Jean Paul Zitate
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Oft ist die Ehe wie zwei Fettropfen, die auf dem Wasser schwimmen, ohne zusammenzufließen.
Nur im Leiden sitzt man über seine Fehler zu Gerichte, wie man nur im Finstern Bläschen in großen Spiegeln untersucht und findet.
Kindern ist keine Schule nötiger, als die der Geduld.
Der Erbfeind des Idealen ist die Lächerlichkeit.
Das körperliche Herz sei das Muster des geistigen: verletzbar, empfindlich, rege und warm, aber ein derber, frei fortschlagender Muskel hinter dem Knochengitter, und seine zarten Nerven sind schwer zu finden.
Der Genius wird nur vom Genius gefasset; die edle Natur nur von ihresgleichen.
Man kann jemanden bis zum Überdruß widerlegen, ohne ihn zu überzeugen. Das Gefühl überlebt die Einsicht.
Ich kann mir vorstellen, daß ein reiner Dichter einen reinen Kaufmann begreift und schätzt sogar; aber nicht umgekehrt.
Jetzt glaubt man mehr an Jung- als Altmeister.
Schweigen ist edel, verschweigen nicht.
Der Dichter ist freier als der Philosoph.
Schreib‘ alles auf; gerade wenn etwas sich zuträgt, glaubt man, es nie zu vergessen, weil die Gegenwart glänzt; aber die nächste tut’s auch, und dann vergisst man.
Gute Weiber gönnen einander alles, ausgenommen Kleider, Männer und Flachs.
Fliehe die Vergnügungen; sie werden dir nachlaufen, wenn du sie fliehst und dich fliehen, wenn du ihnen nachläufst.
Dein Leben sei der verlängerte Mai, deine Ehe die verlängerte Liebe.
Eine Frau kann sich keinen festeren und reineren Freund erwählen, als den Liebhaber einer anderen.
Es werden Engel, aber nicht Gefallene geschaffen. – Nie kann ein Kind für zu unschuldig und gut gehalten werden.
Jede Arbeit, auch philosophische, poetische, lenkt den Menschen vom Ich und oft vom Bessern ab.
Alles Wichtige wird einsam getan, alles Nichtige gesellig.
Der vollendete Umgang mit Menschen ist die Fähigkeit, zugleich ehrlich und liebenswürdig zu sein.
Langes Sprechen erzeugt abgekürztes Hören, denn man geht davon.
Bei einem rührenden Abschied floß statt der Tränen viel Speichel.
Der Mann bequemt sich zuweilen, um frei zu werden – die Frau muß sich ewig bequemen.
Wir sagen „das Leben nehmen“, während nur Jahre genommen werden.
Mit zu großer Traurigkeit sympathisieren wir leichter als mit zu großer Freude, die Sympathie wächst mit jener, nicht mit dieser.
Unser ganzes Leben ist ein nie wiederkommender Geburt[s]tag der Ewigkeit, den wir darum heiliger und freudiger begehen sollten.
Das Schicksal macht den Mann zum Unter-Schicksal des Weibes.
Bedeutende Menschen, die uns aber böse geschildert worden, nehmen uns, da wir ihnen stets ein unmoralisches Äußeres dazu liehen, stets bei der ersten Bekanntschaft ein wenig ein.
Um geistreich zu sprechen, habe man – wenn man es auf irgendeine Art ist – nur den Mut, alles auszusagen. An der Furcht stirbt das Genie.
Die Eitelkeit des Umgangs wächst am meisten durch Leute, an denen man kein Interesse nimmt und mit denen man doch spricht.
Die Laune hat tausend krumme Wege, die Ironie nur einen geraden, wie der Ernst.
In nichts offenbart sich die herzlose Maschinenhaftigkeit der Neuerer mehr als in der Dürre ihrer Feste.
Der ästhetische Witz, oder der Witz im engsten Sinne, der verkleidete Priester, der jedes Paar kopuliert, tut es mit verschiedenen Trauformeln.
Die Zeit ist ein Augenblick, unser Erden-Sein wie unser Erden-Gang ein Fall durch Augenblick in Augenblick.
In den Augen des Bewunderten ist der Bewunderer nicht stets klug, wie Helvetius sagt, aber doch gut.
Den Schlimmen vertritt der Argwohn die Stelle des Verstandes, und [sie] sind eben darum vor Überlistung beschützt.
Für manche ist das Leben ein Bette, worin sie immer nur gekrümmt liegen können.
Nicht die Fühlsamkeit und der Enthusiasmus der jüngern Jahre ist in ältern vermindert, sondern man kann nur, bei erweitertem Ideenkreis, von andern, bessern, also seltnern Gegenständen gerührt werden.
Die Menschen vergeben lieber Verleumdung als Ermahnung.
Die Ehe fordert Heiterkeit.
Man genießt und fühlt den Reichtum nur in der Minute, wo man ihn unverhofft bekommt; darauf wird er zur Armut.
Nur in den Minuten des Wiedersehens und der Trennung wissen es die Menschen, welche Fülle der Liebe ihr Busen verbarg, und nur darin wagen sie es, der Liebe eine zitternde Zunge und ein überfließendes Auge zu geben.
Jeder kennt noch ein Zeremoniell, über das er schimpft, und eines, das er behalten wissen will.
Ich begreife nicht, wie ein Mann sagen oder glauben kann, er sei schön, ohne rot zu werden.
Der Wegreisende glaubt stets, weiter zu sein als der Dableibende.
Es ist oft sehr gefährlich, von seinem Verstande und Herzen zu schlecht zu denken – der Irrtum schafft die Wahrheit.
Wenn es glatteist, gehen die Menschen sehr Arm in Arm.
Kann ich nicht ein Verstorbner sein, der voll Unglauben an die zweite Welt in solche gefahren ist und nun da gar nicht weiß, wo er hinaus soll vor Lust?
Wir haben nichts darwider, was der andre von sich hält, wenn er nur von uns noch mehr hält.
Er lobt mit Vergnügen die Tugenden des andern und rügt mit Vergnügen seine Fehler.