Jean Paul Zitate
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Die Völker und die einzelnen Menschen sind nur am besten, wenn sie am frohesten sind, und sie verdienen den Himmel, wenn sie ihn genießen.
Außer der Philosophie weiß ich kein so gutes Treibmittel des Gehirns, als höchstens Schach und Kaffee.
Man ist nie liebenswürdiger, als wenn man geliebt wird.
Man lobt den andern lieber in Briefen als ins Gesicht.
… so kan niemand Religion lehren, als wer sie besitzt.
Da wir ein matteres Gedächtnis für Größe und Zahl der Leiden haben als für Freuden: so vergessen wir mit ihnen leicht auch, welche Früchte uns ihre Stechpalmen getragen.
Es gibt Gefühle der Menschenbrust, welche unaussprechlich bleiben, bis man die ganze körperliche Nachbarschaft der Natur, worin sie wie Düfte entstanden, als Wörter zu ihrer Beschreibung gebraucht.
Tätige Leute halten weniger Ordnung als müßige.
Kleine Seelen fühlen in ihrem Unglück nur ihren Zustand, große noch Zusammenhang, ihr Ich.
Die einzigen Arzneien, die Weibern mehr nützen als schaden, sind höchstens Kleider.
Fehler aus relativen Schlüssen: z. B. das Übel und den Wert eines Menschen verkleinern, indem man beide mit größern vergleicht.
Mädchen hängen an einem Herzen, Knaben an vielen Köpfen.
Menschen und Bücher müssen in mehr als eine Korrektur gelangen, um die Errata zu verlieren.
Es gibt Pflanzen-Menschen, Tier-Menschen und Gott-Menschen.
Ein Familienzirkel ist ein Gegengift gegen eine große Stadt; eine Stube voll Kinder ist so gut wie ein Dorf.
Der Mensch ist nie allein – das Selbstbewußtsein macht, daß immer zwei Ichs in einer Stube sind.
Die 11. Gefälligkeit für den, dem du 10 erwiesen hast, ist die Gelegenheit, dir eine zu vergelten.
Alles Heilige ist früher als das Unheilige; Schuld setzt Unschuld voraus, nicht umgekehrt.
Leben zündet sich nur an Leben an; mithin das Höchste im Kinde sich nur durch Beispiel, entweder gegenwärtiges, oder geschichtliches, oder (was beides vereint) durch Dichtkunst.
Letzter Mensch, denke nicht nach über die lange Welt vor und nach dir; im Universum gibt’s kein Alter – die Ewigkeit ist jung – sinke in die Welle, wenn sie kommt, sie versiegt, und nicht du!
Man legt leicht die großen Unarten ab und hat noch immer die kleinen der Gewohnheit und Erziehung.
Man liebt viel stärker, wenn man eine Freude zu machen vorhat, als eine Stunde darauf, wenn man sie gemacht hat.
Der Weise rechnet das Mißvergnügen zu seinen Sünden.
O wie mir dieses blankgescheuerte Blei der polierten Alltäglichkeit, dieses destillierte Wasser, dieser geschönte Landwein ein Greuel ist!
Ein Autor bringt durch Selbstdefension(en) seine Anklagen auf und in die Nachwelt. Für die Mitwelt sind sie entbehrlich; seine Freunde glauben den Anklagen nicht, seine Feinde den Defensionen nicht.
Wenn ein Mensch eine gewisse Anzahl Wohltaten empfangen: hört er auf, sie zu zählen.
Ein Werk mit lauter Anfangsbuchstaben ist gedruckt schwer zu lesen: so ein Leben voller Sonntage.
Man schreibt sich leichter falsche Vorzüge zu, als man seine wahren errät.
Empfindliche Ohren sind, bei Mädchen so gut als wie bei Pferden, gute Gesundheitszeichen.
Die größere Stärke wäre, bei der Kraft, wie ein ungewöhnlicher Mensch zu leben, der Entschluß, zu leben wie ein gewöhnlicher.
Ebenso vermag reine Liebe nicht nur alles, sondern sie ist alles.
Keine Zeit ist mit der Zeit zufrieden, das heißt: Die Jünglinge halten die künftige für idealer als die gegenwärtige, die Alten, die vergangene.
Dümmer kann jeder werden, er mag noch so dumm sein.
Die Flamme der ehelichen Liebe gibt auch nur Kohle, einander zu schwärzen.
Friedrich II. hätte vielleicht keinen Fehler gehabt und wäre ein größerer Mann gewesen, wär er kein König gewesen.
Ein witziger Kopf ist nirgends vergnügter und glänzender, als wo ein Narr mit ist.
Der stärkste und wildeste Mann hält’s gegen das ewig weibliche Zürnen und Untergraben in die Länge nicht aus. Um nur Ruhe und Frieden zu haben, läßt ein solcher, der vor der Ehe tausend Schwüre tat, er wolle darin seinen Willen durchsetzen, am Ende gern der Herrin ihren.
Berühmte Leute, Fürsten, Schöne kann man selten durch ein Lob einnehmen, aber durch jeden Tadel erzürnen.
Eine Lüge, die einen Knoten löset, ist uns glaublicher als eine, die einen knüpft.
Das Lesen nimmt so gut wie das Reisen die Einseitigkeit aus dem Kopfe.
Man hat eine Wahrheit lange gehört, verstanden, gelobt, eh man sie verdauet und zum Teil seines Ichs macht.
Warum denk‘ ich: die tiefsten Schmerzensstriche auf unserer Stirn, die Runzeln des Lebens sind nur kleine Linien aus dem ungeheuern Bauriß, den der Weltgeist zieht, unbekümmert, welche Stirnen und Freuden seine Glückslinie schmerzhaft durchschneide?
Hunger und Sättigung herrschen in vermischter Regierungsform über die Welt – alle Stände haben wenig, wollen viel.
Denkt euch ein Jahrhundert zurück und denkt euch ein Jahrhundert voraus und höret dann die Menschen über euch.
Er [ein guter Mensch] sage ihr [meiner Tochter Maria], daß sie in ihrem Innern fliegen dürfe, aber mit ihrem Äußern nur schreiten müsse, und daß sie zwar ihr Herz dürfe auflodern lassen in ungemessene Flammen, daß sie aber nicht eher handeln solle, als später, wenn die Glut schon Licht geworden!
Lächeln des Freundes ist wie eine laufende Welle voll Licht!
Freude ist die warme Sonnenseite des Geistes und des Leibes.
Das Höchste und Edelste im Menschen verbirgt sich und ist ohne Nutzen für die tätige Welt, und aus der Kette schöner Gedanken können sich nur einige Glieder als Taten ablösen.
Um die Menschen recht zu lieben, muß man sie immer aus einem noch höhern Punkt als dem unserer Verhältnisse (der Freundschaft etc.) ansehen, nämlich aus dem der Menschheit oder Moralität.
Ich möchte doch wissen, ob glücklich sein durch Leidenschaften etwas anderes heiße, als sich wärmen durch ein Brennglas.