Johann Nestroy Zitate
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Es ist doch ein eigenes Gefühl, wenn man auf einem Katheder steht, und sei’s auch nur, um den Staub abzufegen! Dieser Staub hier ist Schulstaub, im Schulstaub steckt Gelehrsamkeit, in der Gelehrsamkeit Pedanterie, in der Pedanterie kalte Strenge.
Kleinigkeiten werden immer g’stohlen: Portemonnaies, Herzen, Silberlöffel, Couplets – es tut völlig wohl, wenn einmal etwas Großartiges passiert.
Dem sein Verstand taucht gar niemals über das Niveau seiner immensen Dummheit empor.
Der Mensch hat wenig vom Vater, wenn wirklich der Himmel sein Vater ist, desto mehr von der Mutter (Erde).
Ein Zensor ist ein menschgewordener Bleistift oder ein bleistiftgewordener Mensch, ein fleischgewordener Strich über die Erzeugnisse des Geistes, ein Krokodil, das an den Ufern des Ideenstromes lagert und den darin schwimmenden Literaten die Köpf‘ abbeißt.
Der Fortschritt ist halt wie ein neu entdecktes Land; ein blühendes Kolonialsystem an der Küste, das Innere noch Wildnis, Steppe, Prärie. Überhaupt hat der Fortschritt das an sich, dass er viel größer ausschaut, als er wirklich ist.
Fehlerfreie Männer gibt’s nicht, also heißt’s entweder ledig bleiben oder einen nehmen mit die Fehler.
Es ist unmöglich, die Menschen glücklich zu machen. Ihre eigene Natur duldet es nicht. Alles, was man erreichen kann, ist eine allgemeine, mäßige Unzufriedenheit, bei möglichst großer Sicherheit des Daseins.
Alle sieben Jahr‘ ändert sich der Mensch, drum ist es möglich, daß ich aufs Jahr wieder dumm werd‘!, aber heuer noch nicht.
Er sieht die Leute an, als ob sie sich bei ihm entschuldigen müßten, daß sie auch aus Leib und Seele bestehen.
Es läßt sich nichts finden, man muß den Dingen beistehen, daß sie sich finden lassen.
Liebe ist ein Beweis von Schwäche, den man einem noch schwächeren Wesen gibt.
Der Vernünftige sieht im Fortjagen nur eine Einladung, zu einer günstigeren Zeit wiederzukommen.
Die Kette meiner Erfahrungen wäre schon lange genug, und dennoch drängt’s mich, immer neue Ringe daranzuschmieden.
Das Spielen is nix für ein Reichen, wem ’s Verlieren nicht mehr weh tut, dem macht ’s Gewinnen auch kein‘ Freud‘! – Abenteuer? da muß ich lachen! für einen Reichen existieren keine Abenteuer. ’s Geld räumt zu leicht d‘ Hindernisse auf die Seiten.
Sitzenlassen ist immer billiger als Heiraten.
Die Lieb is a Spagat der die Herzen, der Ehstand ein Strick, der die Händ zusammenbindt.
Das is eine grassierende Krankheit bei den Männern, daß so viele nicht so sind, wie s‘ sein sollen.
Wohlgeboren ist das dümmste Wort, denn jeder Sterbliche ist Wehgeboren.
Man soll die Verwirrungen des Geistes nicht für ein Bedürfnis des Herzens halten.
Wenn ich mir meinen Verdruß net versaufet, ich müßt‘ mich g’rad aus Verzweiflung dem Trunke ergeben.
Es gibt mitunter geniale Herzen, die der Zeit vorauseilen und den Ersatz schon vor dem Verlust finden.
Niemand macht eine reichere Undanksernte als der Arzt. Heilt er einen Patienten, so schiebt’s der Freigeist auf eine starke Natur, der Religiöse auf den Beistand des Himmels; stirbt ihm aber ein Patient, dann geben alle Parteien aber immer nur dem Doktor die Schuld.
Von halber Achte bis viertel auf Eins! Es sein nicht ganz fünf Stunden, aber wann’s ein Liebhaber mit einem Herzen voll Verdacht durchpassen muß, dann ist es ein so ungeheurer Zeitraum, daß drei Ewigkeiten samt Familie kommod Platz haben drin.
