François de La Rochefoucauld Zitate
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Man wünscht nicht heiß, was man nur aus Vernunft begehrt.
Die Güte einer Ehe bewährt sich dadurch, daß sie einmal eine „Ausnahme“ verträgt.
Wenn wir selbst keine Fehler hätten, würden wir sie nicht mit so großem Vergnügen an anderen entdecken.
In der Eifersucht ist mehr Eigenliebe als Liebe.
Kleine Fehler geben wir gern zu, um den Eindruck zu erwecken, wir hätten keine großen.
Mancher Undankbare kann weniger für seine Undankbarkeit als der, welcher ihm Gutes getan.
Der Eigennutz, der die einen verblendet, erleuchtet die andern.
Man soll sich trösten über seine Fehler, wenn man die Kraft hat, sie einzugestehen.
Es ist schwerer, sich von anderen nicht beherrschen zu lassen, als andere zu beherrschen.
Manchmal hetzt uns der Verstand in waghalsige Dummheiten.
Wahre Beredsamkeit besteht darin, daß man sagt, was zu sagen ist, und nichts als das, was gesagt werden muß.
Der Mensch glaubt oft, sein Leben selbst zu führen, während er in Wirklichkeit geführt wird.
Stolz will nicht schulden, Eigennutz nicht zahlen.
Die meisten sittsamen Frauen sind Schätze, die nur in Sicherheit sind, weil man nicht nach ihnen sucht.
Schwache Menschen können nicht aufrichtig sein.
Die aufdringlichsten Idioten sind diejenigen, die über Geist verfügen.
Moralische Entrüstung besteht in den meisten Fällen aus 2% Moral. 48% Hemmungen und 50% Neid.
Schweigen ist der beste Ausweg für den, der seiner Sache nicht sicher ist.
Gerechtigkeit ist nichts als die lebhafte Besorgnis, daß man uns nicht nehme, was uns gehört.
Die Jugend wechselt ihre Neigungen aus Heißblütigkeit. Und das Alter bewahrt die seinen aus Gewohnheit.
Wir gleiten ganz neu in die verschiedenen Lebensalter, und wir ermangeln oft der Erfahrung, ungeachtet der Zahl der Jahre.
Die Zurückhaltung der Frauen ist ein Anstrich und eine Schminke ihrer Schönheit.
Der Reiz der Neuheit und die lange Gewohnheit hindern uns, so widriger Natur sie auch sein mögen, gleich stark die Fehler unserer Freunde zu bemerken.
Enthaltsamkeit ist entweder Liebe zur Gesundheit, oder Unfähigkeit, viel zu essen.
Immer listig sein, deutet auf einen kleinlichen Geist und fast stets kommt es vor, daß der, welcher sich dadurch auf der einen Seite deckt, auf der anderen sich eine Blöße gibt.
Vertrauen trägt mehr zur Unterhaltung bei als Geist.
Es gibt Leute, deren ganzes Verdienst darin besteht, Dummheiten zu sagen und zu tun.
Es fehlt viel daran, daß wir alle Regungen unseres Willens kennen.
Wiederangeknüpfte Freundschaften erfordern größere Sorgfalt als jene, die nie gebrochen worden sind.
In der Liebe geht der Betrug fast immer weiter als das Mißtrauen.
Fehler des Gemüts sind häufiger als Fehler des Verstandes.
Das Schicksal läßt seinen Lieblingen alles zum Vorteil gereichen.
Schamröte ist die Blüte der Keuschheit, wenn diese als Instinkt wirkt. Wird aber diese eine Tugend, verwelkt jene.
Zu große Eile bei der Rückzahlung eines Darlehens ist ein Zeichen von Undank.
Reue ist oft nichtso sehr das Bedauern über das Böse, das wir getan haben, als die Furcht vor dem, was uns daraus erwachsen könnte.
Das Glück liegt in unserer Einschätzung und nicht in der Sache selbst; und man ist glücklich, wenn man hat, was man liebt, nicht wenn man hat, was die anderen für liebenswert halten.
Die Demut ist oft nichts anderes als eine vorgespiegelte Unterwerfung, um andere zu unterwerfen: Sie ist ein Kunstgriff des Stolzes, der sich erniedrigt, um sich zu erhöhen.
Wir vergeben solange wir lieben.
Wer seine Gesundheit durch allzu strenge Lebensweise zu erhalten sucht, begibt sich damit in eine fortlaufende und langweilige Krankheit.
Ein Liebender sieht die Fehler der Geliebten erst, wenn das Verrücktsein vorüber ist.
Ein kleiner Geist will nur glauben, was er sieht.
So viele Entdeckungen man auch im Reiche der Eigenliebe gemacht hat, es bleiben darin viele unerschlossene Gebiete.
Nur aus Eigennutz tadelt man das Laster, lobt man die Tugend.
Echte Tapferkeit ist es, alle Dinge, die man vor den Augen der Welt zu tun fähig ist, auch ohne Zeugen tun zu können.
Wenn die Eitelkeit sie nicht reden ließe, würden die meisten Menschen überhaupt nicht reden.
Wenn wir uns geben, wie wir sind, gewinnen wir mehr als mit dem Versuch zu scheinen, was wir nicht sind.
Es zeugt von großer Gewandtheit, wenn man die Gewandtheit nicht merken läßt.
Lebhaftigkeit, die mit dem Alter sich steigert, grenzt an Narrheit.
Schwäche tröstet uns oft über Unfälle, über welche die Vernunft zu schwach ist, uns zu trösten.
Die blühendste Einbildungskraft kann nicht so viel Widersprüche ausdenken, wie von Natur im Herzen jedes Menschen wohnen.