Jean Paul Zitate
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Heiterkeit oder Freudigkeit ist der Himmel, unter dem alles gedeihet, Gift ausgenommen.
Er zog sein schlechtestes Gewand an, wenn er mit jemandem ausging, der ärmer war als er.
Jeder hat etwas, worin er selbst denkt, und etwas, worin er nachbetet.
Wir sind viel zu höflich, um vor ansehnlichen Leuten ein Ich zu haben. Ein Deutscher ist mit Vergnügen alles, nur nicht er selber.
Die Liebe ist, ihr Ende ausgenommen, sich überall gleicher, als man sagt.
Die Personen können sich am leichtesten verstellen, die vorher gut waren; wie Schauspieler die Rollen, die ihrer natürlichen am nächsten kommen, gut spielen.
Leben belebt Leben, und Kinder erziehen besser zu Erziehern als alle Erzieher.
Das Entreebillett zur Freude ist ein gutes und dann ein ruhiges Herz.
Das Bette ist ein guter Beichtstuhl und die Audienza des Gewissens.
Wer die Erde verloren, schaue gen Himmel; wer sie gewonnen, schaue wieder zum Himmel; er heilt das verblutete wie das pochende Herz.
Das Alter achtet die Liebe, aber – ungleich der Jugend – wenig die Zeichen der Liebe.
Jedes Ich ist Persönlichkeit, folglich geistige Individualität.
Das schönste, was wir in der Vergangenheit angetroffen haben, ist die Hoffnung.
Es hat mich oft verdrüßlich gemacht, daß ich jeder Vorrede, die ich schreibe, ein Buch anhängen muß
Gestorbne Freunde sind Ketten, die uns von der Erde ziehen und fester mit einer bessern Welt verknüpfen.
Die Mutter liebt der Art Menschen, von der ihr Sohn ist; gibt dem Handwerksburschen, wenn ihr Sohn einer, mehr.
Die besten Weiber verklagen oft gegen einen Fremden ihre Männer, ohne sie darum im geringsten minder zu lieben.
Die Schlange wechselt zwar öfter die Haut, aber nie die nützlichen Giftzähne!
Man nützt und versteht nur solche Lebensregeln, von denen man die Erfahrungen, worauf sie ruhen, so durchgemacht, daß man die Regeln hätte selber geben können.
Weiber gewöhnen sich Gleichgültigkeit und Unaufmerksamkeit gegen Wissenschaft und Taubheit an, weil die Männer zu oft vor ihnen von wissenschaftlichen Dingen reden, die ihnen unbekannt.
Wußten sie nicht so gut, als jeder Gemeine, daß in der vornehmen Ehe die Gatten als zwei Fetttropfen im Wasser schwimmen, ohne in einander zu fließen […]?
Die Wunden, die die Maschinen des Schicksals in uns schneiden, fallen bald zu; aber eine, die uns das rostige stumpfe Marterinstrument eines ungerechten Menschen reißet, fängt zu eitern an und schließet sich spät.
Die Wettergespräche [kommen] nicht von Langweile, sondern weil der Mensch immer eine starke fortdauernde Empfindung mit Worten äußern und geben will – wäre Krieg, so gäb’s Kriegsgespräche.
Manche Menschen macht man durch die größten Wohltaten nicht so warm als durch das kleinste Lob.
Ein froher Sinn ist wie ein Frühling. Er öffnet die Blüten der menschlichen Natur.
Jedes Genie aber ist in seiner Sprache, jedes Herz in seiner Religion allmächtig.
In gewissen Jahren wird das Leben ein fortdauerndes Verlieren. – Gott erhalte mir meine Freunde! Es wäre wirklich schön, wenn man in Gesellschaft sterben könnte, wenn man in Gesellschaft gelebt.
Man vergleiche abends die eine Tagreihe, worin man das am Morgen gesäte Schmerz-Unkraut ausgerissen, mit einer anderen Tagreihe, worin man dasselbe gepflegt und begossen.
Keine Schamröte über eine Sünde ist so brennend, als über eine lügende.
Unschuld, nur wenn du dich nicht kennst, wie die kindliche, dann bist du eine; aber dein Bewußtsein ist dein Tod.
Man tut oft bloß stolz, weil man vermutet, der andere denke stolz.
Diese Staatbediente haken und greifen wie Schindeln in einander, um einander zu halten und zu decken.
Wenn der Mensch sein eigner Freund nicht mehr ist, so geht er zu seinem Bruder, der es noch ist, damit ihn dieser sanft anrede und wieder beseele.
Fühltest du etwa […] daß alles, was die Liebe tut, um zu sterben, nur ein Mittel ist, um wieder zu auferstehen, und daß alle ihre Epilogen nur Prologen zum zweiten Akte sind?
Schön, dass der Hundzahn nicht hohl wird; aber leider wird’s der Weisheitszahn.
Das Weltleben schleift alles Große am Menschsein weg, wie das Wetter an Statuen und Leichensteinen gerade die erhabenen Teile wegnagt.
Zur Lebensart gehört, daß man auch gegen sich höflich sei.
Wie Erfinden angenehmer als Ausarbeiten, so ist’s Sprechen mehr als Schreiben.
Wie Nachtigallen am liebsten vor einem Echo schlagen, so spricht unser Herz am lautesten vor Tönen.
Manche Menschen verstecken, wie viele indische Bäume, unter äußern Stacheln und dornigem Laub die weiche, kostbare Frucht des menschenfreundlichen Herzens.
Auf Rechte ist niemand stolz, sondern auf Vorrechte.
Talente können sich untereinander, als Grade, vernichten und erstatten; Genies, als Gattungen, aber nicht.
Warum halten sich die Menschen für scharfsichtiger, wenn sie das geheime Böse entdecken, als das geheime Gute?
Wieviel ist Jurisimprudenz in der Jurisprudenz, ausgenommen bei Unrechtsgelehrten!
Nur recht berühmte Leute kann man leicht fein loben.
Das Leben – das Sterben – die Unsterblichkeit; diese drei bilden den Dreiklang der menschlichen Endlichkeit.
In jeder Liebe ist ein Schmerz, denn welches Geliebte ist glücklich genug, auch wenn man es nicht verliert.
Was tut’s? Nur weh.
Gegen eine Fehlschlagung eines Plans gibt’s keinen bessern Trost, als auf der Stelle einen neuen zu machen oder bereitzuhalten.
Nach einem bösen Traum sieht man, welchen Stoff zu einer Hölle ein bloßes Gehirn in sich aufbewahrt.