Germaine de Staël Zitate
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Die große Menge ist plötzlich gewonnen oder nie, es gibt fast keine Abstufungen, weder in ihren Gefühlen, noch in ihren Begriffen.
Man muß seine Schönheit dort zeigen, wo man sie hat.
Glaubt nicht jede neue Generation, die von der Welt Besitz nimmt, daß alles Unglück von der Schwäche ihrer Vorfahren kam?
Ach! Welch schrecklicher Gedanke, daß wir sterben müssen und welch ewiges Wunder, daß wir das immer wieder vergessen können!
Die Zeit gut auszufüllen, ist das Talent der Deutschen; sie vergessen zu machen, das Talent der Franzosen.
Das Rittertum ist für die Neuern, was die Zeit der Heroen für die Alten war.
Der Sieg der Aufklärung ist immer der Größe und Verbesserung des menschlichen Geschlechtes vorteilhaft gewesen.
Man muß im Leben wählen zwischen Langeweile und Leiden.
Wenn niemand uns liebt, hören wir auf, uns selbst zu lieben.
In Jahrhunderten des Aberglaubens heißt leicht jede neue Meinung Ketzerei; so wie Jahrhunderte des Unglaubens sie eben so leicht mit dem Namen des Wahnsinns belegen.
Man findet in Österreich eine Menge Vortrefflichkeiten, aber wenig wahrhaft ausgezeichnete Männer, weil es dort wenig frommt, besser zu sein als ein anderer. Der Ehrgeiz beharrt auf der Begierde, Stellen zu erhalten.
Das Exil verdammt dazu, sich selbst zu überleben: Der Abschied, die Trennung, alles geschieht wie im Augenblick des Sterbens, und doch wohnt man dem allen in voller Kraft des Lebens bei.
Oberflächliche Gefühle sind oft von langer Dauer; nichts zerreißt sie, weil nichts sie anspannt; sie folgen den Umständen, verschwinden und kommen mit ihnen wieder, während eine tiefinnerliche Neigung ohne Wiederkehr entflieht und an ihrer Stelle nur eine schmerzhafte Wunde zurückläßt.
Die Heiden haben das Leben vergöttert, die Christen den Tod.
Wenn den Deutschen noch so großes Unrecht angetan wird, findet sich doch immer ein obskurer deutscher Professor, der so lange an der Objektivität herumbastelt, bis er bewiesen hat, dass die Deutschen Unrecht getan haben.
Wird die Begeisterung erst einmal lächerlich gemacht, so wird alles zunichte gemacht, außer dem Geld und der Macht.
Doch hängt die Tugend der Frauen mit nur wenigen Ausnahmen vom Benehmen der Männer ab.
Mut, Ergebung, Geduld, Ihr Gefühle der Trauer! Ihr Gefährten des Unglücks! Die flüchtigste Hoffnung schafft mehr Erleichterung als Ihr!
Nichts ist einfacher als der Beweis, daß man Menschen nicht befehlen kann, auf deren Schicksal man keinen Einfluß hat.
Ein Franzose weiß immer noch zu reden, selbst wenn er keine Gedanken hat: ein Deutscher dagegen hat immer etwas mehr Gedanken im Kopf, als er aussprechen kann.
Liebe ist die Geschichte des Lebens einer Frau; die Episode im Leben eines Mannes.
In der Leidenschaft richtet sich alle unsere Kraft gegen uns selbst.
Die Unterhaltung als Talent existiert nur in Frankreich.
Ein Mensch, der vier Sprachen kann, hat den Wert von vier Menschen.
Eine nachgemachte Kultur gedeiht nie.
Des Geistes Stärke entwickelt sich nur, wenn er die Macht angreift.
Die Liebe ist ein Kind der Ewigkeit. Sie verwischt die Erinnerung an den Anfang und nimmt die Angst vor dem Ende.
Das Erröten aus Zartgefühl und Gutmütigkeit erregt in jedem Alter Teilnahmen.
Was das Geheimnis des Daseins so innig berührt, kann nicht in den üblichen sprachlichen Formen ausgedrückt werden.
Frauen sind glückliche Wesen: Weil sie keine Männer sind, brauchen sie keine Frauen zu heiraten.
Das ist das unterscheidende Merkzeichen des Geistes einer Partei, daß sie keine andere Art zu sehen duldet, außer der ihrigen.
Preußen, das Vaterland des Denkens.
Es steht fest, dass die Leichtigkeit der Ehescheidungen in den protestantischen Gegenden der Heiligkeit der Ehe Abbruch tut. Man wechselt dort die Gatten so friedlich, als ob es sich nur um das Arrangement der Nebenumstände in einem Drama handle.
Die deutsche Sprache ist viel sinniger als die italienische, viel dichterischer in ihrer Kühnheit als die französische, dem Maß der Verse viel günstiger als die englische.
Nur das Vergessen der Ideale erniedrigt die Seele, sie kann in der großen Vergangenheit irgendwo ein Asyl finden, wenn grausame Verhältnisse es nicht gestatten, daß die Blüthen unserer vielleicht edlen Thaten zu lohnenden Früchten heranreifen.
Es gehört viel Kraft dazu, Gefühle zu zeigen, die ins Lächerliche gezogen werden können.
Ansichten, die vom herrschenden Zeitgeist abweichen, geben der Menge stets ein Ärgernis.
Unbedeutende Menschen sind selten töricht, nur leidenschaftliche Gemüter sind der Torheit fähig.
Ein schwerer Unglücksfall kann stolzen Seelen neue Kräfte verleihen, aber unausgesetzter Kummer vergiftet alle Tugenden und alle Talente. Die Schnellkraft der Seele läßt durch die Gewohnheit des Leidens gänzlich nach.
Die Selbstsucht der Frau ist immer ein Egoismus zu zweit.
Die Liebe ist ein Egoismus zu zweit.
Genie ist der auf neue Ideen angewandte gesunde Menschenverstand.
Die genialen Menschen aller Länder sind sehr wohl imstande, einander zu verstehen und zu achten.
Das Verdienst der Deutschen ist, daß sie ihre Zeit gut nützen, das Talent der Franzosen ist, die Zeit vergessen zu machen.
Es gibt keine Leidenschaft, die nicht eine Qual ist.
Die Natur entfaltet ihre Pracht bisweilen ohne Zweck, zuweilen sogar mit einem Luxus.
Zweifelsohne hat der Mangel an Wetteifer im Streben einen Vorteil: Er vermindert die Eitelkeit.
Das Schicksal der Frauen bleibt immer dasselbe, sie haben nur auf die Stimme des Herzens zu hören; die politischen Umstände sollen keinen Einfluß auf sie haben.
Eine bevorrechtete Körperschaft, welche sie auch sein mag, kann ihre Beglaubigungsurkunde nur von der Geschichte besitzen; ihre Kraft in der Gegenwart besteht nur, weil sie in früherer Zeit bestand. Notwendig hält sie also an der Vergangenheit fest und fürchtet sich vor Neuerungen.
Sehr oft gleich das Leben einem Schiffbruch, seine Trümmer sind die Freundschaft, der Ruhm, die Liebe. Die Ufer des menschlichen Daseins sind voll von ihnen.