Friedrich Nietzsche Zitate
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[Philosophen:] Die Mauer ihrer Selbstgenügsamkeit muß von Diamant sein, wenn sie nicht zerstört und zerbrochen werden soll, denn alles ist gegen sie in Bewegung, Mensch und Natur.
Der Sozialismus kann dazu dienen, die Gefahr aller Anhäufungen von Staatsgewalt recht brutal und eindringlich zu lehren und insofern vor dem Staate selbst Misstrauen einzuflößen.
Den Stil verbessern – das heißt den Gedanken verbessern, und gar nichts weiter! – Wer dies nicht sofort zugibt, ist auch nie davon zu überzeugen!
In seinem Freunde soll man seinen besten Feind haben. Du sollst ihm am nächsten mit dem Herzen sein, wenn du ihm widerstrebst.
Meine Brüder, zur Nächstenliebe rate ich euch nicht: ich rate euch zur Fernsten-Liebe.
Der Mensch findet zuletzt in den Dingen nichts wieder als was er selbst in sie hineingesteckt hat: das Wiederfinden heißt sich Wissenschaft, das Hineinstecken – Kunst, Religion, Liebe, Stolz.
Mutige Leute überredet man dadurch zu einer Handlung, daß man dieselbe gefährlicher darstellt, als sie ist.
Derjenige der Fliegen lernen will, muß erstmal lernen auf beiden Beinen zu stehen. Man kann nicht mit dem Fliegen anfangen.
Jedes Wort ist ein Vorurteil.
Dem guten Frager ist schon halb geantwortet.
Die Leugner des Zufalls. – Kein Sieger glaubt an den Zufall.
Mißlingt etwas, so soll man seinen Mithelfern die Hilfe doppelt bezahlen.
Das Individuum wird von seinen Erziehern behandelt, als ob es zwar etwas Neues sei, aber eine Wiederholung werden solle. Erscheint der Mensch zunächst als etwas Unbekanntes, nie Dagewesenes, so soll er zu etwas Bekanntem, Dagewesenem gemacht werden.
Niemand kann dir die Brücke bauen, auf der gerade du über den Fluß des Lebens schreiten mußt, niemand außer dir allein… Es gibt in der Welt einen einzigen Weg, auf welchem niemand gehen kann außer dir…
Ehe: So heiße ich den Willen zu zweien, das Eine zu schaffen, das mehr ist, als die es schufen.
Erziehung: wesentlich das Mittel, die Ausnahme, eine Ablenkung, Verführung, Ankränkelung zu ruinieren zu Gunsten der Regel.
Dicht neben dem Wehe der Welt, und oft auf seinem vulkanischen Boden, hat der Mensch seine kleinen Gärten des Glücks angelegt.
Je mehr sie sich geliebt wissen, desto rücksichtsloser werden sie meistens, bis sie endlich der Liebe nicht mehr würdig sind, und wirklich ein Riss entsteht.
Die Romantiker ermangeln des Instinktes: die Kunstwahngebilde reizen sie nicht zur That, sie verharren im Reizungszustande.
Gesetzgeber sein ist eine sublimierte Form des Tyrannentums.
Wenn die Neugier nicht wäre, würde wenig für das Wohl des Nächsten getan werden. Aber die Neugier schleicht sich unter dem Namen der Pflicht oder des Mitleidens in das Haus der Unglücklichen und Bedürftigen. Vielleicht ist selbst an der vielgerühmten Mutterliebe ein Stück Neugier.
Die eigentlichen Epochen im Leben sind jene kurzen Zeiten des Stillstandes, mitten innen zwischen dem Aufsteigen und Absteigen eines regierenden Gedankens oder Gefühls. Hier ist wieder einmal Sattheit da: Alles andere ist Durst und Hunger – oder Überdruss.
Widriger aber sind mir noch alle Speichellecker; und das widrigste Tier von Mensch, das ich fand, das taufte ich Schmarotzer: das wollte nicht lieben und doch von Liebe leben.
Wenn man kein Glück hat, soll man sich Glück anschaffen.
Man kann im Meere vor Durst verschmachten, und ebenso inmitten allzu gesalzener Wahrheiten.
Die gewöhnlichste Lüge ist die, mit der man sich selbst belügt; das Belügen andrer ist relativ der Ausnahmefall.
Viel von sich reden kann auch ein Mittel sein, sich zu verbergen.
Das Menschlichste ist, jemandem Scham zu sparen.
Wer sich selber nicht glaubt, lügt immer.
Anders liebt der Gesell, anders der Meister den Meister.
Allgemein ist die Hast, weil jeder auf der Flucht vor sich selber ist.
Pläne machen und Vorsätze fassen bringt viel gute Empfindungen mit sich.
Man weiß nicht eher, worin bei ausgezeichneten Geistern das Feine ihres Ausdrucks, ihrer Wendung liegt, wenn man nicht sagen kann, auf welches Wort jeder mittelmäßige Schriftsteller beim Ausdrücken derselben Sache unvermeidlich geraten sein würde.
Du mußt wieder ins Gedränge: im Gedränge wird man glatt und hart.
Die Moralität der Bescheidenheit ist die schlimmste Verweichlichung für solche Seelen, bei denen es allein Sinn hat, daß sie beizeiten hart werden.
Die Liebe ist der Zustand, wo der Mensch die Dinge am meisten so sieht, wie sie nicht sind.
Glück liegt in der Geschwindigkeit des Fühlens und Denkens: alle übrige Welt ist langsam, allmählich und dumm.
Der Mensch, der krank im Bette liegt, kommt mitunter dahinter, daß er für gewöhnlich an seinem Amte, Geschäfte oder an seiner Gesellschaft krank ist und durch sie jede Besonnenheit verloren hat: er gewinnt diese Weisheit aus der Muße, zu welcher ihn seine Krankheit zwingt.
Gute Leser machen ein Buch immer besser, und gute Gegner klären es ab.
Man vergißt seine Schuld, wenn man sie einem anderen gebeichtet hat, aber gewöhnlich vergißt der andere sie nicht.
Wer sich stets zu viel geschont hat, der kränkelt zuletzt an seiner vielen Schonung. Gelobt sei, was hart macht!
Wohl bin ich ein Wald und eine Nacht dunkler Bäume: doch wer sich vor meinem Dunkel nicht scheut, der findet auch Rosenhänge unter meine Zypressen.
Entweder kommst du heute eine Stufe höher, oder du sammelst deine Kräfte, damit du morgen höher steigst.
Ich liebe die, welche nicht zu leben wissen, es sei denn als Untergehende, denn es sind die Hinübergehenden.
Für jedes Individuum ist Bildung, dass es ein Kontinuum von Erkenntnissen und eigensten Gedanken hat und in ihm weiter lebt.
Freigebigkeit ist bei Reichen oft nur eine Art Schüchternheit.
Architektur ist eine Art Macht-Beredsamkeit in Formen, bald überredend, selbst schmeichelnd, bald bloß befehlend.
Wo liegen deine größten Gefahren? Im Mitleiden.
Geist ist das Leben, das selber in’s Leben schneidet: an der eignen Qual mehrt es sich das eigne Wissen, – wusstet ihr das schon?
Das Glück des Menschen beruht darauf, dass es irgendwo für ihn eine undiskutierbare Wahrheit gibt.