Friedrich Nietzsche Zitate
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Wenn ihr das Angenehme verachtet und das weiche Bett und von de Weichlichen euch nicht weit genug betten könnt: da ist der Ursprung unserer Tugend. Gelobt sei, was hart macht.
Das einzige Menschenrecht. – Wer vom Herkömmlichen abweicht, ist das Opfer des Außergewöhnlichen; wer im Herkömmlichen bleibt, ist der Sklave desselben. Zugrunde gerichtet wird man auf jeden Fall.
Vorsicht vor den Gutmütigen! Der Umgang mit ihnen erschlafft.
Ich bin ein Verhängnis.
Wer die Eitelkeit bei sich leugnet, besitzt sie gewöhnlich in so brutaler Form, daß er instinktiv vor ihr das Auge schließt, um sich nicht verachten zu müssen.
Man greift nicht nur an, um jemandem wehe zu tun, ihn zu besiegen, sondern vielleicht auch nur, um sich seiner Kraft bewußt zu werden.
Alle Menschen, die man lange im Vorzimmer seiner Gunst stehen läßt, geraten in Gärung oder werden sauer.
Mittel, um schnell verachtet zu werden. – Ein Mensch, der schnell und viel spricht, sinkt außerordentlich tief in unserer Achtung, nach dem kürzesten Verkehre, und selbst wenn er verständig spricht, – nicht nur in dem Maße als er lästig fällt, sondern weit tiefer.
Singe mir ein neues Lied: die Welt ist verklärt und alle Himmel freuen sich.
Ich sage euch: man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Ich sage euch: ihr habt noch Chaos in euch.
Die Aufgabe der wahren Philosophen ist es, auf die Verbesserung der als veränderlich erkannten Seite der Welt loszugehen.
„Gehst du gen Morgen: so werde ich gen Abend ziehen“ – so zu empfinden ist das hohe Merkmal von Humanität im engeren Verkehre: ohne diese Empfindung wird jede Freundschaft, jede Jünger- und Schülerschaft irgendwann einmal zur Heuchelei.
Es gibt einen alten Wahn, der heißt Gut und Böse. Um Wahrsager und Sterndeuter drehte sich bisher das Rad dieses Wahns.
Die Kirche ist exakt das, wogegen Jesus gepredigt hat – und wogegen er seine Jünger kämpfen lehrte.
Die zunehmende „Vermenschlichung“ besteht darin, dass immer feiner empfunden wird, wie schwer der andere wirklich einzuverleiben ist.
Jeder große Mensch hat eine rückwirkende Kraft: Alle Geschichte wird um seinetwillen wieder auf die Waage gestellt, und tausend Geheimnisse der Vergangenheit kriechen aus ihren Schlupfwinkeln – hinein in seine Sonne.
Jede Verachtung des geschlechtlichen Lebens, jede Verunreinigung desselben durch den Begriff „unrein“ ist ein Verbrechen am Leben selbst.
Die Dichter, insofern auch sie das Leben der Menschen erleichtern wollen, wenden den Blick entweder von der mühseligen Gegenwart ab oder verhelfen der Gegenwart durch ein Licht, das sie von der Vergangenheit her strahlen machen, zu neuen Farben.
Nicht, wenn die Wahrheit schmutzig ist, sondern wenn sie seicht ist, steigt der Erkennende ungern in ihr Wasser.
Jede Erkenntnis ist ein Identifizieren des Nichtgleichen.
Auch der vernünftigste Mensch bedarf von Zeit zu Zeit wieder der Natur, das heißt seiner unlogischen Grundstellung zu allen Dingen.
„Dumm wie ein Mann“ sagen die Frauen: „feige wie ein Weib“ sagen die Männer. Die Dummheit ist am Weibe das Unweibliche.
