Elmar Schenkel Zitate
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Es gibt nichts Bestes, außer man lässt es.
Was wäre aus dem Menschengeschlecht geworden, wenn es nie Missverständnisse gegeben hätte?
[Fantasy]-Bücher sind den Märchen ebenbürtige Reiseführer in den Abgründen der menschlichen Seele, dem wirklichen Lonely Planet.
Der Schmerz, der tat sie lenken.
Wie nah, nur durch zwei Buchstaben getrennt, sind Lösung und Löschung.
Unwissen ist Macht. Wissen ist Ohnmacht.
Warum haben Kirchen und Moscheen die Form von Kraftwerken?
Vor einem großen Ereignis beschäftigt man sich hauptsächlich mit Kleinigkeiten, als sei man in ein Mikroskop gefallen.
Auch Gedanken haben ihre Schwerkraft. Man kehrt dann immer wieder zu ihnen zurück. Sie umkreisen den Geist wie Planeten die Sonne.
Religionen: der innere Kern ist gut, die Hülle ein Kompromiss mit der menschlichen Neigung zum Aberglauben, Götzendienst, Wettkampf und Gruppengeist.
Der größte Feind der Vielfalt ist – der Erfolg.
Etwas sei anschlußfähig: das Denken im Steckdosenformat.
Das Ungelesene und ich, wir schauen uns an.
Die Zeit ist keine Linie. Sie bildet vielmehr Beutel und Knoten, sie schnürt ein oder fliegt wie ein Lasso. Am Ende winkt sie mit den Anfängen.
Jeder Aphorismus ist die Spitze eines Eisbergs an inneren Gesprächen.
Ich nehme mir zum Neuen Jahr immer etwas Schlimmes vor, zum Beispiel: Ich will dieses Jahr mehr Fernsehen schauen. Wenn das am Ende nicht gelingt, fühlt man sich gut. Also solche Vorsätze, deren Nicht-Einlösen gute Gefühle erzeugt…
Du steigst nie zweimal in dieselbe Frage. Du bekommst niemals dieselbe Antwort auf eine Frage.
Wahrheit: die überzeugendste Form von Täuschung.
Das Buch vor lauter Lesezeichen nicht mehr sehen. Bücher vor lauter Sekundärliteratur nicht mehr lesen können
Die ersten Menschen, die eine Sprache für die Zukunft erfanden, taten dies im Glauben an wiederkehrende Zyklen. Die erste Zukunft war die Vergangenheit.
Religionen sind Formen der Gottesbestattung. Sie setzen den Göttern Grabsteine.
Pessoa abgewandelt: Ich lebe, um mich vom Schreiben abzulenken.
Als das Mittelalter durch ein Datenleck erfuhr, dass es Strom gab, installierte es unverzüglich große Lichtshows in den Kathedralen, übertrug die Messen per Radio und Lautsprecher und nutzte riesige Leinwänder auf den Marktplätzen, um den Glauben zu beleben.
Ich vertiefte mich in Ciorans aphoristische Prosa, die sich unendlich zu wiederholen schien und doch immer wieder dem Nichts andere Lichter aufsetzte.
Je origineller man die Dinge sieht, desto seltener kommt Langeweile auf.
Er [Cioran] liebte das Primäre und Unverstellte: Was zähle, sei die Vorgeschichte, also die Zeit, bevor man ins Bewusstsein, in die Geschichte eintrete, das unbewusste Leben.
Dialoge zwischen Brücke und Fluss, wünschenswert.
Die Dinge aufzählen, über die man schreiben könnte.
Schweigen der Weisen und das Schweigen der Narren ist leider kaum zu unterscheiden.
„Künstlerpfade“ sind Wege, die dazu angelegt sind, Kunst zu verhindern.
Feindselig, auch eine Form von Seligkeit.
Neue Theorien entstehen durch Zeitverschiebungen.
Es gibt solche, die ihr Leben als Linie leben; andere tun es in Kreisen und Spiralen. Denen ist die Vergangenheit immer präsent, den ersteren aber immer zu Ende. Aber bei diesen zeigt sie sich vor allem als Stoßkraft mit Richtung auf ein Ziel.
Wo befindet sich der nächste Gedanke? Im Keller der Logik, im Speicher der Sprache. Im Gespräch zwischen beiden.
Als ich noch nicht auf der Welt war, hat es komischerweise niemand gemerkt. Warum soll es jemand merken, wenn ich nicht mehr da bin?
Jede Kultur ist, wie jede Sprache, ein System von Gewohnheiten.
Orte träumen in Farbe. Die Farbe erträumt Orte. Und Worte. Es heißt also nicht, dass Bilder verortet sein müssen. Sie sind das eigentlich Ortlose, wie das Auge, das schweift, das mitgeht oder stehenbleibt.
Die physischen Hindernisse, die Frage des Gleichgewichts, die Konzentration und der Blick nach vorn, das alles macht das Fahrrad zu einem Spiegel der Seele.
Aphorismen – die Kontoauszüge des Geistes.
Der einzige Ismus, den ich schätze, ist der Aphorismus.
… Wer die Schwerkraft am besten überwindet, hinterlässt das größte Zeichen.
Was sich ernst nimmt, braucht Raum.
Aller guten Dinge sind drei; der schlechten allerdings auch.
Facebook: Die moderne Form des Poesiealbums, aber ohne Poesie.
Wir leben zu hell, uns fehlt die Dunkelheit der Nächte.
Literatur ist eine der wichtigsten Formen der Vermittlung des Fremden in unserer Gesellschaft.
Überall fehlt das Gespräch.
Nur der Zufall erzeugt das Persönliche.
Manche Gedanken verschwinden aus reiner Trägheit.
Mir kommen sie [die Märchen] vor wie Burgen auf Hügeln, zwischen denen sich die Geschichte hindurchschlängelt.