Friedrich Nietzsche Zitate
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Ein frei gewordner Geist steht mit einem freudigen und vertrauenden Fatalismus mitten im All, im Glauben, daß nur das einzelne verwerflich ist, daß im Ganzen sich alles erlöst und bejaht – er verneint nicht mehr.
Bildung: wesentlich das Mittel, den Geschmack gegen die Ausnahme zu richten zu Gunsten des Mittleren.
Aberglaube ist die Freigeisterei zweiten Ranges.
Man ist vielmehr das Kind seiner vier Großeltern als seiner zwei Eltern.
Ein Zeitalter der Barbarei beginnt, die Wissenschaften werden ihm dienen!
Im Felde der praktischen Urteile und Werte gibt es kein reines Urteil, keine reine Erkenntnis.
Mit einem Talent mehr steht man oft unsicherer als mit einem weniger: Wie der Tisch besser auf drei als auf vier Füßen steht.
Die geistigsten Menschen, vorausgesetzt, dass sie die mutigsten sind, erleben auch bei weitem die schmerzhaftesten Tragödien: aber eben deshalb ehren sie das Leben, weil es ihnen seine größte Gegnerschaft entgegenstellt.
Die Vernunft der Welt. – Dass die Welt nicht der Inbegriff einer ewigen Vernünftigkeit ist, lässt sich endgültig dadurch beweisen, dass jenes Stück Welt, welches wir kennen – ich meine unsre menschliche Vernunft -, nicht allzu vernünftig ist.
Gebildet sein heißt: sich nicht merken lassen, wie elend und schlecht man ist, wie raubtierhaft im Streben, wie eigensüchtig und wie schamlos im Genießen.
Die Furcht ist die Mutter der Moral.
Alles Politisieren, auch bei den größten Staatsmännern, ist Improvisieren auf gut Glück.
Es kennzeichnet die Deutschen, dass bei ihnen die Frage „Was ist deutsch?“ niemals ausstirbt.
Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden jähen Bach des Lebens, hundertmal vom Gischt verschlungen und sich immer von neuem zusammensetzend, und mit zarter schöner Kühnheit ihn überspringend, dort wo er am wildesten und gefährlichsten braust.
Ich schätze nichts als Antriebe.
Über das Weib soll man nur zu Männern reden.
Auf die ewige Lebendigkeit kommt es an: Was ist am „ewigen Leben“ und überhaupt am Leben gelegen.
Was der Vater schwieg, das kommt im Sohne zum Reden; und oft fand ich den Sohn als des Vaters entblößtes Geheimnis.
Wann wäre je aus einem Gelehrten ein wirklicher Mensch geworden?
Über euch hinaus sollt ihr einst lieben! So lernt erst lieben! Und darum mußtet ihr den bitteren Kelch eurer Liebe trinken. Bitternis ist im Kelch auch der besten Liebe…
Damit es Kunst giebt, damit es irgend ein ästhetisches Thun und Schauen giebt, dazu ist eine physiologische Vorbedingung unumgänglich: der Rausch.
Der Mensch hält die unerklärte dunkle Sache für wichtiger als die erklärte helle.
Das, was ich Pathos der Distanz nenne, ist jeder starken Zeit zu eigen.
Wer ein Wofür im Leben hat, der kann fast jedes Wie ertragen.
Jesus starb zu früh. Wenn er so alt geworden wäre wie ich, er hätte seine ganzen Lehren verworfen
Gibt es Epidemien der Gesundheit?
Mit dreißig Jahren ist man im Sinne hoher Kultur ein Anfänger, ein Kind.
Und hüte dich vor den Guten und Gerechten! Sie kreuzigen gerne die, welche sich ihre eigne Tugend erfinden, – sie hassen den Einsamen.
Einst war der Geist Gott, dann wurde er zum Menschen, und jetzt wird er gar noch Pöbel.
Christlich ist ein gewisser Sinn der Grausamkeit, gegen sich und andere; der Hass gegen die Andersdenkenden; der Wille, zu verfolgen.
Wenn der Entschluss einmal gefasst ist, das Ohr auch für den besten Gegengrund zuzuschließen: Zeichen des starken Charakters. Also ein gelegentlicher Wille zur Dummheit.
Wer die Menschen einst fliegen lehrt, der hat alle Grenzsteine verrückt; alle Grenzsteine selber werden ihm in die Luft fliegen, die Erde wird er neu taufen – als „die Leichte“.
Der sicherste Weg, einen jungen Menschen zu korrumpieren, ist, ihn zu lehren, die, die gleich denken höher einzuschätzen als die, die anders denken.
Frauen können recht gut mit einem Manne Freundschaft schließen; aber um diese aufrechtzuerhalten – dazu muß wohl eine kleine physische Antipathie mithelfen.
Männer halten selten einen Beruf aus, von dem sie nicht glauben oder sich einreden, er sei im Grunde wichtiger als alle anderen. Ebenso ergeht es den Frauen mit ihren Liebhabern.
Nicht das „Egoistische“ und das „Unegoistische“ ist der Grundgegensatz, welcher die Menschen zur Unterscheidung von sittlich und unsittlich, gut und böse gebracht hat, sondern: Gebundensein an ein Herkommen, Gesetz, und Lösung davon.
Ich bin ein Gesetz nur für die Meinen.
Es ist zuviel Bier in der deutschen Intelligenz.
Die Dichter sind gegen ihre Erlebnisse schamlos: Sie beuten sie aus.
Die Deutschen entschlüpfen der Definition.
Für das, was einer ist, haben seine Vorfahren die Kosten bezahlt.
Angewöhnung geistiger Grundsätze ohne Gründe nennt man Glauben.
Wer viel Freude hat, muss ein guter Mensch sein: aber vielleicht ist er nicht der klügste, obwohl er gerade das erreicht, was der Klügste mit aller seiner Klugheit erstrebt.
„Freude an der Sache“, so sagt man: aber in Wahrheit ist es Freude an sich vermittelst einer Sache.
Unsere Gelehrten unterscheiden sich kaum und jedenfalls nicht zu ihren Gunsten von den Ackerbauern, die einen kleinen ererbten Besitz mehren wollen, und emsig vom Tag bis in die Nacht hinein bemüht sind, den Acker zu bestellen, den Pflug zu führen und den Ochsen zuzurufen.
Die Geschichte handelt fast nur von diesen schlechten Menschen, welche später gutgesprochen worden sind!
Positiv und negativ. – Dieser Denker braucht niemanden, der ihn widerlegt: er genügt sich dazu selber.
Jede Abweichung vom Ideal ist Sünde.
Das Wort Christentum ist schon ein Missverständnis – im Grunde gab es nur einen Christen, und der starb am Kreuz.
Alles Entscheidende entsteht „trotzdem“.