Jean Paul Zitate
seite 20
Ist das Leben wie die Olive eine bittere Frucht, so greife man beide scharf mit dem Pfeffer an, und sie liefern das süßeste Öl.
Gelehrsamkeit auch darum so imponierend, weil man sie sich nicht durch eine willkürliche Anstrengung ersetzen (verschaffen) kann als das Gefühl, Genieblick usw.
Die Deutschen nennen alle ihre Freuden ausländisch: Ressource, Casino, Klub, Cercle etc. Assemblée, Hôtel, Table d’Hôte, Harmonie, Museum.
Auf dem Wasserfalle der beweglichen Zeit ruht der Regenbogen der Gegenwart fest, und rückt und fällt nicht, denn das Ich steht als feste Sonne, die ihn macht.
Man wird von der Menge öfter ohne Grund gehasset als ohne Grund geliebt.
Je mehr man Menschen kennt, desto weniger schildert man Individuen.
Wenn einer alle die Hindernisse überdenkt, die sein ganzes Leben durch seine Entwicklung bestritten hatten, so ruft er aus: „Was hätt ich nicht werden können!“
Traue nicht dem lieblichen Lächeln einer Frau, Es kann sein, daß sie die ganze Nacht geweint hat.
Die Frau fühlt sich, aber sieht sich nicht; sie ist ganz Herz, und ihre Ohren sind Herz-Ohren. Sich selber und was dazu gehört, nämlich Gründe anzuschauen, wird ihr zu sauer.
Man verdirbt unter Leuten, die einen nicht übertreffen.
Jeder Freund ist des andern Sonne und Sonnenblume zugleich, er zieht, und er folgt.
Man ist neugierig, die Stellen im Buche zu lesen, die ein andrer unterstrichen hat.
Ein Mensch, der ein Buch macht, hängt sich schwerlich.
Der gute Mensch sogar drückt seine guten Maximen noch schärfer aus, als er sie übt.
Der Krieg ist der Kaiserschnitt der Menschheit: Er entbindet gewaltsam die Geister.
Wer wahr sein will, ist’s schon nicht ganz mehr, er muß es gar nicht wissen.
Kleine Leiden bringen uns außer sich, aber große bringen uns wieder zu sich.
Er fühlte, es sei leichter, eine übertriebene Achtung vorzuspiegeln, als eine wahre auszudrücken.
Wer die Vergangenheit liebt, der liebt eigentlich das Leben. Die Gegenwart bleibt flüchtig, selbst wenn ihre Fülle sie ewig erscheinen läßt. Liebt man das Leben, so liebt man die Vergangenheit, denn die Eindrücke der Gegenwart bestehen in der Erinnerung fort.
Ein Autor wird am dunkelsten, wenn er Sätze sagt, die er 1000mal dachte und die, in seinem Innern lang erzogen, er nicht erst auf dem Pulte erfand, wo er sie gab. Andere entwickeln sich und dem Leser zugleich die Sache.
Anfangs verträgt der Autor Lob mit Tadel vermischt. Dann hat er das Lob so oft gehört, daß er ein neues fordert und liebt; und so soll immer mehr vom Tadel aufgehoben werden, bis er gar keinen mehr leidet. (Gilt auch für Leute in Ämtern.)
Bleibe treu deinem Herzen und deinem Gott, der es schuf, und waffne deinen Mut nicht gegen dich, sondern für dich.
Die Besonnenheit richtet sich nach dem geistigen Reichtum d(es) Menschen.
Die höchste Krone des Helden ist die Besonnenheit mitten in Stürmen der Gegenwart.
Und dann veraltet der entblößte Mensch ohne sein zweites Herz – die Jahre setzen um sein bestes Herz.
Ein Mensch, dem zu lang die Liebe verweigert worden ist, findet dann in einer wirklichen zu wenig Reiz, aus Mangel an Verweigern.
Man vergisst darin am leichtesten, worin man am wenigsten weiß; je weniger im Sieb, desto mehr fällt es durch.
Ohne Philosophie steigen und sinken die Gefühle zu weit.
Hier auf dem offenen Meere der Welt, mitten unter hundert Schiffen, kann ich Dir nicht durch das Sprachrohr der Presse das zuschreien, was ich Dir viel lieber nahe an Deinem Angesicht und an Deiner Brust zuflüstern möchte.
Und was ist Wärme für das Menschenküchlein? – Freudigkeit.
O! der Mensch sieht es oft spät ein, wie sehr er geliebt wurde, wie vergeßlich und undankbar er war, und wie groß das verkannte Herz.
Außer der Einsamkeit macht nichts so stolz als eine Gesellschaft, die sich immer untereinander lobt.
Wer verrät, er verwahre ein Geheimnis, hat schon dessen erste Hälfte ausgeliefert. Und die zweite wird er nicht lange behalten.
Wir suchen der Nachwelt bekannt zu werden und grämen uns doch nicht, es der Vorwelt nicht zu sein.
Nur im Gebet darf der Mensch alles sagen und wagen.
Das Alter, der Mondschein des Lebens, hat keine Gewitter der Leidenschaften; aber unter dem frühern Sonnenschein blitzen sie.
Über nichts machen wir wohl größere Fehlschlüsse und Fehltritte als über die weibliche Heiterkeit.
Niemand hat die Kraft – wenn er auch will – in einem fort unglücklich zu sein, sondern er wird glücklich.
Es ist gut, wenn man mit Ehrfurcht die alten Ideen in neuen Werken liest, denn die alten Bücher, in denen sie stehen, werden heute nicht mehr gelesen.
Die Menschen wären alle bescheidener und demütiger, trieben sie alle nur eine Kunst.
Wie Wirtschafter im Nebel am fruchtbarsten zu säen glauben, so fällt ja die erste Aussaat in den ersten und dicksten Nebel des Lebens.
Das eigne Schweigen löset den Zurückhaltenden die Zunge.
Wie viele Sünden gehen wie nächtliche Räuber ungesehen und mit sanften Mienen durch uns, weil sie, wie ihre Schwestern in Träumen, sich nicht aus dem Kreise der Brust verlaufen und nichts Fremdes anzufallen und zu würgen bekommen!
Wie ein Prometheus-Geier hängt Liebe-Sehnsucht sich an das Herz und verwundet es, aber nur, um es zu vergrößern.
Der Mensch dürstet am größten Freudenbecher nach einem größern und zuletzt nach Fässern.
Zweck und Erfolg, dem Körper Arbeit zuzumuten, ist nicht sowohl Gesundheitsanstalt und Verlängerung des Lebens, als die Aus- und Zurüstung desselben wider das Ungemach und für die Heiterkeit und Tätigkeit.
Unter einem freundlichen Ausleger mein‘ ich den, welcher in einem fremden Buche seine eigne Meinung, obwohl tief vergraben, entdeckt und mit seiner Wünschelrute erhebt.
Manche Staatseinrichtungen zünden ein Schadenfeuer an, um die eingefrorenen Wasserspritzen aufzutauen, damit sie es löschen.
Ein Volk kann nicht auf seine Genies, sondern auf das Volk, auf die Menge stolz sein – die Genies können auf die Genies es sein.
Man glaubt stets, nur dieser Autor sei in der persönlichen Erscheinung schlecht, aber alle ungesehene herrlich.