Johann Gottfried Herder Zitate
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Pflichten und Rechte gehören zusammen, wie obere und untere, wie die rechte und die linke Seite. Was hier konkav ist, ist dort konvex und bleibt dieselbe Sache.
Nichts in der Welt hat mehr Sprünge und kühne Würfe als die Lieder des Volkes.
Mäßigkeit des sinnlichen Genusses ist ohne Zweifel eine kräftigere Methode zur Philosophie der Humanität, als tausend gelernte künstliche Abstraktionen.
Nicht darauf beruht unser Heil, daß alles komme, wie wir es gerne nehmen, sondern daß wir es gerne nehmen, wie es kommt.
Seine Muttersprache verstehen, recht und andringend reden, gescheit und vernünftig schreiben lernen, muß jetzt ein jeder. Es ist ein redendes und schreibendes Jahrhundert; das folgende wird es nach allen gegebenen Anlagen nicht minder werden.
Man lerne den Stil aus dem Sprechen und nicht Sprache aus künstlichem Stil.
Wohlwollen ist die erste Grazie des Lebens.
Liebe ist das edelste Erkennen, wie die edelste Empfindung.
Es ist das Los der Menschen und Bestimmung zur irdischen Glückseligkeit weder ans Herrschen, noch ans Dienen geknüpft. Der Arme kann glücklich, der Sklave in Ketten kann frei sein: der Despot und sein Werkzeug sind meistens in ganzen Geschlechtern die unglücklichsten und unwürdigsten Sklaven.
Jeder Lehrer muß seine eigene Methode haben, er muß sie sich mit Verstande erschaffen haben, sonst frommt er nicht; ein blinder Führer der Blinden!
Wie oft hat der Ton eines Gesanges, der simple Gang einiger himmlischer Töne einen Menschen aus dem tiefsten Abgrund der Traurigkeit bis in den Himmel erhoben.
Wer des Feuers genießen will, muß sich den Rauch gefallen lassen.
Waren die Römer weiser und glücklicher, als es die Griechen waren? Und sind wir’s mehr als beide?
Dem Künstler sind Götter und geistige Wesen nicht blos personisirte Abstrakta, so bald er sie in Handlung kann erscheinen lassen.
Ein bescheidenes Gefühl wünscht wenig; es beschneidet der fernhin flatternden Phantasie die Flügel. Diejenigen Wünsche aber, die es in seiner stillen Einsamkeit ausbrütet, sind um so gewisser erfreuliche Boten einer schönen Zukunft.
Durch feine Spekulationen ist nie der Geist einer Nation geändert, aber durch große Beispiele allemal.
Gute Handlungen bleiben nie ohne gute Folgen. Früh oder spät kommt ihr Lohn.
Das gemeinste Werk wird uns schwer, sobald es nur der Körper verrichtet, aber die Liebe macht uns das schwerste Geschäft leicht; sie giebt uns zur langwierigsten, entferntesten Bemühung Flügel.
Die Mythologie ist eigentlich Poetisch, und hat Dichterische Gesetze.
Der tiefste Grund unsres Daseins ist individuell, sowohl in Empfindungen als in Gedanken.
Schwere des Goldes Wer Gold siehet, und wär‘ er selbst der Gerechtigkeit Waage mit dem eisernen Arm, neiget sich nach dem Gewicht.
Bitter und süß ist der Abschiedskuß an der Lippe des Freundes.
Der Mensch ist zur Hoffnung der Unsterblichkeit gebildet.
An keinem Umstande, glaube ich, läßt sich der eigentliche Charakter eines Mannes oder einer Nation so unterscheidend erkennen als an der Behandlung des Weibes.
Aufklären heißt nicht bilden; alle Aufklärungsanstalten verfehlen nicht allein, sie vernichten den letzten Zweck aller Bildung: Menschheit und Glückseligkeit.
Nehmt die äußere Hülle weg, und es ist kein Tod in der Schöpfung; jede Zerstörung ist Übergang zum höhern Leben.
Die Religion ist das Mark der Gesinnungen eines Menschen.
Schönheit der Nachtigall ist der Nachtigall liebliche Stimme, Schönheit des Weibes ist sanfte gefällige Treue.
Vernunft, o Mensch, und Wille sind die Waffen, dein Glück zu schaffen.
Wir lieben immer mehr das Halbe als das Ganze, den versprechenden Morgen als den Mittag in höchster Sonnenhöhe.
Der Politik ist der Mensch ein Mittel; der Moral ist er Zweck.
Im Feuer der Widerwärtigkeit und auf dem Amboß der Armut härtet sich edles Metall, während unedles zerrinnt und zerstiebt.
Du bist tugendhaft gewesen: zeige mir deine Tugend auf. Sie ist null, sie ist nichts! Sie ist ein Gewebe von Entsagungen, ein Fazit von Zeros.
Alle wissen wir, daß die Echo uns nur den Schall unserer Worte zurück gibt, daß, wie wir fragen, sie uns antworte.
Gibt die Buchdruckerkunst nicht dem Wort Allgegenwart Gemeinnutz und Ewigkeit?
Der Aberglaube macht die Gottheit zum Götzen, und der Götzendiener ist um so gefährlicher, weil er ein Schwärmer ist.
Nichts ist unglaublich, nichts ohne Hoffnung ganz, für Männer.
Edelleute mit Renten leben auf dem Lande, oder vielmehr in den Wäldern, wo sie denn auch so wild werden als die Tiere, die sie jagen.
Wahrheit und Gerechtigkeit, die Ordnerinnen der Welt, als sie sich ein inneres Heiligtum suchten, fanden sie es auf Erden nirgends als im Geist, in der Brust des Menschen. Da wohnen sie noch; da tönt ihre Stimme wieder.
Rechnen muß jeder Knabe lernen, damit er sein Leben berechne, denn die gesamte Vernunft, zumal die Führung menschlicher Dinge, heißt Rechnen.
Wir leben in der Zeit; folglich müssen wir auch mit ihr und für sie leben und leben lernen.
Sophokles Philoktet leidet nicht mit brüllendem Geschrei. Die Helden Homers fallen nicht mit Geschrei zu Boden. Schreien kann nicht ein nothwendiger Charakterzug einer Helden- und Menschlichen Empfindung seyn.
Dulde mein Freund! Geduld ist die schönste Zierde der Edlen.
Ein Weiser wird gefragt, warum ihn Gott so gesegnet habe in seinem Leben? „Weil ich die kleinste Pflicht wie die größte tat“, antwortete er, „darum hat mich Gott gesegnet.“
Gebt mir eine große Idee, daß ich an ihr gesunde!
Wie unser Gang ein beständiges Fallen ist zur Rechten und zur Linken, so ist der Fortschritt der Völker zu Cultur.
Der Geist ist stärker als die Klingen.
[…] Und im menschlichen Leben sollte nicht eben dies Gesetz walten, das, innern Naturkräften gemäß, aus dem Chaos Ordnung schafft und Regelmäßigkeit bringt in die Verwirrung der Menschen? Kein Zweifel! wir tragen dies Principium in uns, und es muß und wird seiner Art gemäß wirken
Friede ist der Naturzustand des unbedrängten menschlichen Geschlechts.
Wie sich Aufrichtigkeit mit höflichem Sinne vereinigt? Vor mir sei höflich, o Mann! hinter mir redlich und klug.