Johann Nestroy Zitate
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Ehen werden im Himmel geschlossen, darum erfordert dieser Stand auch meistens eine überirdische Geduld.
Laßt’s mich aus, die Natur kränkelt auch an einer unerträglichen Stereotypigkeit.
Ich habe elende Millionärs und glückliche Tagelöhner gesehen.
Ich zweifle noch immer… na ja, warum soll ich denn nicht zweifeln, wenn’s mir eine Erleichterung verschafft? Zweifeln kann man an allem, und unter zehnmal zweifelt man neunmal mit vollem Recht!
Ich denke selten, nur wenn man mich bei d‘ Haar dazu zieht; wenn ich aber anfang‘ zu denken, nachher denk‘ ich mir, was ich will.
Groß ist des Vorurteils bindende Kraft.
Was kann der Mensch, dessen Leben nix anders als ein an seinem Geburtstag gefälltes, auf unbestimmte Zeit sistiertes Todesurteil ist, G’scheiteres tun, als er laßt sich in resignierter Delinquentenmanier noch nach Möglichkeit gut g’schehn mit einer Gustospeis?
Zum Glück gibts nur zwei Wege; entweder sich so hoch erheben, daß einem die Welt winzig erscheint, oder sich niederlassen in eine tiefe Furche, wo einem jeder Grashalm als etwas Großes erscheint.
Die Phönizier haben das Geld erfunden – aber warum so wenig?
Und überhaupt, ich hab das Liebesgewerbe anheimgesagt; ich gehör nicht zu die Männer, die den Alten-Weiber-Sommer ihrer Gefühle für Jugendglut halten, die glauben, ihr Herz lebt noch, weil’s manchmal Zuckungen macht wie ein galvanisierter Froschschenkel, und ’s ist deßtwegen doch schon tot.
Bis die Menschen wieder so gescheit werden, wie sie vor zweitausend Jahren gewesen, können immerhin noch zweitausend Jahre vergehen.
Das wahre Genie kennt keine Schranken.
Ich find‘, jede Beleuchtung is unangenehm. Wenn man jemanden haßt, is man froh, wenn man ihn nicht sieht – wozu die Beleuchtung? – Wenn man jemanden liebt, is man froh, wenn einem die anderen Leut nicht sehn.
Die Erfahrung ist nur die Frucht begangener Irrtümer, drum muß man sich etwas verirren.
Ich glaube von jedem Menschen das Schlechteste, selbst von mir, und ich hab‘ mich noch selten getäuscht.
Wenn ein Kellner oder eine Kellnerin „gleich“ sagt, so ist das ein Aufruf an die menschliche Geduld, dem jeder Gast Folge leisten muß.
Ein übergroßer Anteil der Allgemeinheit ist zu gemein, um was Gemeines jemals zu vergessen.
Einen Gang hat s‘, als wie eine Prozession die aus einer einzigen Person besteht.
Um Achte kann man noch die honetteste Geliebte besuchen; die Stunden des Verdachtes fangen erst um Viertel auf Elfe an.
Wenn zwei Ephen-Seelen sich aneinander anranken, das is so, wie wenn zwei Besoffene einander nachhaus führen wollen.
Die Liebe, das ist die Köchin, die am meisten anrichtet in der Welt.
Die Vorsehung hat mit die Reichen, die Glücklichen zu viel zu tun, für die Armen bleibt da ka Zeit.
Wie verschwenderisch er mit zwanzig erhabenen Worten das sagt, was man mit einer Silbe sagen kann! Der Mann hat offenbar Anlage zum Literaten.
Bis zum Lorbeer versteig‘ ich mich nicht. G’fallen sollen meine Sachen!
Über die Armut braucht man sich nicht zu schämen. Da gibt’s vielmehr Leut‘, die sich über ihren Reichtum schämen sollten.
Schon Seneca sagt: „Zwischen eingeladen werden und eingeladen werden is ein Unterschied, als wie zwischen Kuß und Ohrfeigen.“ Die Art und Weise, wie man eingeladen wird, is wirklich ein Zauberspruch, denn es werden dadurch oft Knödel in Ananas, oft aber auch Fasan in Kuttelfleck‘ verwandelt.
