Jean Paul Zitate
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Armut ist die einzige Last, die schwerer wird, je mehre Geliebte daran tragen.
Unter den Menschen wird man nicht besser, wenn man nicht schon gut unter sie kommt.
Ich bin so an Freiheit gewöhnt, daß mich schon eine bloße Einladung quält, besonders lange voraus.
Neben dem Tode und nach einer großen Tat kann und darf der Mensch dem Menschen alles, alles verzeihen.
Eigentlich begehrt und braucht jeder Mensch seinen besonderen Roman.
Je weiblicher eine Frau ist, desto uneigennütziger und menschenfreundlicher ist sie; und die Mädchen besonders, die das halbe menschliche Geschlecht lieben, lieben das ganze von Herzen.
Tod und Geburt lernt man nur in einem Dorfe kennen, in keiner Stadt.
Die Liebe bringt bei Mädchen entgegengesetzte Eigenschaften vor; sie macht die Starken sanft, die Sanften stark, die Feinen minder fein, die Ordentlichen unordentlich.
Das Verstecken der Eitelkeit ist eine größere (gehaßtere) als jede.
Solange das Wort Gottes in einer Sprache noch dauert und tönt, so richtet es das Menschenauge nach oben auf.
Ausschließende Einsamkeit und ausschließende Geselligkeit sind schädlich, und, ihre Rangordnung ausgenommen, ist nichts so wichtig, als ihr Tausch.
Die Weiber lieben die Stärke, ohne sie nachzuahmen; die Männer die Zartheit, ohne sie zu erwidern.
Der Mensch dankt desto weniger für fremde Geschenke, je geneigter er ist, eigene zu machen; und der Freigebige ist selten ein Dankbarer.
Der Mensch nimmt viel leichter, als man glaubt, das Widersprechen und Zurechtweisen auf, nur kein heftiges verträgt er, und wäre es ein begründetes. Die Herzen sind Blumen; dem leise fallenden Thau bleiben sie offen, aber vor dem Platzregen verschließen sie sich.
Wenn auch Bücher nicht gut oder schlecht machen, besser oder schlechter machen sie doch.
An einem Glück oder Unglück ist man nie schuld, aber am wiederkehrenden.
Es heißt: die Weiber sind ewig Kranke. Jedoch bloß an Nerven; die gefühlvollsten sind die kränklichsten; die vernünftigsten und kältesten sind die gesundesten.
Der Mensch legt oft die Eier, die man ihm an den Kopf wirft.
Kein Enthusiasmus der Liebe ist so groß als der der Zusammengewöhnung, der auf jenen folgt.
Ohne Lächeln kommt der Mensch, ohne Lächeln geht er. Drei fliegende Minuten lang war er froh.
Man glaubt oft, man könne nicht gut sprechen, da einem doch nichts fehlt als der Stoff zu sprechen.
Die Einsamkeit ist so nötig, daß man neben einem anderen gar nicht so frei denken kann, weil man sein Denken sich mit denkt.
Nicht das Zeitliche, sondern das Ewige bestimmt die Würde des Menschen.
Eheweiber sind scharfsichtig, wenn ein Mensch sich den Ehemännern empfehlen will, und diese, wenn ein Mensch sich der Frau.
Die Kinder sagen unzählige zarte Gefühle heraus, die die Erwachsenen auch haben, aber nicht sagen.
Ein wiederholtes Abschiednehmen entkräftet das letzte.
Unser Lebensweg steht auf beiden Seiten so voll Bäumchen und Ruhebänke, daß ich mich wundere, wenn einer müde wird.
Bei Mangel an Talent ist’s besser zu sprechen als zu schreiben.
Die eheliche Liebe selber erhält sich unter der Schneedecke der ehelichen Zänke ganz warm.
So steht der arme Mensch allemal mit zugebundenen Augen vor deinem scharfen Schwerte, unbegreifliches Schicksal! Und wenn du es aufziehest und schwingest, ergötzet ihn das Pfeifen und Wehen desselben kurz vor dem Schlage!
Es ist die gewöhnlichste und schädlichste Täuschung, daß man sich allzeit für den einzigen hält, der gewisse Dinge bemerkt.
Die Schwachheiten großer Menschen werden von kleinen so leicht erraten als die der Lehrer von Kindern.
Eine Religion nach der anderen löscht aus, aber der religiöse Sinn, der sie alle schuf, kann der Menschheit nicht getötet werden.
Wenn ein Mensch immer zu sich sagte, diese Leidenschaft, dieser Schmerz, diese Entzückung ist in 3 Tagen gewiß aus deiner Seele heraus, so würde er immer ruhiger und stiller werden.
Nichts ist bei der häufigen Lektüre schädlicher, als daß uns die Lehren der Weisheit – ohne daß eine gegenwärtige Erfahrung sie auf uns bezöge – so wiederholet werden, daß wir sie nie auf uns anwenden.
In den Dämmerungen regiert das Herz.
Jedes Geschlecht vergibt bloß die Fehler des seinigen dem andern Geschlecht nicht.
Wenn uns das Böse als Böses Reue macht und nicht als Wirkung der Strafe: warum bereuen wir einen bösen Willen, einen bösen Entschluß, der nicht ausgeführt wurde, nicht ebensosehr als eine böse Handlung?
An gewissen verstellten Menschen ist nichts so unerträglich als ihre halb un- und halb willkürliche Herzlichkeit.
Im Alter liebt man Personalien, in der Jugend Realien.
Ein Mensch, der uns bloß in unseren eigenen Talenten übertrifft, erhebt uns – einer, der in ganz fremden groß ist, demütigt uns.
Wer kein Weiberhasser werden will, höre nie zwei Weiber miteinander zanken.
Heiterkeit, die nur der Mensch haben kann – obwohl Genuß das Tier -, schließet wie ein Frühling alle Blüten des Innern auf; ein verdrüßlicher Gott wäre ein Widerspruch, und das Seeligsein ist um eine Ewigkeit älter als das Verdammtsein.
Die andere Welt ist keine gleichgestellte Allee und Orangerie, sondern die Baumschule unserer hiesigen Samenschule.
Wer aufrichtig glaubt, nur das zu sein, was er ist, besitzt die wahre Bescheidenheit, die nur höchst selten sich findet.
Man liebt am schönsten und reinsten die Wesen, die nicht wiederlieben, Hunde, Kinder; Geliebte, von denen man nichts fordern kann.
Um in Gesellschaft etwas zu erfahren, muß man die Antwort nicht durch eine Frage, sondern eine Veranlassung herauslocken.
Die Weiber mögen lieber von als in der Liebe sprechen, die Männer umgekehrt.
Die Höflichkeiten der gemeinen Leute sind immer vom nächsten Stande über ihnen geborgt.
Die vollendete Aufrichtigkeit steht nur der Tugend an: der Mensch, in dem Argwohn und Finsternis ist, lege immer seinem Busen Nachtriegel und Nachtschrauben an; der Böse verschone uns mit seiner Leichenöffnung, und wer keine Himmelstür an sich zu öffnen hat, lasse das Höllentor zu.