Carmen Sylva Zitate
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Die Männer sind in der Stunde der Müdigkeit große Kinder und wollen von dem, was sie am liebsten haben, gepflegt sein, und erquickt und gehütet.
Das Wort behält seine Macht nach Tausenden von Jahren. Von großen Völkern bleibt nichts übrig als ihr Wort, wenn sogar ihre Steine zertrümmert sind. Das Wort überdauert alles, wie ein ewig grünender Baum.
Was wir Freiheit nennen, ist Gottes Gedanke in uns.
Wir wissen vielleicht gar nicht, wie wahr wir sind, wenn wir von Seelentiefen sprechen, denn wir haben oft Überraschungen von Eigenschaften, die uns verhüllt blieben, bis zu einem gewissen Augenblick.
Die Menschen haben viel weniger Gewalt über dich, als sie es meinen, da sie über deine Gedanken keine Macht haben. Die sind dein und bleiben dein, was sie auch sagen und wie sehr sie auch schreien mögen.
Du kannst die Leute nicht lehren, deine Sprache zu sprechen, sprichst du nicht zuvor die ihre.
Die sogenannte Frauenfrage geht die Seele gar nichts an. Der Frauenberuf heißt in der Natur: „Gebähren“ und in der geistigen Welt: „Mutter sein“. Das ist der Frauen Beruf, und wer das Gegenteil beweisen kann, beweise es.
Glück ist das einzige, was wir anderen geben können, ohne es selbst zu besitzen.
Christus ist freiwillig in den Tod gegangen, weil er wohl wußte, daß, wenn er seine Lehre nicht mit seinem Blute besiegelte, sie keinen Glauben finden würde.
Die Menschheit geht nicht mit Riesenschritten und Siebenmeilenstiefeln, sondern mit Schneckenschritten und oftmals denselben Weg hin und wieder, bis sie sich entschließt, voranzuschreiten.
Nein, liebe Seele, so lange du auf der Erde bist, hat die Natur Gewalt über dich, du bist ihr anvertraut, sie ist deine Mutter, sie ist dein Leben und deine Kraft.
Ach! In wie vielem sind uns die Tiere oft überlegen. Wir wollen es oft nicht sehen und leugnen, daß sie eine Seele haben, und sie beschämen uns jeden Augenblick mit ihrer Seelengröße und Aufopferungsfähigkeit.
Wenn es eine Hölle geben kann, so ist sie ganz gewiß nur eine Zeit namenloser Angst.
Nur ein Meer von Güte kann der Erfahrung Felsenkanten glätten.
Wenn die Hoffnung uns verläßt, geht sie, unser Grab zu graben.
Freude ist das Leben durch einen Sonnenstrahl gesehen.
Dummheit stellt sich in die erste Reihe, um gesehen zu werden; der Verstand stellt sich zurück, um zu sehen.
Es gibt abstoßende Güte und anziehende Bosheit.
Geduld ist eine Tat. Geduld ist eine Kette von Taten, Geduld ist gipfelnde Willensstärke.
Der Sturm sprach einst: Ich kenne die Welt, denn ich zerpflücke sie; da sprach der Reif: Ich kenne sie näher, ich erdrücke sie; die Sonne lacht: Ich kenne sie besser, ich beglücke sie.
Das wunderschöne, duftende, herrliche Brot! Wie gut könnten wir von Brot, Milch und Früchten leben und brauchten die sogenannten Tafelfreuden gar nicht, die so vielen Wesen das Leben kosten.
Man sagt: Rache ist süß. Den Bienen kostet sie das Leben.
Das politische Wörterbuch ist sehr beschränkt: Das Wort Mitleid kommt u.a. nicht darin vor.
Wissen wir, was die Seele tut, während wir schlafen?
Gott gab seiner Schöpfung nur einen einzigen Pfeiler: die Liebe.
Es ist sonderbar, daß wir das Licht so anbeten, als wüßten wir, daß es Leben ist.
Es gibt nur ein Glück: die Pflicht; nur einen Trost: die Arbeit; nur eine Freude: das Schöne.
Der Mensch hat zu sehr die Einbildung, daß die Natur sein Werkzeug ist und von ihm mißbraucht werden darf, und nicht genug Andacht vor Gottes Schöpfung, an der er gar keinen Theil hat.