Hugo von Hofmannsthal Zitate
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Altwerden ist noch immer die einzige Möglichkeit, lange zu leben.
Frauen forschen lange und aufmerksam im Spiegel, Männer forschen lange und aufmerksam in Büchern; das Ziel ist das gleiche: sich schöner werden zu sehen.
Das ganze Leben ist ein ewiges Wiederanfangen.
Namen Visp heißt ein schäumender Bach. Ein anderer Name ist Goethe. Dort kommt der Name vom Ding, hier schuf der Träger den Klang.
Was ist Kultur? Zu wissen, was einen angeht, und zu wissen, was einen zu wissen angeht.
Es gibt viel Trauriges in der Welt und viel Schönes. Manchmal scheint das Traurige mehr Gewalt zu haben, als man ertragen kann, dann stärkt sich indessen leise das Schöne und berührt wieder unsere Seele.
Wie man empfindet, so will man empfunden sein.
Eine Geliebte aufgeben, zeugt von erlahmter Phantasie.
Die abstrakten Worte, deren sich doch die Zunge naturgemäß bedienen muß, um irgend welches Urteil an den Tag zu geben, zerfielen mir im Munde wie modrige Pilze.
Die Dichter und die Zeit Wir sind deine Flügel, o Zeit, doch nicht die tragende Klaue! Oder verlangst du so viel: Flügel und Klaue zugleich?
Und in dem Wie, da liegt der ganze Unterschied.
Man muß das Leben nicht schlechter machen, als es ist.
… daß ich in Worte ausbrechen möchte, von denen ich weiß, fände ich sie, so würden sie jene Cherubim, an die ich nicht glaube, niederzwingen.
Es ist hart, sich mit einer herrschenden Gesellschaft herumzuschlagen, aber härter, eine nicht vorhandene postulieren zu müssen.
Wenn das Haus durchsichtig wird, gehören die Sterne mit zum Fest.
Die Jugend ist so stark, als sie sich ahnt, und zugleich so zart und schwach, als sie sich gebärdet; das ist das Zweideutige an ihr und das Dämonische.
Man muß im Ganzen an jemanden glauben, um ihm im Einzelnen wahrhaft Zutrauen zu schenken.
Jeder ist nicht, was er war, und wird, was er nicht ist.
In der Jugend findet man das sogenannte Interessante merkwürdig, im reiferen Alter das Gute.
Nicht daß einer alles wisse, kann verlangt werden, sondern daß er indem er um eins weiß, um alle wisse.
Was ist innere Freiheit? – Im Einzelnen zugleich das Allgemeine und Notwendige erkennen.
Politik ist Verständigung über das Wirkliche.
Alten Menschen ist die Welt ein hartes, traumloses Ding; was ihre Hände halten, das halten sie.
Der mittelmäßige Mensch hält zu knapp nach dem richtigen Gedanken inne; daher die vielen Halbwahrheiten in der Welt.
Ein Kunstwerk ist eine umständliche und ausgebreitete Handlung, durch die ein Charakter erkennbar wird.
In Er-leben ist ein aktivistischer Ursinn, wie Er-reichen, Er-eilen; aber niemand hört ihn mehr, und wir haben ein reines Passivum daraus gemacht.
Dem Tage dient der Journalist, vom Tage hat er seinen Namen.
Liebe ist Vorwegnahme des Endes im Anfang, daher Sieg über das Vergehen, über die Zeit, also über den Tod.
Der Tanz macht beglückend und frei. Er enthüllt Freiheit und Indentität.
Das Fürchterliche ist nicht für das Herz des Menschen!
Nicht der Täter wird unrein durch die Tat; nur die Tat durch den Täter.
Trennt ihr vom Inhalt die Form, so seid ihr nicht schaffende Künstler. Form ist vom Inhalt der Sinn, Inhalt das Wesen der Form.
Das Reisen ist auch solch ein Element, das sich jeder Definition entzieht. Wie schnell ist man weit vom gestrigen Tag…
Eine Flaumfeder kann einen Kieselstein rundschleifen, sofern sie von der Hand der Liebe geführt wird.
Denke ich mich und was Zweites dazu – und wär es die Landkarte von Griechenland – so sehe ich wie durch ein Fenster in mich hinein.
Das Ungeheuere des Lebens ist nuir durch Zutätigkeit erträglich zu machen; immer nur betrachtet, lähmt es.
Was ich erkenne, ist mein Eigentum, und lieblich locket, was ich nicht erreiche.
Gedanken sind Äpfel am Baume, Für keinen Bestimmten bestimmt, Und doch gehören sie schließlich Dem einen, der sie nimmt.
Unsere Gedanken über die wichtigsten Gegenstände unseres Lebens bedürfen immer aufs neue der Klärung.
Das Allgemeine, wie wir es zu erkennen glauben, ist trügerisch und wesenlos; in wenigen Wesen aber lebt das Menschengeschlecht ganz; ihnen ist nicht leicht zu begegnen, aber wir suchen beständig nach ihren Spuren, und sie in ihren geistigen Werken zu gewahren, ist unser höchster Lebensgewinn.
Nicht durch unser Wohnen auf dem Heimatboden, nicht durch unsere leibliche Berührung in Handel und Wandel, sondern durch ein geistiges Anhängen von allem sind wir zur Gemeinschaft verbunden.
Das, was den großen Künstler ausmacht, ist ein großer Wille, aber ein Wille, der gewollt wird, nicht der will.
Die Macht ist bei den Fröhlichen.
Ungleich dem Tier hab ich Begriff von meiner Unkenntnis. Ich kenne, was ich nicht sehe, weiß, was fern von mir ist. Dadurch leide ich Qual wie kein Geschöpf.
Wo ist eine Offenbarung des Höchsten? Ebendort, wo Wirklichkeit ist, antwortet die innere Stimme, die untrüglich ist.
Autorität über sich erkennen ist ein Zeichen höherer Menschlichkeit.
Wir werden auf unseren gewundenen Wegen nicht bloß von unseren Taten nach vorne gestoßen, sondern immer gelockt von etwas, das scheinbar irgendwo auf uns wartet und immer verhüllt ist.
Die Entfernungen nehmen ab, die Menschen kommen sich näher!
Im Anfang des Lebens ist man am subjektivsten und begreift am wenigsten die Subjektivität der anderen.
Wenn Liebe einen „Zweck“ hat, transzendent gesprochen, so müßte es der sein, daß in ihrer Glut der beständig in innerste Teile auseinanderfallende Mensch zu einer Einheit geschmolzen wird.