Gotthold Ephraim Lessing Zitate
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Der größte Haufen hört beim hellen Tage mit Vergnügen über die Gespenster spotten und bei dunkler Nacht mit Grausen davon erzählen.
Zwischen zwei gleich guten Sachen kann man sich in der Wahl nicht irren.
Der Buchstabe ist nicht der Geist, und die Bibel ist nicht die Religion, sie enthält mehr als diese und ist insofern nicht unfehlbar.
So sehr du auch Acht gibst, so sehr du dich entgegenstellst… der Weg des Himmels ist immer derselbe.
In Armut bist du heiter, Freund: Drum hüt dich vor Fortunens Tücke, Daß nicht ihr Neid erwacht und meint, Du lebtest in zu großem Glücke.
Es ist eine nichtswürdige Liebe, die keine Bedenken trägt, ihren Gegenstand der Verachtung auszusetzen.
Aber gewisse Dinge will ich lieber schlecht nach anderer Willen machen, als allein nach meinem gut.
Die Kunst geht nach Brot.
Lau ist schlimmer noch als kalt.
Die Ähnlichkeit liegt öfters nur in einem einzigen Zuge; die übrigen alle haben unter sich nichts gleiches, als daß sie mit dem ähnlichen Zuge, in dem einen sowohl als in dem andern harmonieren.
Wer mich ein Genie nennt, den schlag ich hinter die Ohren!
Furcht und Hoffnung tut bei den verderbten Menschen allezeit mehr als Scham und Ehrliebe.
Die Türken haben schöne Töchter. Und diese scharfen Keuschheitswächter. Wer will, kann mehr als eine frein: Ich möchte schon ein Türke sein.
Jeder liebt sich selbst nur am meisten.
Das Genie liebt Einfalt; der Witz Verwicklung.
Gott hat keinen Witz, und die Könige sollten auch keinen haben. Denn hat ein König Witz, wer steht uns für die Gefahr, daß er deswegen einen ungerechten Ausspruch tut, weil er einen witzigen Einfall dabei anbringen kann?
Der Wunder höchstes ist, daß uns die wahren, echten Wunder so alltäglich werden können, werden sollen.
Was haben Sie denn gegen das Lachen? Kann man nicht auch lachend sehr ernsthaft sein? Das Lachen erhält uns vernünftiger als der Verdruß.
Vor allen Dingen, eine Kleinigkeit als eine Kleinigkeit ansehen!
Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist oder zu sein vermeinet, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen.
Nur die mißverstandene Religion kann uns von dem Schönen entfernen, und es ist ein Bewis für die wahre, für die richtig verstandene Religion, wenn sie uns überall auf das Schöne zurückbringt.
Es ist zwar recht gut, eine Zeit lang in einer großen Bibliothek zu studieren, aber sich darin vergraben, ist eine Raserei.
Tretet ein, denn auch hier sind Götter!
Nicht jeder Kunstrichter ist ein Genie, aber jedes Genie ist ein geborener Kunstrichter.
Es gibt eine Art des Tadels, welches dem Getadelten Ehre macht. Man tadelt den Hannibal, daß er nicht Rom belagert. Welchen geringern Feldherrn von allen, die jemals an der Spitze römischer Feinde gewesen sind, macht man diesen Vorwurf? Keinem.
Wer nicht genug hat, weil er sich nicht genügen lassen oder haushalten kann, ist noch in tieferem Sinn ein armer Teufel als der, dem es wirklich am äußerlich Notwendigen gebricht.
Was die Erziehung bei den einzelnen Menschen ist, ist die Offenbarung bei dem ganzen Menschengeschlechte.
Und was habe ich denn zu versäumen? Ist nicht die ganze Ewigkeit mein?
Eine Königin liebt nicht edler, als eine Bettlerin, und eine Philosophin nicht edler, als eine dumme Bauersfrau.
So sieh doch einem Alten etwas nach!
Das wahre Genie arbeitet gleich einem reißenden Strome sich selbst seinen Weg durch die größten Hindernisse.
Und ist denn nicht das ganze Christentum aufs Judentum gebaut? Es hat mich oft geärgert, hat mich Tränen genug gekostet, wenn Christen gar so sehr vergessen konnten, dass unser Herr ja selbst ein Jude war.
Man pflegt in einem wichtigen Werk zu blättern, ehe man es ernstlich zu lesen anfängt.
Damit er einst was kann von seinen Eltern erben, so lassen sie ihn jetzt vor Hunger weislich sterben.
Das Herz redet uns gewaltig gern nach dem Maule. Wenn das Maul eben so geneigt wäre, nach dem Herzen zu reden, so wäre die Mode längst aufgekommen, die Mäuler unter’m Schlosse zu tragen.
Ob ich morgen noch leben werde, weiß ich freilich nicht, doch dass ich, wenn ich noch lebe, morgen Tee trinken werde – das weiß ich gewiss.
Tu, was du nicht lassen kannst!
Ekel macht nicht satt und Eigensinn nicht froh.
Lieber die schönsten Zähne nicht gezeigt, als alle Augenblicke das Herz darüber springen lassen!
Es ist möglich, daß ich am Tage des Jüngsten Gerichts zittern werde, aber bis dahin zittere ich auf keinen Fall.
Ein Gedicht ist eine vollkommene sinnliche Rede.
Zufällige Geschichtswahrheiten können der Beweis von notwendigen Vernunftswahrheiten nie werden.
Ein weiser Mann ist gegen alles gleichgültig, gegen Lob und Tadel, gegen Schmeicheleien und Scheltworte.
Die Komödie will durch Lachen bessern, aber nicht eben durch Verlachen.
Jeder Mensch hat seinen Stil, sowie seine eigene Nase, und es ist weder artig noch christlich, einen ehrlichen Mann mit seiner Nase zum besten zu haben, wenn sie auch noch so sonderbar ist.
Aber nicht die Klügsten allein haben die besten Einfälle. Gute Einfälle sind Geschenke des Glückes; und das Glück, weißt du wohl, beschenkt den Jüngling oft lieber, als den Greis.
Man wirft unseren Buchstaben vor, daß sie so viele Ecken haben; welch ein Vorwurf! Gleich als ob die Ecken nicht so ehrlich wären als die Rundungen.
Die Wahrheit hat noch bei jedem Streite gewonnen. Der Streit hat den Geist der Prüfung genährt, hat Vorurteil und Ansehen in einer beständigen Erschütterung erhalten; kurz, hat die geschminkte Unwahrheit verhindert, sich an Stelle der Wahrheit festzusetzen.
Das Neue ist, eben weil es neu ist, dasjenige, was am meisten überrascht.
Unsere Augen ergötzen sich an der zarten Schönheit der Blumen und an dem Lächeln eines Kindes. Doch unsere Augen wollen auch den Schauder der Schöpfung sehen, den Biss der Schlange, die Grimasse der Ängste und Schmerzen.