Die einzigen Wesen sind eine Einbildung, die tägliche Erfahrung zeigt, daß unser Herrgott die Menschen dutzendweise erschafft.
Ich hab‘ einmal einen alten Isabellenschimmel an einem Ziegelwagen g’sehn, seitdem bring‘ ich die Zukunft nicht mehr aus’m Sinn.
Wer mitten in Millionen drinnen steht, der sieht vor sich und hinter sich nur Millionen und braucht weiter keine Vorsicht und keine Rücksicht.
Meine Reisen, das war das letzte hinausgeworfene Geld! Ich hab‘ sollen die Welt kennen lernen und ich hab‘ gefunden, die Welt ist grad‘ so, wie ich mir’s vorgestellt hab‘.
Wir sollen unser Herz nicht so an vergängliche Kreaturen hängen, sagte der Witwer beim Tode seiner Frau.
Ich verstehe die Sachen recht gut, es ist nur der Umstand, ich kenn‘ mich alle Augenblick‘ nicht aus.
Ja, die reichen Leut‘ wissen nicht, in was für enorme Verlegenheit sie oft die Armen stürzen, bloß durch das, daß sie in ihrer glücklichen Gedankenlosigkeit Kleinigkeiten schuldig bleiben.
Eine Alte sagt von einem reizenden Mädchen: so habe ich ausgesehen.
Wenn man verstimmte Frauen, notabene solche, die nicht auf Präsente anstehen, umstimmen will, so g’hören zwei Stimmschlüssel dazu; der eine heißt imponieren, der andere niederknien!
Die Mehrzahl der Menschen ist so: Macht man ihnen bescheiden Platz, so werden sie unverschämt. Versetzt man ihnen aber Ellbogenstöße und tritt ihnen auf die Füße, so ziehen sie den Hut.
Leih‘ i wem was, so stirbt’r oder kommt auf’n Hund. Hingeg’n meine Gläubiger bleib’n frisch und gesund.
Die Erde ist ein himmlischer Planet, auf dem die Unglücklichen ein höllisches Leben haben.
Der Staat ist nichts als die multiplizierte Urhorde.
Die Alltäglichkeit übt über alle ihre Rechte aus.
Wer sein Glück nur in Träumen findet, paßt nicht zu wirklichen Freuden.
Gut können s‘ sein, die Männer, edel, großmütig, alles können s‘ sein, nur nicht brav. Ihr Charakter kann die herrlichsten Bilder zeigen, aber Falschheit bleibt doch immer die Grundfarb‘.
Der Mensch is‘ gut, aber die Leut‘ san a G’sindel!
Frauen werden auch oft gestohlen; aber man merkt’s nicht, denn sie gehen im Haus herum. Einen andern Diebstahl zeigt man an; bei der Frauenentwendung blamiert man sich, wenn man ein G’schrei macht.
Was ist ein Mann? Ein Hosenträger!
Mit ein bisserl Charakter kann der Mensch sein Unglück prächtig verschweigen, aber ’s Glück – da wird jeder Atemzug zur Heroldstrompeten, jede Bewegung trommelts aus: „hier ist a kolossale Seligkeit zu sehn!“
Das ist eben das Dumme und höchst Ungerechte. Wenn die reichen Leut‘ nicht wieder reiche Leut‘ einladeten, sondern arme Leut‘, dann hätten alle genug zu essen.
Ein roher Mann, wird er auch noch so sehr am Feuer der Liebe gebraten, es wird nie etwas Genießbares d’raus.
Gelehrte Köpfe ruhen meistens auf schlechten Unterleibern.
Wirklichkeit ist immer das schönste Zeugnis für die Möglichkeit.
Das Maßnehmen is das, was den Schneider über tausende seiner Mitmenschen erhebt; der Schneider bemißt das früher, was er ins Werk setzen will; das sollen viele große Männer lernen, solang s‘ noch klein sind, denn natürlich, als so großer lernt man nix mehr; was groß is, is ung’schickt.
Die Gelegenheit hat das Lehrbubenartige, daß man sie beim Schopfe packen muß.