Jakob Bosshart Zitate
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Die Größe des Menschen liegt in seinem Drange nach dem Unendlichen auf geistigem Gebiete; wenn aber dieser Drang sich auf das Materielle erstreckt, wird er zum Dämon und zum allgemeinen Unglück.
Ein Schauspiel, das einen in niedergeschlagener Stimmung nach Hause gehen läßt, gehört nicht der höchsten Gattung an.
Was das Elend der letzten Jahrzehnte ausmachte, war der Mangel eines großen Ideals. Gewiß gab es Idealisten, wie in jeder Zeit, aber im Leben und Streben der Völker ließ sich kein Ideal mehr erkennen.
Der moderne Unternehmer ist der alte Konquistador.
Die Demokratie muß bei uns auf politischem Gebiet redlicher durchgeführt werden und auf wirtschaftlichem endlich Boden fassen.
Jeder Mensch hat die Sehnsucht, sich unter etwas Erhabenes zu stellen, einem Gott zu dienen.
Alles Große entstammt leidenschaftlichen Gemütern. Der Einfluß der Leidenschaftlichkeit ist nicht zu ermessen.
Die Unschuld ist öfter dem Zufall als der Tugend zu verdanken.
Das Gewissen ist eingefleischte Kulturgeschichte.
Es ist ein Gesetz, daß, wer die Macht hat, sie immer mißbraucht.
Der Mensch bedarf, um innerlich frei zu werden, einer Dosis Leichtsinnigkeit und Übermut, er muß, wie man sagt, den Teufel im Leib haben. Darum ist der Philister nie frei.
Vertrauen ist eine Art der Blindheit, aber eine selige.
Die Religion muß froh machen.
Der Gedanke ist in uns zuerst gleichsam in amorpher Gestalt. Man versucht ihn durch die Sprache auszudrücken, macht aber dabei beständig die Wahrnehmung, daß der Ausdruck den ursprünglichen Inhalt nicht genau wiedergibt. […] Das ist der ewige Kampf mit der Sprache.
Ohne den Glauben an einen vernünftigen Sinn der Welt läßt sich nicht leben. Der absolute Unglaube, wenn er möglich wäre, wäre der Tod.
Endlich und Unendlich miteinander zu vergleichen, aufeinander zu beziehen, ist unmöglich. Von dem einen haben wir eine Anschauung, von dem andern nicht. Die beiden sind also schlechterdings unvergleichbar für uns.
Ein freudiges Lebensgefühl geht unserer Zeit trotz der äußeren Erfolge ab, wir haben ein Gefühl der Leere.
Die Jugend macht sich am liebsten an die schwersten, die letzten Probleme, die hat den Zug zum Absoluten, die überschätzt aber ihre Kraft, sie kennt die Schranken noch nicht.
Von unerfüllten Wünschen gequält zu werden, ist eines der Martyrien der Menschen und nicht das geringste.
Man soll den Staat nicht überschätzen und als einziges betrachten. Das Beste ist bis jetzt nicht durch den Staat, sondern neben ihm und vielleicht gegen ihn entstanden: Kunst, Philosophie, Religion.
Unser bisschen Verstand ist nur da, um uns das Glück, den naiven Glauben, das naive Genießen zu rauben.
Die reine Wahrheit taugt in dieser Welt des Scheins nicht. Rein ist sie Gift, verdünnt Arznei. Nur ein ideales Verhältnis erträgt völlige Wahrheit und Offenheit.
Wer sein Herz den Forderungen der Gesellschaft opfert, wird immer verflachen und verarmen.
Die Jugend in ihrer Selbstüberschätzung verschmäht die vorhandenen Bildungsmöglichkeiten und macht sich so arm.
Der Mensch wird viel weniger durch Kenntnisse und Erkenntnis als durch Gefühle verwandelt und entwickelt.
Im Hasten und Jagen der Tage liegt, wenn man genauer zusieht, der schüchterne, sich kaum hervorwagende Wunsch nach neuer Ausgestaltung.
Wie viele Menschen verstehen ihre Zeit? […] Was müßte man alles wissen, sehen, erleben, um seine Zeit ganz zu kennen! Des Menschen Leben ist siebzig Jahre, das aufnahmefähige viel kürzer, wo ist da die Möglichkeit, den Zeitstrom in seiner Breite und Tiefe zu kennen?
Ein paar Generationen Fabrikarbeiterschaft, und die Spannkraft des Geistes ist gebrochen.
Was ein Sterbender sagt, wird immer bedeutsam; durch das Menschliche klingt das Ewige hindurch.
Das Leben ist uns dann am schwersten, wenn es leer ist.
Um zu einer eigenen Weltanschauung zu kommen, gibt es kein besseres Mittel, als alles Hergebrachte vorläufig über Bord zu werfen und dann sich an ein Zusammensuchen und Weiterbilden zu machen.
Jünglinge, die miteinander die höchsten Fragen diskutieren, reden und benehmen sich oft lächerlich. Sie sind junge Vögel, die mit unfertigen Flügeln fliegen möchten. Aber es ist etwas Herrliches in diesem Ringen.
Was büßt man am schwersten? Seine Eigenart zu spät erkannt zu haben.
Der Gedanke an den Tod ist immer heilsam, er tötet nicht, wie man annehmen möchte, er weckt.
Alle Polemik ist unkünstlerisch.
Sprache verbindet und trennt stärker als Rasse.
Die Psychoanalyse ist ein Ersatz der Ohrenbeichte.
Es gibt geschickte Leute, die säen Gras und ernten Weizen.
An einem Helden ist alles verzeihlich, nur nicht die Schwächen.
Unterschied zwischen Idee und Gedanke: Der Gedanke ist sozusagen „neutral“, inaktiv, die Idee dagegen aktiv, sie will wirken, sich ausbreiten. Man kämpft und stirbt für Ideen, man lebt in Gedanken.
Nur die Dummköpfe sind mit sich im Reinen.
Es ist zum Weinen oder zum Lachen, wenn man sieht, wie fast alles Ruchlose aus kleinen und nichtigen Absichten verübt wird.
Der Nationalismus ist die höchste Art des Hochmutes.
Die Einheit der Welt: Schöpfung, Stoff und Seele. Ja, es ist wohl ein Urstoff und eine einheitliche Kraft anzunehmen.
Wie man in einem Buche blättert, heute, morgen, in acht Tagen wieder, so fallen einem fast immer die nämlichen Seiten unter die Augen und vielleicht nicht immer die besten und schönsten. So auch geht es mit dem Buch des Lebens, man muß es nicht nur lesen, wie die Seiten sich öffnen.
Ein Staatswesen hat nur so lange Berechtigung, als es eine große Idee zu verkörpern gewillt ist: Idee der Freiheit, der Volksverbindung, der Kulturvermittlung…
Das Elend unserer Zeit ist, daß die Massen geistig und ethisch verarmen. Für ihren Magen ist jetzt besser gesorgt als vorher, aber ihre Seele ist leer.
Der Haß erniedrigt und besudelt jede Seele.
Wirklichen Unglauben gibt es nicht. Es gibt keinen Menschen, der nicht an etwas glaubt.
Das goldene Kalb Glaub‘ nimmer, es erlöse Den Menschen ein geprägt‘ Metall: Sei gut es oder böse, Es bringt ihn irgendwie zu Fall.