Billy Zitate
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Griechische Götter sind alles andere als naiv – sie haben sämtliche Bresten am eigenen Leib erlebt, sie wissen aus Erfahrung, wie man auf Erden untergeht, um am Himmel zu siegen.
Das Wort ist die mächtigste aller Gewalten; doch die Schwerarbeit verrichten Ächzer und Seufzer.
Denker sind Leute, die eloquenter schweigen als wir.
Zu viele Gedanken begnügen sich mit ihrer Geburtsurkunde.
Es gibt auf dieser Welt unzählige Sprachen, für jeden von uns eine neue, und jeden Abend ist unsere Sprache todmüde, irgendwo im Schatten des Geschehens verunfallt.
Bildung heisst überall und immer: heikle Themen werden nicht detailliert.
Von Flüssen können wir lernen, wozu Freiräume gut sind und Freiheiten schlecht.
Wenn Gott Deutschland besucht, kommt er erst nach dem Essen.
Katastrophen sind die Antworten des Sinns auf die Fragen des Zwecks.
Die Zivilisation beruht auf dem Mythos, daß Opfer und Helden sich kennen.
Das Schreiten auf den Wellen der Wörter ist eine Kunst, die keinen Namen hat und auch keinen braucht – es ist der Gang aus den Namen heraus in die Einsamkeit der Sprache.
Die Realität hat auch heute wieder ekelhaft richtig gearbeitet.
Die Arbeitsplätze in unserem Hirn verdanken wir der Kunst des Vergessens.
Was jeder Mensch wissen sollte, weiss jeder zehnte. Und jeder dritte macht damit Geld.
Ich habe die Vernunft nie ohne Stelzen gesehen und den Verstand nie ohne Krücken.
Der Lärm ist die Seele der Party-Musik.
Faule tun zu selten was – Streber zu oft.
Entwicklung ist wie folgt zu beschreiben: die eine geht in die Höhe, die andere in die Tiefe – doch am häufigsten ist die Entwicklung zur Länge.
Tiefsinn ist ein Grabenkampf mit dem Detail.
Die am meisten verbreitete Unart des Menschen ist, das Richtige dann zu tun, wenn es falsch ist. Das Resultat solcher Blasphemien ist immer dasselbe: Wir Menschen werden hühnerhaft hektisch, wir gackern scharren hüpfen flattern und schauen uns um nach einem verläßlichen Anwalt.
Was Gott dem Menschen erspart hat, kann der Computer.
Reden und Schreiben sind die zwei Disziplinen, in denen am meisten gefoult wird.
Die marktbeherrschenden Götter der Gegenwart sind nicht, wie wir uns einbilden, die paar Glorreichen aus Industrie und Wirtschaft, sondern deren Moderatoren: ein Heer namenloser Kontrollgeister, die den Theoretikern im Nacken sitzen und sich auf jede Tonart des Nutzens verstehen.
Wir sind tolerant: wir schämen uns erst, wenn wir müssen.
Franzosen sind schlau. Wir sagen Hunger. Sie: Appetit.
Aphorismen geben den Wörtern das Dunkle der Welt wieder zurück.
Die Werkschaft zeitgenössischer Autoren hat das Unheldnische der neudeutschen Sprache mit Karacho begriffen und kaufmännisch korrekt appliziert.
Nietzsche war der Regisseur des eigentlich Unmöglichen – er ließ die Philosophie tanzen und springen, und sein Sohn Zarathustra machte die Musik dazu.
Klare Köpfe taugen nichts für krumme Wege.
Als der Staat laufen lernte, war Fitneß kein Thema.
Aphorismen sind die kleinen Brötchen der Bedeutung.
Seit der Adelsstand abgeschafft wurde, fehlen uns an allen Ecken und Enden die Diener.
Charakter nennt man die Art und Weise, wie wir das Leben verarbeiten.
Mit der Wirklichkeit am Tisch sitzen – das nenne ich Denken.
Denken ist Einsicht ins Intimleben der Grösse.
Kummer und Elend lassen sich leichter verlängern als kürzen.
Wie wirklich das Wirkliche ist, lernt man nicht in der Begegnung mit Göttern oder im Umgang mit bedeutenden Menschen, sondern von einem Beispiel.
Völkern traue ich alles zu – Regierungen höchstens die Hälfte.
Diese Welt ist bald nur noch eine Abreise wert.
Auf bessere Zeiten wartet man abends im Kino.
Das Volk kann bis drei zählen. Und sich dabei viermal verrechnen.
Das Aber haben die Ja-Sager erfunden.
Wenn Wissenschaftler unter sich sind, gibt’s jede Menge kosmischer Leichen: Leute nämlich, die das Gespür für lebendige Vorgänge für immer verlernt haben.
Was der Staat frißt, muß das Volk verdauen.
Der Skeptiker wundert sich: Warum soll ich nicht Ja sagen zum Nein?
Anders gesagt, und noch einmal tiefer im Ansatz: So und nicht anders philosophiert der Aphorismus, wenn er einen seiner guten Tage gehabt hat: Philosophie, sagt der Aphorismus, ist das, was im Boden geschieht und eigentlich nie ans Licht kommen sollte.
Fragt sich, wie viel Würde unser Boden verträgt. Während die Dicken und Satten jubilieren, schreit die Erde auf unter der Last unserer geistigen Abfälle.
Der Aphorismus lehrt uns, wie man geistreicher prügelt.
Die Emanzipation hat eine Unterwelt: die Männer.
Schicksal: so nennt man das andere Ende des Willens.