Johann Nestroy Zitate
seite 6
Großzügigkeit verhilft zu Ansehen.
Es ist nur ein Vorrecht der Jugendkraft, über die Grabhügel der Vergangenheit die Blumen der Gegenwart zu streuen.
Es gibt Sachen, denen man nicht ausweichen kann im Leben, darunter gehört das Balbiertwerden; und das ist immer noch am erträglichsten, wenn’s nur vom Balbierer geschieht; wenn einem aber Angehörige balbieren, Frauen, Töchter…
Bei den Männern gibt s‘ keine Menschenkenntnis; denn wenn man s‘ kennt, lernt man s‘ als Unmenschen kennen.
Wahrheit ist das Erhabenste – drum kann man’s nicht jedem auf die Nase binden.
Ihre Ahnen waren Räuber, meine nur Beraubte.
Ein königliches Paar sitzt seit Anbeginn auf dem Erdenthron und regiert den staatlichen Menschenbund. Egoismus heißt der Herrscher, die Herrscherin heißt Eitelkeit, und die nimmersatten Leidenschften bilden ihr unverantwortliches Ministerium.
Es gibt wohl viele, die ganz stolz den Selbstmord eine Feigheit nennen. Sie sollen’s erst probieren; hernach sollen’s reden.
Man grinset immer, wenn man neue Bekanntschaften macht.
Volksvertreter – und kann nichts vertreten als seine Stiefel.
Meine Ureltern waren Bandkramer, die Ritter haben vom Stegreif g’lebt, den Krämern Zoll abgenommen, auf deutsch, sie ausg’raubt… jetzt frag ich also, warum ist das edler, wenn man von die Räuber, als wenn man von die Beraubten abstammt?
Das [er hat gezögert und dann ist ihm jemand zuvorgekommen] gehört zu dem famosen Pech, welches, mit den Steinen des Anstoßes vermengt, den Asphalt zum Lebenspfad eines Malheurmenschen bildet.
Das Schicksal nimmt manchmal, um nicht zu schrecken, die launige Miene des Zufalls an.
Gewissen ist der elastischste Stoff, heut‘ kann man’s kaum über Maulwurfshügel spannen, morgen deckt man ganze Berge damit zu.
Ich sehe schon wieder einige, die nicht da sind.
Der armselige Ertrag von Lektionen im Italienischen und Französischen sollte meinen Magen befriedigen, der nur Deutsch versteht.
Die Kranken geben bei weitem nicht so viel Geld aus, um gesund zu werden, wie die Gesunden, um krank zu werden.
Dienstleuten muß man nichts anvertrauen; das sind die Plakate der Geheimnisse des Herrn und der Frau, die lebendige Preßfeiheit jeder häuslichen Konstitution.
Ich stehl kein Geld, denn ich bin ein ehrlicher Mann; doch das wär geringste; aber ich fürchtet mich schon vorm Erwischtwerden so stark, das ist mir die Hauptsach‘.
Das Übelste ist, daß ich da denke, wo man fühlen soll.
Die Welt ist die wahre Schule, denn da lernt man alles von selbst.
Die Ehre ist die feine Wäsche, in welche sich die Seele des Gebildeten kleidet, drum muß so eine Ehre auch fleißig gewaschen werden; das geht aber nicht mit Wasser und Seife, nur mit dem Blute des Beleidigers wäscht man die Ehre ab.
Was nach der Sage dem Schneider das Bügeleisen im Sack, das ist dem Glücklichen ein kleines Stückl Kummer im Herzen, sonst gingen trotz dem allgemeinen Gesetz der Schwere beide in die Luft.
Wer zählt die Grabinschriften meiner Hoffnungen?
Im Haus schmeckt einem der beste Trunk nicht. Im Wirtshaus muß man sein, da ist das schlechteste G’säuf ein haut goût.
Grundsätze sind enge Kleider, die einen bei jeder freien Bewegung genieren.
