Friedrich Nietzsche Zitate
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Wir würden Lebensglück für groß und stark halten, wenn wir groß und stark genug wären. Illusionen aber werden aus Gedanken geboren, aber sie sterben nicht am Denken, sondern am Leben.
Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgend einem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten!
Ein anderes ist Verlassenheit, ein anderes Einsamkeit: Das – lerntest du nun!
Menschen, die nach Größe streben, sind gewöhnlich böse Menschen: es ist ihre einzige Art, sich zu ertragen.
Meine Brüder, die Natur ist dumm; und so weit wir Natur sind, sind wir alle dumm. Auch die Dummheit hat einen schönen Namen: sie nennt sich Notwendigkeit.
Der gute Erzieher kennt Fälle, wo er stolz darauf ist, daß sein Zögling wider ihn sich selber treu bleibt: da nämlich, wo der Jüngling den Mann nicht verstehen darf oder zu seinem Schaden verstehen würde.
Auch große Geister haben nur ihre fünf Finger breite Erfahrung, – gleich daneben hört ihr Nachdenken auf: und es beginnt ihr unendlicher leerer Raum und ihre Dummheit.
Eine Schlange, die sich nicht häutet, stirbt.
Das Verlangen nach Gegenliebe ist nicht das Verlangen der Liebe, sondern der Eitelkeit.
Würde ist die Verstellungsform derer, welche im Grunde furchtsam sind.
Sich mitten unter die Feinde werfen kann das Merkmal der Feigheit sein.
Es ist nicht nötig, nicht einmal erwünscht, Partei für mich zu nehmen: im Gegenteil, eine Dosis Neugierde, wie vor einem fremden Gewächs, mit einem ironischen Widerstande, schiene mir eine unvergleichlich intelligentere Stellung zu mir.
Wir irren uns kaum, wenn wir außergewöhnliche Taten auf Eitelkeit zurückführen, gewöhnliche Taten auf Gewohnheit, und gemeine Taten auf Angst.
Ach, Freund, was für ein tolles, verschwiegenes Leben lebe ich! So allein, allein!
Und wahrlich, mancher Zufall kam herrisch zu mir: aber herrischer noch sprach zu ihm mein Wille.
Das Beste an uns ist vielleicht aus Empfindungen früherer Zeiten vererbt, zu denen wir jetzt auf unmittelbarem Wege kaum mehr kommen können; die Sonne ist schon hinuntergegangen, aber der Himmel unseres Lebens glüht und leuchtet noch von ihr her, ob wir sie schon nicht mehr sehen.
Die Verführer der Philosophen sind die Worte, sie zappeln in den Netzen der Sprache.
Dem wird befohlen, der sich nicht selber gehorchen kann.
Was ist gut? fragt ihr. Tapfer sein ist gut.
Die tiefsten Bücher werden wohl immer etwas von dem aphoristischen Charakter haben.
Die Massen sind im Grunde bereit zur Sklaverei.
Was wir am besten tun, von dem möchte unsre Eitelkeit, dass es gerade als das gelte, was uns am schwersten werde. Zum Ursprung mancher Moral.
Die Glücklichen sind die Neugierigen.
Die Muse des Dichters, der nicht in die Wirklichkeit verliebt ist, wird eben nicht die Wirklichkeit sein und ihm hohläugige und allzu zartknochichte Kinder gebären.
Die gleichen Affekte sind bei Mann und Weib doch im Tempo verschieden: deshalb hören Mann und Weib nicht auf, sich mißzuverstehen.
Man findet in den Dingen nichts wieder als was man einst selbst hineingesteckt hat: dies Kinderspiel, von dem ich nicht gering denken möchte, heißt sich „Wissenschaft“?
Einst war der Frevel an Gott der größte Frevel, aber Gott starb, und damit starben auch diese Frevelhaften. An der Erde zu freveln, ist jetzt das Furchtbarste und die Eingeweide des Unerforschlichen höher zu achten, als den Sinn der Erde!
Die Notwendigkeit ist kein Tatbestand, sondern eine Interpretation.
Bist du reine Luft und Einsamkeit und Brot und Arznei deinem Freunde?
Die Stimme der Herde wird auch in dir noch tönen.
Vom Tiere und von der Pflanze müssen wir lernen, was Blühen heißt.
Der Mensch kann mit dem Mund soviel lügen wie er will – mit dem Gesicht, das er macht, sagt er stets die Wahrheit.
Die beiden Schriften über Schopenhauer und Richard Wagner stellen, wie mir heute scheint, mehr Selbstbekenntnisse, vor allem Selbstgelöbnisse über mich dar als etwa eine wirkliche Psychologie jener mir ebenso tief verwandten als antagonistischen Meister.
Wie gut klingen schlechte Musik und schlechte Gründe, wenn man auf einen Feind losmarschiert!
Ihr habt den Weg vom Wurme zum Menschen gemacht, und vieles ist in euch noch Wurm. Einst wart ihr Affen, und auch jetzt noch ist der Mensch mehr Affe als irgendein Affe.
Gut lesen, heißt: langsam, tief, rück- und vorsichtig, mit Hintergedanken, mit offen gelassenen Türen, mit zarten Fingern und Augen lesen.
Ein Gärtchen, Feigen, kleine Käse und dazu drei oder vier gute Freunde, – das war die Üppigkeit Epikurs.
Man muß nicht nur verstehen gut zu spielen, sondern auch sich gut zu Gehör zu bringen. Die Geige in der Hand des größten Meisters gibt nur ein Gezirp von sich, wenn der Raum zu groß ist; man kann da den Meister mit jedem Stümper verwechseln.
Wenn man sich an einem Gegner durchaus rächen will, so soll man so lange warten, bis man die ganze Hand voll Wahrheiten und Gerechtigkeiten hat und sie gegen ihn ausspielen kann, mit Gelassenheit: sodass Rache üben mit Gerechtigkeit üben zusammmenfällt.
Ich würde nur an einen Gott glauben, der zu tanzen verstünde.
Der Reiz der Erkenntnis wäre gering, wenn nicht auf dem Wege zu ihr so viel Scham zu überwinden wäre.
Sie wissen auch, daß ich kein „Mensch der Tat“ bin und in bedauerlicher Weise hinter meinen besten Absichten zurückbleibe.
Für den tragischen Helden ist es notwendig, an dem zugrunde zu gehen, womit er siegen soll.
Dem Staat ist es nie an der Wahrheit gelegen, sondern immer nur an der ihm nützlichen Wahrheit, noch genauer gesagt, überhaupt an allem ihm Nützlichen, sei dies nun Wahrheit, Halbwahrheit oder Irrtum.
Das Wiederfinden dessen, was der Mensch in die Dinge gesteckt hat, heißt sich Wissenschaft.
Denn du glaubst nicht, wie viel Tage und wie viel Stunden selbst an erträglichen Tagen – überstanden werden müssen…
Zu den Schauspielen, auf welche uns das nächste Jahrhundert einladet, gehört die Entscheidung im Schicksale der europäischen Juden.
Die unaufgelösten Dissonanzen im Verhältnis von Charakter und Gesinnung der Eltern klingen in dem Wesen des Kindes fort und machen seine innere Leidensgeschichte aus.
Der Unfreie A. Er steht und horcht: was konnt‘ ihn irren? Was hört‘ er vor den Ohren schwirren? Was war’s, das ihn darniederschlug? B. Wie jeder, der einst Ketten trug, hört überall er – Kettenklirren.
Die Anhänger eines großen Mannes pflegen sich zu blenden, um sein Lob besser singen zu können.