Täuschung ist die feine, aber starke Kette, die durch alle Glieder der Gesellschaft sich zieht; betrügen oder betrogen werden, das ist die Wahl, und wer glaubt, es gibt ein Drittes, betrügt sich selbst.
Ich weiß, dass die Hoffnung grün ist, weil sie dem Menschen grüne Zweige vorspiegeln muss, auf die er nie kommt.
Auch in der Liebe haben die feinsten Austernesser manchmal Appetit auf a paar Knödel und a G’selchs.
Mündliche Eheversprechen sind ja eigentlich nichts anderes als eine kompaktere Gattung von Liebesschwüren, aber deswegen doch noch lang kein reeller Gegenstand.
Muß sich den die Zukunft gerade als Rosentempel präsentieren? Es ist ja genug, wenn sie sich als bequemlichkeitsgepolsterter Schlafsessel zeigt.
Wir haben sogar Gedankenfreiheit g’habt, insofern wir die Gedanken bei uns behalten haben…
Schon daß man mein Gesuch um Zulag zwölf Jahr hat liegen lassen, schon das hat etwas zu bedeuten gehabt. Man hat nur die Gelegenheit abgewartet, rasche, energische Schritte zu tun.
Wie kann der Mensch noch Bücher kaufen, seitdem die Illustrierte existiert?
Ich liebe die öffentlichen Orte nicht; ich geh‘ daher auch für gewöhnlich immer nur in die Wirtshäuser, wo ich zu Haus‘ bin.
Kinderei! Wenn ich auch nichts von der Schriftstellerei weiß, von die Schriftsteller weiß ich desto mehr. Ich darf nur ihre Sachen göttlich finden, so sag’n sie gewiß: Ah, der Mann versteht’s – tiefe Einsicht – gründliche Bildung!“
Viel lernen und nachher viel Wissen, das ist keine Kunst; ich habe nichts gelernt und weiß doch eine Menge, da kann man von Kunst reden.
Der Mensch ist mit der Gewohnheit verwachsen, das Atemholen ist auch nur eine Gewohnheit; wenn man sich’s aber abgewöhnt, ist man hin.
„Liebenswürdig“ ist im strengsten Sinn des Wortes ein Zeitwort, weil es gänzlich der Abwandlung unterliegt, die der halbvergangenen Zeit heißt’s „passé“, in der völlig vergangenen „schiech“ und in der längst vergangenen „grauslich“.
Die Illusionen verlassen nur langsam in einzelnen Tropfen das Herz.
Man kann keinem Menschen ins Herz schaun; viel weniger in die Seel‘, denn die steckt noch hinter dem Herzen.
Der Ruf eines siebzehnjährigen Mädchens ist heiklicher, als wenn a Tabakschnupfer an weiße Pikeeweste an zieht.
Die Menschen sind schon so unsinnig, daß sie das für Wahrheit halten, worüber sie ein‘ Schein in Händen halten.
Der Zufall muß ein b’soffener Kutscher sein – wie der die Leut‘ z’sammenführt, ’s stark!
Unter Geld verstehn wir aber wenigstens eine Million! Denn was wir brauchen, haben wir. Aber wir brauchen mehr, als wir brauchen.
Die Stellung in der Gesellschaft macht es zur Pflicht, den Geist zu erweitern und das Herz zusammenzuziehen.
Wenn alle Stricke reißen – häng ich mich auf.
Ich habe nur einen Grundsatz, und das ist der, gar keinen Grundsatz zu haben. Grundsätze sind enge Kleidungsstücke, die einen bei jeder Bewegung genieren.
Wenn man ein’n hinauswirft, ist es genug; für was denn Grobheiten auch noch?
Das Beweisfordern is eine wahre Malträtierung der Menschheit. Wie schön könnt‘ man sich ausreden, wenn das nicht wär‘.