Gute Vorsätze sind grüne Früchte, die abfallen, ehe sie reif sind.
Das Glück ist das neue Tor, vor dem der Unglückliche als Kuh dasteht.
Im Liebesdrama heißt die erste Abteilung Sehnsucht, die zweite Besitz, und die ungestüme Jugend duldet da keinen Zwischenakt.
Die Nerven von Spinngeweb‘, d’Herzen von Wachs und d’Köpferl von Eisen, das ist ja der Grundriß der weiblichen Natur.
Man redet gegen die Lotterie, ohne zu bedenken, daß sie die einzige Spekulation der Armen ist. Die Lotterie verbieten heißt: dem das Reich der Träume verwehren, dem die Wirklichkeit ohnedies nichts geboten.
Käm‘ euch das nicht lächerlich vor, wenn einer einen Besenstiel über quer haltet und zu einer Armee saget: „Bis hierher und nicht weiter!“ Und weit lächerlicher is es noch, wenn einer mit morschen Ansichten sich der Zeit entgegenstemmt.
Wie nennt man alles Erschaffene mit einem Namen? – Man nennt es Natur, und deswegen kann es auch keine Kunst gewesen sein, alles zu erschaffen, denn wenn es ein Kunstwerk wär‘, so wär‘ es keine Natur!
Da haben wirs; wenn ein’n wer verrat, so kann man pariern drauf, es is ein guter Freund.
Daß es Leut‘ gibt, die auf ein‘ Ball gehn, das find‘ ich begreiflich, aber daß es Leut‘ gibt, die einen Ball geben, das is das, was mir ewig ein Rätsel bleibt.
Die Taille ist die merkwürdigste Linie des Menschen, sie halbiert nicht nur jedes einzelne Individuum, nein, sie teilt auch das ganze schöne Geschlecht in zwei Teile, nämlich in solche, welche eine Taille haben, und in solche, welchen der Schneider erst eine machen muß.
Jetzt bin ich wirklich neugierig, wer stärker ist, ich oder ich.
… die Macht des Geldes – Ist nichts, aber die Macht des Kleingeldes ist furchtbar! Kein Geld haben zwingt zu allem.
Verheiratete seufzen immer tiefer als die Liebenden.
Dieser Mensch hat einen unausstehlichen Scharfsinn – ! Das sollte streng verboten sein, es ist ein Eingriff in das geistige Eigentum, wenn einen jemand so durchschaut.
Auf die guten Täg‘ haben die Reichen, aber auf die guten Nächt‘ nur die Glücklichen ein Monopol.
Ein Strauchen dauert drei Wochen, ein Krampfkatarrh ein Vierteljahr… die Hühneraugen lebenslänglich… und mit’m Gemüt gar…! Da is eine ewige Patzlerei.
Die Zukunft bietet Hoffnungen, aber wie zur Hoffnung gelangen ohne sie?
Das is a alte Wahrheit: über a altes Weib geht nix als a Mann, der a alt’s Weib ist.
Die Jugend ist nicht so glücklich, als man glaubt, die Seele ist in diesen Jahren allen Schreckbildern der Phantasie, den Schmerzen der Sehnsucht offen, ohne sich der Kraft der Vernunft zu erfreuen, die Affekte zu lenken.
Es ist so edel, wenn man seine Hand einem Menschen in die Hand legt, dem man’s von rechtswegen in’s G’sicht legen sollt!
Wir wollen in die Stadt marschieren, Und drinnen unser Glück probieren.
Der strebsame Mensch muß nichts fürchten, wenig glauben und alles hoffen.
Es gibt einen Glauben, dessen wir zu sehr bedürfen, um ihn den Chancen eines Examens zu unterwerfen.
Das Volk ist ein Ries‘ in der Wieg’n, der erwacht, aufseht, herumtargelt, alles zusamm’tritt und am End‘ wo hineinfallt, wo er noch viel schlechter liegt als in der Wiegen.