Es kennzeichnet die Deutschen, dass man über sie selten völlig Unrecht hat. Die deutsche Seele hat Gänge und Zwischengänge in sich, es gibt in ihr Höhlen, Verstecke, Burgverliese; ihre Unordnung hat viel vom Reize des Geheimnisvollen; der Deutsche versteht sich auf die Schleichwege zum Chaos.
Doch wehe dem, der Wüsten in sich birgt!
Meiner Weisheit A und O klang mir hier: was hört‘ ich doch! Jetzo klingt mir’s nicht mehr so, nur das ew’ge Ah! und Oh! meiner Jugend hör‘ ich noch.
Freilich tut, um dergestalt das Lesen als Kunst zu üben, Eins vor Allem not, was heutzutage gerade am Besten verlernt worden ist – und darum hat es noch Zeit bis zur Lesbarkeit meiner Schriften -, zu dem man beinahe Kuh und jedenfalls nicht moderner Mensch sein muss: das Wiederkäuen.
Man muss es in aller Tiefe nachempfinden, welche Wohltat das Weib ist.
Der Wahrheit dienen wenige in Wahrheit, weil nur wenige den reinen Willen haben gerecht zu sein und selbst von diesen wieder die wenigsten die Kraft, gerecht sein zu können.
Wenn wir über jemanden umlernen müssen, so rechnen wir ihm die Unbequemlichkeit hart an, die er uns damit macht.
Und alles überhaupt, was Würde heißt: Das ist die Verstellungsform derer, welche im Grunde furchtsam sind, – sie wollen damit fürchten machen.
Jede Handlung, deren ein Mensch nicht fähig ist, wird von ihm mißverstanden.
Wie du auch bist, so diene dir selber als Quelle der Erfahrung!
Ihr habt euch lieb? Nun wohl, so seht, daß ihr euch lieb behaltet!
Die Furcht hat die Einsicht über die Menschen mehr gefördert als die Liebe, die sich täuschen lassen will.
Es gibt einen Grad von eingefleischter Verlogenheit, den nennt man „das gute Gewissen“.
Wie reich ist diese Erde an kleinen guten vollkommenen Dingen, an Wohlgeratenem!
Wer zu Papier bringt, was er leidet, wird ein trauriger Autor: aber ein ernster, wenn er uns sagt, was er litt und weshalb er jetzt in der Freude ausruht.
Die Deutschen haben das Pulver erfunden – alle Achtung! Aber sie haben es wieder gut gemacht: Sie erfanden die Presse.
Die Zerstörung einer Illusion ergibt noch keine Wahrheit, sondern nur ein Stück Unwissenheit mehr, eine Erweiterung unseres „leeren Raumes“, einen Zuwachs unserer „Öde“.
Der Gedanke an den Selbstmord ist ein starkes Trostmittel: mit ihm kommt man gut über manche böse Nacht hinweg.
Um weise zu werden, muss man gewisse Erlebnisse erleben wollen, also ihnen in den Rachen laufen. Sehr gefährlich ist dies freilich; mancher „Weise“ wurde dabei aufgefressen.
Das Du ist älter als das Ich.
Neues will das Edle schaffen und eine neue Tugend. Altes will der Gute und daß Altes erhalten bleibe.
Wer sich völlig gegen die Langeweile verschanzt, verschanzt sich auch gegen sich selber: den kräftigsten Labetrunk aus dem eigenen innersten Born wird er nie zu trinken bekommen.
Nur aus Liebe entstehen die tiefsten Einsichten.
Kein Leben ohne Lügen.
Ziel und Mittel der Demokratie. – Die Demokratie will möglichst Vielen Unabhängigkeit schaffen und verbürgen, Unabhängigkeit der Meinungen, der Lebensart und des Erwerbs.
Das Mütterliche verehrt mir! Der Vater ist immer nur ein Zufall.
Höher als die Liebe zum Nächsten ist die Liebe zum Fernsten und Künftigen; höher noch als die Liebe zu Menschen ist die Liebe zu Sachen und Gespenstern.
Nicht fort sollt ihr euch entwickeln, sondern hinauf.