Georg Christoph Lichtenberg Zitate
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Ehmals ärgerte ich mich mit einem Gefühl der Kraft, jetzt mit einem von passiver Ängstlichkeit.
Ich habe es sehr deutlich bemerkt: Ich habe die Meinung wenn ich liege und eine andere wenn ich stehe. Zumal wenn ich wenig gegessen habe und matt bin.
Alles wohlklingend und alles erlogen.
Wenn etwas besser werden soll, muss es anders werden.
Damals hätte er beinah seinen kostbaren Hals gebrochen.
Was man feine Menschenkenntnis nennt, ist meistens nichts als Reflexion, Zurückstrahlung eigener Schwachheiten von anderen.
Ich habe bemerkt, daß Personen, in deren Gesichtern ein gewisser Mangel von Symmetrie war, oft die feinsten Köpfe waren.
Was heißt schwätzen? Schwätzen heißt, mit einer unbeschreiblichen Geschäftigkeit von den gemeinsten Dingen, die entweder schon jedermann weiß oder nicht wissen will, so weitläufig sprechen, daß darüber niemand zum Wort kommen kann und jedermann Zeit und Weile lang wird.
Wie werden einmal unsere Namen hinter den Erfindern des Fliegens und dergleichen vergessen werden?
Ein Mann, der gut schreiben will, soll, so viel er kann, außer allem medio resistente schreiben, und bloß sich durch die Natur der Sache leiten lassen.
Er war ein geschäftiger Schriftsteller und ein sehr fleißiger Leser seiner eigenen Artikel in den gelehrten Zeitungen und Journalen.
Man lasse nur einströmen, ohne Vorurteil, in unseren sinnlichen Werkzeugen liegt der Fehler nicht, wenn wir superklug oder Gecken sind, sondern in unserem Lesen und Vorurteilen.
Viele Spötter meinen, reich an Geist zu sein, und sind doch nur arm an Takt.
Es ist sehr gut, die von anderen hundertmal gelesenen Bücher immer noch einmal zu lesen; denn obgleich das Objekt einerlei bleibt, so ist doch das Subjekt verschieden.
Ich bin überzeugt, daß alles gut sein wird an dem Tage, wenn die Geschichte ihre Bücher schließt, aber wer kann mir verdenken, wenn ich auch zuweilen meinen Baß in diesem Konzert brumme?
Ein physikalischer Versuch, der knallt, ist allemal mehr wert als ein stiller; man kann also den Himmel nicht genug bitten, daß, wenn er einen etwas will erfinden lassen, es etwas sein möge, das knallt; es schallt in die Ewigkeit.
Große werden immer angestaunt – bei einem Viehmarkt sind immer die Augen auf den größten Ochsen gerichtet.
Es wäre wohl der Mühe wert, ein Leben doppelt oder dreifach zu beschreiben, einmal wie ein allzu warmer Freund, dann wie es [ein] Feind und dann wie es die Wahrheit selbst schreiben würde.
Die Ausdrücke Herz verschenken, Gunst verschenken sind poetische Blümchen. Kein Mädchen schenkt ihr Herz weg; sie verkauft es entweder für Geld oder Ehre oder vertauscht es gegen ein anderes, wobei sie Vorteil hat oder doch zu haben glaubt.
Man sollte eigentlich nur das ein Buch nennen, was etwas Neues enthält, die andern sind nur Mittel bald zu erfahren, was die Menschen schon in einer gewissen Sache getan haben.
Es ist eine Frage, ob wir nicht, wenn wir einen Mörder rädern, gerade in den Fehler des Kindes verfallen, das den Stuhl schlägt, an dem es sich stößt.
Es ist wirklich nichts abscheulicher, als wenn Strafgerichte anlaufen, nachdem man schon lange angefangen hat, sich zu bessern.
Weiser werden heißt, immer mehr und mehr die Fehler kennenlernen, denen dieses Instrument, womit wir empfinden und urteilen, unterworfen sein kann.
Der Henker hole unser Dasein hienieden, wenn nur allein der Kaiser Gutes tun könnte. Jeder ist ein Kaiser in seiner Lage.
Man kann sicher bei verschlossenen Augen in das erste beste Buch den Finger auf eine Zeile legen, und sagen, hierüber ließe sich ein Buch schreiben. Wenn man die Augen auftut, so wird man sich selten betrogen finden.
Experimental-Politik, die Französische Revolution.
Eine schädliche Folge des allzu vielen Lesens ist, daß sich die Bedeutung der Wörter abnutzt, die Gedanken werden nur so ohngefähr ausgedrückt. Der Ausdruck sitzt dem Gedanken nur los an. Ist das wahr?
Wo Mäßigung ein Fehler ist, da ist Gleichgültigkeit ein Verbrechen.
In jedem menschlichen, von einem ganzen Staat gebilligten Gebrauch, liegt immer etwas zum Grunde, was sich, wo nicht rechtfertigen, doch entschuldigen läßt.
Die Türken berauschen sich auf dem trockenen Wege, mit Opium.
Der gute Ton steht dort um eine Oktave niedriger.
Es ist heutzutage nicht selten, daß einer ein Blumenkörbchen ankündigt und ein Kartoffelsäckchen liefert.
Die größten Dinge in der Welt werden durch andere zuwege gebracht, die wir nichts achten, kleine Ursachen, die wir übersehen, und die sich endlich häufen.
Ist es nicht sonderbar, daß man zu den höchsten Ehrenstellen in der Welt (König) ohne Examen gelangt, das man von jedem Stadt-Physikus fordert?
Wahrheit ist kostbar. Noch kostbarer ist, sie zu finden.
Wenn es doch in Sachen des Geschmacks oder der Kritik überhaupt ein Ober-Appellations-Gericht gäbe!
Die Hypothesen einiger Neuern laufen noch nicht gegen die Erfahrung, aber ich fürchte, die Erfahrungen werden einmal gegen sie laufen.
Es ist ein Gott kann, meiner Meinung nach, nichts anderes sagen als: Ich fühle mich, bei aller meiner Freiheit des Willens, genötigt, recht zu tun.
Die Fehler, die die Damen beim Sprechen machen, sind oft unwiderstehlich.
Die Hottentotten nennen das Denken die Geißel des Lebens.
Die sogenannten schlechten Leute gewinnen, wenn man sie genauer kennenlernt, und die guten verlieren.
Eine ganze Milchstraße von Einfällen.
Die Sprache der erzürnten Impotenz. Zensur.
Wie gut wäre es, wenn man die Stimmen, anstatt sie zu zählen, wägen könnte.
Nicht die Lügen, sondern die sehr feinen falschen Bemerkungen sind es, die die Läuterung der Wahrheit aufhalten.
Jedermann ist sehr bereitwillig, durch Schaden klug zu werden, wenn nur der erste Schade, der dieses lehrt, wieder ersetzt wäre.
Laß dich nicht anstecken, gib keines anderen Meinung, ehe du sie dir anpassend gefunden, für deine aus, meine lieber selbst.
Er hatte sich in den lieben Gott verliebt.
Ein großes Licht war der Mann eben nicht, aber ein großer bequemer Leuchter. Er handelte mit anderer Leute Meinungen.
Das Vergnügen, das mir die genaue Bemerkung eines Fehlers an mir machte, war oft größer als der Verdruss, den der Fehler selbst bei mir erweckte.