Billy Zitate
seite 11
Aphorismen sind die Leibwächter der Freiheit.
Rauschen lernt man, wo keiner zur Schule geht: an einem Gewässer oder im Regen oder im Wind. Wer die Geräusche der Natur erträgt und versteht, braucht keinen Philosophen, der ihm die Umstände seiner Stimmung erläutert.
Ich fürchte, die Bibel hat das Wort Finish falsch interpretiert.
Reich ist, wer sich opfern kann ohne zu leiden.
Der Poet ist der Wahrsager der Lüge.
Die Gesundheit schreibt Bücher, und die Krankheit signiert sie.
Der Platz an der Sonne gehört in Zukunft der Wüste.
In unserem Gedächtnis treibt sich viel Glamour herum, zuviel Sonntägliches Ehrwürdiges Sakrifiziertes und Heroisiertes, erdfreie, bodenfremde Begriffe, die Gespenstern dienstbar sein mögen – doch in den Hausrat eines biederbeinigen Menschen gehören sie nicht.
Mein Seelenglück verdanke ich der Außenpolitik meiner Nerven.
Nachrichten – so nennt man den Wettlauf der Traurigkeiten.
Geduld ist ein schwieriges Terrain: es geht immerzu aufwärts.
Erfahrungen sind ein Kapital, an das kein Gauner herankommt. Jeder von uns hat ein paar Fertigkeiten, die sich in aller Ruhe verzinsen, ohne daß es pekuniär irgendwem auffällt.
Erklären kann man den Wahnsinn nicht; aber verstehen.
Bei uns darf jeder Krieg führen, der einen Führerschein hat.
Der Augenblick hat zwei Brüder: Vorherr und Nachherr.
Zukunft: das ist das Entweder-Oder in der Retrospektive.
Das Gemeine an der Wahrheit ist, daß sie die Allgemeinheit dauernd belästigt.
Töne sind der Untergang der Gedanken. Ich möchte wetten, die Wörter in unserem Munde träumen nur von einem: vom Ruhestand unserer Zunge.
Die Empfehlung des Tages: theoretisch denken – praktisch träumen.
Die Regierung bemüht sich nach Kräften, dass bis zu ihrer Ankunft in der Wirklichkeit nichts mehr geschieht.
Ich fürchte, Gott fehlt das Verständnis für unsere Fachausdrücke.
Der Deutscheste aller Deutschen ist der Duden.
Kein Krieg hat so viele Sünder produziert wie die christliche Kirche.
Wenn nur richtig ist, was sich beweisen läßt, ist alles falsch, was wir denken.
Betrachten wir den Aggregatzustand der von uns geschaffenen Welt: Das sind keine Flammen mehr, das ist nur noch die Glut. Das vorletzte Stadium. Wer was glühen sieht, denkt unwillkürlich an Asche.
Die schönsten Momente im Leben verdanken wir der Kurzsichtigkeit der Moral.
Ich konsumiere mich selber: ich denke.
Das Fragen, sagt sich der Aussagesatz, überlasse ich Gott und das Antworten dem Teufel.
Führe mich nicht in Versuchung, so zu sein, wie Gott mich geschaffen hat.
Karriere: das ist die Zeit, da man den Hunger der Seele falsch interpretiert.
Theorie sagt man, wenn es vorteilhaft ist, nicht alles zu wissen.
Jetzt: das sind wir alle. Wer dem Jetzt vertraut, hat das Leichteste soeben getan und das Schwerste noch vor sich. Wer jetzt sagt, spielt Karten mit der Gegenwart: Er setzt auf sich selber und sein Partner heißt Schicksal.
Es gibt Gedanken, die man nur stehend begreift.
Weh dem, der Lautlosigkeit mit Stille verwechselt: Lautlosigkeit ist ein Versprechen, Stille ein Abgrund.
Es ist mir geglückt, meinen Verstand so zu verlieren, daß ihn eine Dame gefunden hat.
Der Erfolg benutzt die gleichen Rezepte wie unsere Großeltern.
Der Humor hat eine leichte Hand, aber ein umso schwereres Herz.
Das Denken der meisten ist zu früh am Ziel und zu spät am Anfang.
Next world, same time – so grüßen die Toten.
Zur Kirche geht man nicht, um gescholten zu werden – sondern um die Schelte loszuwerden.
Manche Aphorismen sind uneingeschränkt freßsüchtig oder bissig, im Extremfall sogar kannibalistisch, was ein bißchen verwundert beim unappetitlichen Zustand unserer Gesellschaft. Doch die Mehrzahl der Aphorismen ist schlicht schmucklos und extrem genügsam.
Wer nicht zufällig Apotheker ist oder Aphoristiker oder Schlagersänger oder sonstwie ein Herold des Lebens, hat keine Chance, die Essenzen des Neins zu begreifen, denn was lebt und wächst, bewegt sich niemals korrekt.
Der Höhepunkt der Philosophie ist der Schritt in die Tiefe.
Spötter sind einsam – aber nur bis am Ende des Spiels.
Jedes Volk ist auserwählt… von seiner Vergangenheit.
Der Fluchtweg aus der Gegenwart: die Geduld.
Gott und Mensch sind sich ähnlich – aber nur im Design.
Gestern kommt nie wieder – es sei denn als Strafe.
Arbeit ist unsterblich. Sterblich sind nur die Löhne.
Sprich mit einem antiken Autor über Fitness, und dein Latein ist sofort am Ende.