohnheit, sich auszuruhen, bevor man müde wird.
Man schweigt aus gewichtigen Gründen, handelt aber meist nur aus geringfügigen.
Sobald eine Wahrheit aus mehr als fünf Zeilen besteht, nähert sie sich schon dem Roman.
Wenn ich das Leben noch einmal leben könnte,würde ich es wieder so wollen, wie es war. Ich würde nur mit offenen Augen durchs Leben gehen.
Ein Pedant ist ein Mensch, der geistig schlecht verdaut.
Wirklich frei ist nur derjenige, der eine Einladung zum Essen abzulehnen vermag, ohne erst irgend einen Vorwand suchen zu müssen.
Der wirklich freie Mensch ist der, der eine Einladung zum Essen ausschlagen kann, ohne dafür einen Vorwand angeben zu müssen.
Der Vogel, der einen Ballon sieht, sagt sich womöglich: Ich möchte fliegen können wie er, ohne Flügel. Und das ist dann Fortschritt.
Sterne – dieses Feuerwerk, das in der Luft bleibt.
Ein Kritiker muß die Wahrheit sagen. Er muß sie aber auch kennen.
Der Abscheu vor dem Bürger ist bürgerlich.
Jemand, der an nichts glaubt, kann durchaus ein Ehrenmann sein.
In einer dicht gedrängten Menschenmenge dieses Gefühl, die Leute schauten einem in die Ohren.
Ach! Könnten wir doch auf einen Stuhl steigen und unser Ohr fest an den Mond pressen! Was er uns nicht alles sagen würde!
Das Wilde ist so in Mode, daß es schon wieder fade wirkt.
Das Gelehrte verallgemeinert, der Künstler unterscheidet.
Antwort auf eine schwere Beleidigung: Ach! Das sagen Sie doch nur, um mich zu decken.
Gott ernähret die Vögel unter dem Himmel – und im Winter läßt er sie verhungern.
Wir müssen das Leben durch Sanftmut bezwingen.
Man ist nicht glücklich: Unser Glück, das ist das Schweigen des Unglücks.
Wenn du glaubst, Geld bringt dir kein Glück, gib es mir.
Nichts ist so banal wie ein normaler Zustand.
Es gibt Augenblicke, da gelingt uns alles. Kein Grund zu erschrecken: Das geht vorüber.
Loben ist wie Geldanlegen: wir erwarten, daß es uns mit Zinsen zurückfließt.
Es gibt Leute, die sind so langweilig, daß man bei ihnen in 5 Minuten einen ganzen Tag verliert.
Die Ironie ist ein Element des Glücks.
Es gibt Leute, die ziehen gerne zurück, was sie gesagt haben, so wie man ein Schwert aus dem Bauch seines Gegners zieht.
Der Vogel im Käfig weiß nicht, daß er nicht fliegen kann.
Die Welt wäre glücklich, stände sie auf dem Kopf.
Endlich weiß ich, was den Menschen vom Tier unterscheidet: die Geldsorgen.
Jeder Mensch hat Zeiten, wo ihm alles gelingt. Aber das braucht niemanden zu erschrecken – das geht schnell vorüber.
Eine schöne Tat eines anderen, und schon erscheint uns unser Leben fade.
Die Priester verkaufen das Fell des großen Bären, ehe sie den Himmel besitzen.
Ein schlechter Stil ist ein unvollkommener Gedanke.
In meiner Kirche gibt es kein Gewölbe zwischen mir und dem Himmel.
Es fällt viel schwerer, eine Woche lang ein guter Mensch zu sein als eine Viertelstunde lang ein Held.
Die Freidenker, die sich bekehren lassen, kommen mir vor wie jene keuschen Männer, die das Weib verachten, bis sie der ersten besten Hure auf den Leim gehen.