Jean Paul Zitate
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Ich ärgerte mich über den Menschenlärm unter mir und konnte nicht eher schlafen, als bis ich wußte, es waren Pferde.
Ein Kind lernt von seiner Amme mehr, denn ein Weltensegler von allen Weltmeeren zusammen.
Man gewinnt mehr, wenn man Mädchen etwas für sich tun lässet, als wenn man etwas für sie tut.
Für das Kind ist jedes Stück Holz ein lackierter Blumenstab an welchem die Phantasie hundertblättrige Rosen aufstengeln kann.
Der Gesang teilt den Kindern den Himmel aus, denn sie haben noch keinen verloren.
Man sollte untersuchen: was eigentlich in uns die Wahrheit entdeckt? Scharfsinn ist’s nicht, ein gutes Herz mehr – Mangel des Scharfsinns ist’s nicht, wenn man die feinsten Irrtümer begeht und doch nicht auf die feinere Widerlegung kommt, aber vielleicht Fehler des Herzens.
Man verteidiget oft eine Sache mit schwachen Gründen, weil man die stärksten sich nicht zu sagen getraut.
Es ist mit den Lügen, wie mit den falschen Zähnen, die der Goldfaden nur an ein paar echte hinterbliebene schließen kann.
Die erste Wiedererblickung lang ersehnter Menschen gibt diesen etwas von der Idealität der Vorstellung.
Jämmerliche Erde, die drei, vier große oder kühne Menschen verbessern und erschüttern können; du bist ein wahres Theater; auf dem Vordergrund sind einige fehlende Akteurs und einige Zelte aus Leinwand, im Hintergrund wimmelt’s von gemalten Soldaten und Zelten.
Nicht die Schwäche, nur die Kraft will immer ein und dasselbe, und das heißt eben Gesetz.
Man verbindet sich oft einen Menschen, wenn man nach dem Namen seines Hundes fragt.
Der Witz ist der verkleidete Pastor, der jedes Paar traut.
Lache das Leben an, und es knurrt zurück.
Gegen den Bekanntesten fühlt man größere Achtung, wenn andre sie ihm erzeigen.
Nie zeichnet der Mensch den eigenen Charakter schärfer, als in seiner Manier, einen fremden zu zeichnen.
Weiber sind rein menschlicher, weil der Staat ihnen keine einseitige Bildung aufdringt.
Der Lasterhafte ist sein eigener Prometheusgeier.
Der kleine Tierquäler erwächst zu einem harten, grausamen Mann.
Liebe ist ewig ein Schmerz, entweder ein bitterer oder ein süßer, immer eine Nacht, worin kein Stern aufgeht, ohne daß einer hinter unserm Rücken untertaucht. – Freundschaft ist ein Tag, wo nichts untergeht, als einmal die Sonne, und dann ist’s schwarz, und der Teufel erscheint.
Nur bei den Tieren kann man sicher rechnen, dass sie desto besser gegen mich sind, je besser ich gegen sie bin, bei Menschen nicht, ja oft umgekehrt.
Weiber behalten eigne Geheimnisse, Männer fremde.
Ein Herz voll Liebe kann alles vergeben, sogar Härte gegen sich, aber nicht Härte gegen andere; denn jene zu verzeihen ist Verdienst, diese aber Mitschuld.
Die Natur ist für den Menschen in ewiger Menschwerdung begriffen, bis sogar auf ihre Gestalt; die Sonne hat für ihn ein Vollgesicht, der halbe Mond ein Halbgesicht, die Sterne doch Augen, alles lebt den Lebendigen; und es gibt im Universum nur Schein-Leichen, nicht Schein-Leben.
Verachte das Leben, um es zu genießen.
Wer der Weisheit die Gesundheit opfert, hat meistens die Weisheit auch mitgeopfert.
Die Jugend des Geistes ist ewig, und die Ewigkeit ist die Jugend!
Dass du gewiss in Bayreuth selig sein wirst, so sehr sind dessen Häuser und Berge zu loben.
Die letzte und beste Frucht, die spät in einer immer warmen Seele zeitigt, ist Weichheit gegen den Harten, – Toleranz gegen den Intoleranten, – Wärme gegen den Egoisten, und Menschenfreundschaft gegen den Menschenfeind.
Bei der Geliebten nur darf man von sich reden.
Trocknet die Tränen der Kinder ab! Das lange Regnen in die Blüten ist so schädlich.
Das Leben ist ein Schlaf, ein gedrückter heißer Schlaf, Vampyren sitzen auf ihm, Regen und Winde fallen auf uns Schlafende, und wir greifen vergeblich aus zum Erwachen.
Nicht an dem höhern und reichern Wuchs von Gipfel und Zweigen ist der Genius am kennbarsten, sondern am Fremdartigen des ganzen Gewächses.
Gerüchte sind wie Polypen: das Verwunden und Zerstören vervielfacht sie.
Was überwand vom Fakir an bis zu den Märtyrerinnen des Christentums und der Liebe und der Kinderpflicht und bis zu den Blutzeugen der Freiheit den Körper, die Meinung, den Wunsch, die Folter? Eine das Herz durchwurzelnde Idee.
Das Leben wird wie das Meerwasser nicht eher süß, als bis es zum Himmel steigt.
Er denkt gut – aber von sich.
Warum stechen denn durch alle unsre Bündnisse Schmerzen, und warum blutet das Herz wie seine Adern am reichsten, wenn es erwärmt wird?
Mit einer Kindheit voll Liebe aber kann man ein halbes Leben hindurch für die kalte Welt haushalten.
Die Männer haben im Zorn mehr Mitleid, die Weiber vor- und nachher. Habt ihr je eine Frau mitten im Zorne einhalten sehen?
Je älter, desto mehr entschuldigt, desto weniger achtet man d(ie) Menschen.
Das Gefühl findet, der Scharfsinn weiß die Gründe.
Je älter man wird, desto toleranter gegen das Herz und intoleranter gegen den Kopf.
Wer auf den blumigen Höhen der Menschheit doch kein Glück erreicht, der ist, wenn er ohne Gott im Innern ist, hilfloser als der Niedrige, der wenigstens in der Anklage seiner tiefen Stellung die Hoffnung der Verbesserung sucht.
Die Bücher machen nicht gut oder schlecht, nur besser oder schlechter.
Die Armut und die Hoffnung sind Mutter und Tochter. Indem man sich mit der Tochter unterhält, vergißt man die andere.
Denn die Fehler der Mädchen kommen wie Schokolade und Tabak dem Gaumen anfangs desto toller vor, je besser sie ihm nachher schmecken.
Anfangs macht man das Buch nach sich, dann sich nach dem Buch.
Der Mensch, welcher das Leben bloß mit dem Verstande ohne innere Poesie genießt, wird ewig ein notdürftiges mageres behalten, wie glänzend auch das Geschick dasselbe von außen ausstatte.
Vielleicht wirft sich niemand mehr Schwäche vor als ein starker Mensch.